Die Flucht der Königin: Die Chroniken des Magnus Bane (02) (German Edition)
Begleiter? Wir finden seinen Namen sicher bald heraus. Haben Sie verstanden?«
Henri erhob sich und versuchte, bedrohlich auszusehen, doch er war nur ein Irdischer, ein Domestik von gerade einmal siebzehn Jahren.
»Ich glaube, kleiner Domestik«, erwiderte Magnus und ging auf ihn zu, »du vergisst, mit wem du es zu tun hast.«
Magnus ließ einige blaue Funken zwischen seinen Fingern aufleuchten. Henri wich einen Schritt zurück.
»Geh nach Hause und sag deinem Gebieter, dass ich seine Nachricht erhalten habe. Ich habe ihn beleidigt, auch wenn es nicht meine Absicht war. Ich werde Paris auf der Stelle verlassen. Die Angelegenheit kann als geregelt betrachtet werden. Ich nehme meine Strafe an.«
Er trat aus der Tür und streckte den Arm aus, um Henri zu bedeuten, dass er verschwinden solle.
Wie erwartet, lag sein Haus in Trümmern – die Möbel waren umgeworfen worden, an den Wänden prangten Brandspuren, einige seiner Kunstwerke fehlten und seine Bücher waren zerfetzt. In seinem Schlafzimmer hatte jemand Wein über sein Bett und seine Kleider geschüttet … Zumindest nahm er an, dass es Wein war.
Magnus hielt sich nicht lange damit auf, das Chaos nach unversehrten Besitztümern zu durchsuchen. Mit einer kleinen Handbewegung ließ er den Marmorkamin beiseitegleiten. Aus dem Loch in der Wand dahinter nahm er einen Beutel voller
Louis d’or
, ein dickes Bündel
Assignats
und eine Sammlung wunderschöner Ringe mit Steinen aus Zitrin, Jade, Rubin und einem prächtigen blauen Topas.
Dies war seine Versicherung für den Fall, dass die Revolutionäre über seine Wohnung herfielen. Vampire, Revolutionäre … das machte nun keinen Unterschied mehr. Er steckte sich die Ringe an die Finger, die
Assignats
in die Rocktasche und die
Louis d’or
in einen hübschen Lederbeutel, den er für genau diesen Zweck ebenfalls in der Wand versteckt hatte.
Er griff noch einmal in die Öffnung und brachte ein letztes Objekt zum Vorschein – das Graue Buch, in einem grünen Samteinband. Er schob es vorsichtig in den Lederbeutel.
Hinter ihm war ein winziges Geräusch zu hören, dann kam Ragnor unter dem Bett hervorgekrochen.
»Mein kleiner Freund«, sagte Magnus und hob das verängstigte Äffchen hoch. »Wenigstens du hast überlebt. Komm. Wir verschwinden von hier.«
Als Magnus die Nachricht erhielt, befand er sich hoch oben in den Alpen, wo er an einem Bach ausruhte und einige Edelweiß-Blüten zwischen den Fingern zerdrückte. Er hatte wochenlang versucht, alles Französische zu meiden – Franzosen, französische Küche, französische Nachrichten. Er hatte sich ganz auf Schweinefleisch und Kalbschnitzel, auf Thermalbäder und seine Lektüre konzentriert. Den Großteilder Zeit hatte er alleine – mit dem kleinen Ragnor – und in Abgeschiedenheit verbracht. Aber just an diesem Morgen war ein geflohener Adliger aus Dijon in der Herberge, in der Magnus wohnte, abgestiegen. Er sah aus wie ein Mann, der gerne und viel redete, und Magnus war nicht in der Stimmung für eine solche Gesellschaft, daher war er zu dem Bach gegangen und hatte sich dort niedergelassen. Er war nicht sonderlich überrascht, als ihm der Mann dorthin folgte.
»Sie! Monsieur!«, rief er Magnus zu, als er den Hügel hinaufgeschnauft kam.
Magnus schnippte etwas Edelweiß von seinem Fingernagel.
»Ja?«
»Der Herbergswirt sagt, Sie seien vor Kurzem aus Paris gekommen, Monsieur! Sind Sie ein Landsmann?«
In der Herberge trug Magnus einen leichten Zauberglanz, um problemlos als ein beliebiger französischer Edelmann auf der Flucht durchgehen zu können, einer von Hunderten, die über die Grenze strömten.
»Ich komme aus Paris«, antwortete Magnus ausweichend.
»Und Sie besitzen einen Affen?«
Ragnor huschte auf der Wiese herum. Er hatte sich schnell in den Alpen eingelebt.
»Ach, Monsieur, ich bin so froh, dass ich Sie gefunden habe! Wochenlang habe ich mit niemandem aus meinem Land gesprochen.« Er rang die Hände. »Ich weiß kaum noch, was ich denken oder tun soll. Welch schreckliche Zeiten! Zweifellos haben Sie vom König und der Königin gehört?«
»Was meinen Sie?«, fragte Magnus mit unbeteiligtem Gesichtsausdruck.
»Ihre Majestäten, Gott schütze sie! Sie haben versucht, aus Paris zu entkommen! Bis Varennes sind sie gekommen, dann soll ein Postbeamter den König erkannt haben. Sie wurden gefangen genommen und nach Paris zurückgebracht. Oh, so schreckliche Zeiten!«
Wortlos stand Magnus auf, nahm Ragnor auf den Arm und ging zur Herberge
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