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Die Flüchtende

Die Flüchtende

Titel: Die Flüchtende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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bestätigen. Die Polizei möchte ferner darauf hinweisen, dass das veröffentlichte Foto von Sibylla Forsenström sechzehn Jahre alt ist. Der Kellner, der die 32-Jährige und das Opfer am Donnerstagabend bedient hat, beschreibt die Frau als gut und korrekt gekleidet, sie habe ein gepflegtes Äußeres. Mit seiner Hilfe wird nun ein aktuelles Bild der Verdächtigen erstellt. Alle die Frau betreffenden Beobachtungen oder Informationen nimmt die Polizei unter der Telefonnummer 08 / 401 00 40 oder die nächste Polizeidienststelle entgegen.
    Sie spürte den Geschmack im Mund. Er kam von irgendwo unten aus dem Magen; da war etwas, was bereits eingesehen hatte, was ihr Gehirn sich zu akzeptieren weigerte.
    Sie waren dabei, die Kontrolle über sie zu übernehmen. Schon wieder.
    Die Beklemmung stieg in ihr hoch, eine gefürchtete Bekannte
    aus vergangenen Tagen. Sie hatte sich in einem Versteck verborgen gehalten und auf den rechten Moment gewartet, und jetzt war es so weit, dass es sich erneut nützlich machte. Es kam alles wieder. Alles, was sie so zielstrebig hatte vergessen können. Alles, was sie erfolgreich hinter sich gelassen hatte.
    Jetzt konnte sie in der Zeitung darüber lesen.
    Sie und alle anderen, die dazu Lust hatten.
    Haben wir es nicht gesagt? Sibylla. Sibylla. Gesicht wie ein Gorilla. Wir wussten doch, dass aus der nie was werden würde.
    Sie ballte die Faust in der Tasche.
    War es denn ihre Schuld, dass sie nicht zu ihnen passte? Noch nie zu ihnen gepasst hatte. Sie war doch zurechtgekommen. Was wollten sie denn noch? Sie hatte überlebt. War eine, die trotz allem zurechtgekommen war.
    Nun hatten sie ihr großes Werk zerbröselt. Ihre Stärke zu Verrücktheit degradiert. Ihr anspruchsloses Dasein zum Elend einer Einzelgängerin.
    Das wollte sie ihnen nicht erlauben.
    Unter keinen Umständen wollte sie ihnen das erlauben.
    Jetzt nicht.
    Ich war das nicht.»
    Sie stand in einer Telefonzelle auf dem Stockholmer Hauptbahnhof. Im Hörer wurde es still, darum wiederholte sie, was sie gesagt hatte.
    «Ich war das nicht, ich habe ihn nicht umgebracht.» «Wen denn?» «Jörgen Grundberg.» Kurze Pause.
    «Verzeihung, aber mit wem spreche ich denn?»
    Sie sah sich um. Es war Samstag und die große Halle war vol- ler Menschen. Auf dem Weg nach Hause oder fort, um Abschied zu nehmen oder sich zu begrüßen.
    «Ich bin es, Sibylla, nach der Sie suchen. Ich war es nicht, ich habe ihn nicht umgebracht.»
    Ein Mann mit einer Aktentasche blieb ein paar Meter von ihr entfernt stehen. Er sah auf seine Armbanduhr und dann auf sie, um deutlich zu machen, dass er es eilig habe und gerne wolle, dass sie ihr Gespräch beende. Es gab jede Menge Telefone um sie herum, aber wie sie selbst eben festgestellt hatte, war dies hier das einzige, für das man keine Telefonkarte brauchte.
    Sie kehrte ihm den Rücken zu.
    «Wo sind Sie denn?»
    «Das spielt keine Rolle. Ich möchte nur, dass Sie wissen, dass nicht ich es war, die ...»
    Sie verstummte und drehte den Kopf. Der Mann stand immer noch da und sah sie gereizt an. Sie wandte sich wieder um und senkte die Stimme.
    » ... das getan hat. Ansonsten habe ich nichts zu sagen.»
    «Warten Sie.»
    Sie wollte auflegen, zögerte aber noch. Sie konnte hören, wie die Frau am anderen Ende ihre Worte abwog.
    «Woher weiß ich denn, dass ich tatsächlich mit Sibylla spreche? »
    «Wie?»
    «Können Sie mir Ihre Personennummer angeben?»
    Sibylla lachte fast auf. Was, zum Henker, wollte die eigentlich?
    « Meine Personennummer?»
    «Ja. Hier haben heute schon andere angerufen und sich Sibylla genannt. Woher sollen wir wissen, dass ausgerechnet Sie die Wahrheit sagen?»
    Ihr blieb vor Verwunderung der Mund offen stehen.
    «Weil ich es bin, die Sibylla Forsenström heißt. Meine Per-
    sonennummer habe ich schon eine ganze Weile nicht mehr gebraucht, ich habe sie vergessen und ich rufe an, um Sie zu bitten, doch zur Hölle zu fahren und mich in Ruhe zu lassen!»
    Den Mann hinter sich hatte sie vergessen. Sie drehte sich um und sah ihn wieder. Er tat jetzt so, als bemerke er sie nicht mehr.
    «Wo sind Sie denn?»
    Sibylla schnaubte und betrachtete den Hörer.
    «Das kann Ihnen schnurzegal sein.»
    Sie drückte auf die Gabel und beendete damit das Gespräch. Der Mann warf ihr einen ängstlichen Blick zu. Sie reichte ihm den Hörer.
    «Sie sind dran.»
    Er winkte abwehrend mit der Hand.
    «Nein, danke.»
    «Nein, danke? Eben war's doch noch so dringend.»
    Aus seiner Manteltasche ragte Expressen. Sie

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