Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
biß genüßlich hinein.
    Auf dieser Seite schien der Dschungel dichter zu sein – wenn das überhaupt noch möglich war – als auf der anderen Seite der Großen Schlucht. Glitzernd strömte der Fluß zwischen den baumbestandenen Ufern dahin. Der offene Himmel darüber wirkte wie eine Wand aus Gold. Aus dem Schatten der Bäume heraus sah Dane jenseits des goldenen Bandes bunte Vögel und edelsteinartige Insekten über den Blättern auf der anderen Seite glitzern. Dort oben existierte eine vollständige andere Welt, eine Welt mit Wind, Sonnenlicht und bunten Farben.
    Hier unten, jenseits des hellen Flußstreifens, lag eine dunkle Schattenwelt. Eine Welt mit fleckigen, schimmligen Blättern und zerbröselnden, fauligem, pilzbefallenem Holz, mit den schlanken Stämmen einer fremdartigen Pflanze, die auf dem toten Holz wie eine unglaubliche Kombination aus Spargeln und Misteln herauswuchs. Zwischen den wuchernden Bäumen zogen sich Schlingpflanzen wie Spinnweben dahin. Einige Stämme waren unter den Parasitenpflanzen abgestorben, andere hatten sich unauflöslich mit den Ranken verstrickt.
    Unter den Massen lilafarbiger Blätter, die weit über das Wasser hingen, konnte Dane schwach die Spur des Kirgon-Sklavenhundes im weichen Boden erkennen. Er war den Weg des geringsten Widerstandes entlang dem Flußufer gefolgt, war durch das Gestrüpp der Schlingpflanzen gebrochen und hatte eine deutliche Spur für Dane und seine Kameraden hinterlassen.
    Nachdem sie gegessen und sich ausgeruht hatten, verfolgten sie diese Spur weiter. Dane wandte der Großen Schlucht fast zögernd den Rücken zu. Niemals würde er so etwas wieder zu Gesicht bekommen.
    Zu ihrer Linken gurgelte der Fluß, zur Rechten knackten Zweige und raschelten Blätter, wo die Bewohner der Schattenwelt ihrem Tagewerk nachgingen. In den dichten Laubdächern schnatterten die Affen, und kleine, kaninchenartige Wesen huschten durch das Unterholz. Ein Schwarm winziger Vögel schoß schilpend über die Lichtung vor ihnen, wie vom Wind getriebene Blätter oder Schnee. Schnee … hatte es schon jemals auf dieser Welt geschneit? Dane wischte sich den Schweiß vom Gesicht und fand diese Annahme unmöglich.
    Riesige Blüten nickten auf den Ranken, die die Bäume umschlangen, und erfüllten die Luft mit einem Duft, der auch den Hauch verfaulter Blätter mit sich trug.
    Als die Nacht hereinbrach, hatten sie keine andere Wahl, als ein Feuer anzuzünden. Das Laubdach schirmte sie vom Sternenlicht ab, doch um sie her funkelten verschiedene Konstellationen von Augen, während von allen Seiten die Stimme des Dschungels stöhnte und rief.
     
    Am nächsten Tag war es um Jodas Knöchel besser bestellt, doch Dane hatte immer noch kein Gefühl in den Fingern seiner linken Hand und machte sich Sorgen, es sei vielleicht eine Sehne verletzt worden. Die Spur des Kirgon-Biestes wurde alt. Welch ein riesiges Gebiet hatte das Tier mit unglaublicher Geschwindigkeit überquert! Jetzt war es ihnen schon weit voraus. Das war Dane sehr recht. Er hoffte, es nie wieder sehen zu müssen.
    Wenn auch weder Aratak noch er davon redeten, so hatten sie doch mit dem Verlassen der Großen Schlucht alle Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Dravash aufgegeben. Wahrscheinlich war der Kapitän tot. Wenn man es vernünftig überlegte, war es nur allzu unwahrscheinlich, daß der Sh’fejj allein den Rashas, Granth, anderen unbekannten Gefahren dieser Welt und Rhomda und seinen Männern auf seiner Spur entgangen sein könnte.
    Schließlich bog der Pfad vom Fluß ab, folgte einem Tunnel durch die Bäume, die mit Schimmel bedeckt waren. Das Zwielicht des Dschungels wurde immer dämmriger, als sie die sonnenbeschienenen Wasser hinter sich ließen. Von einem niedrigen Zweig fauchte eine Rasha herab. Sie flüchtete jedoch, als Aratak auf ihrem Schädel einen Stock zerbrach. Die Luft war stickig, heißer als je zuvor und schwer von den Gerüchen des Blattschimmels und der süßlichen Blumen.
    Vor ihnen auf dem Pfad raschelten Blätter, und hinter einem verfaulten Stamm, der quer über dem Weg lag, erschien ein kleiner Kopf wie von einem Wiesel. Er schoß hoch und beäugte sie mit winzigen, harten Augen. Ein dünner, pelziger Hals reckte sich höher und höher, und Dane erstarrte wie in einem hysterischen Anfall. Das Wesen sah aus wie eine riesige Boa mit Fell. Sicher war es eine Marionette, und jemand hielt sie an Fäden.
    Nein, dachte er, und unterdrückte den Wunsch, hysterisch loszulachen. Es ist eine Pelzboa … eine

Weitere Kostenlose Bücher