Die Flüchtlinge des roten Mondes
berührte Rianna am Arm und deutete darauf.
„Kannst du da hochklettern?“
Sie blinzelte ihn verwirrt an. „Ich glaube schon. Warum?“
„Die Rasha wird Aratak nicht angreifen. Er ist so groß und außerdem ungenießbar. Wenn wir darüber hinwegklettern können, wird sie uns nicht erwischen können. Aber wenn Rhomda und seine Männer hier heraufkommen, wird sie immer noch dort sein. Es kann uns einen Zeitvorteil bringen. Und Zeit haben wir nötig.“
Sie blickte ihn zweifelnd an. „Ich kann es schaffen“, sagte sie, „aber was ist mit dir und deinem Handgelenk? Und hast du Jodas Knöchel gesehen? Ich glaube, der Knochen ist gesplittert.“
„Ich brauche nur eine Hand dazu“, gab Dane zurück. „Und wenn Joda es nicht schafft, kann Aratak ihn tragen.“ Beim Reden ging er weiter, bis er fast zu Aratak in Reichweite der Rasha – fast, aber eben nicht ganz – aufgeschlossen hatte und begann dann langsam, den Hang hinabzugehen, wobei er sorgfältig seine alten Spuren benutzte.
„Was machst du da?“
„Eine falsche Spur. Macht ihr es genauso. Geht in euren eigenen Fußabdrücken zurück, dann sieht es aus, als seien wir weiter bis unter die Bäume gegangen.“
„Ich hoffe, du weißt, was du tust“, sagte Rianna, doch sie tat, was er verlangte.
„Aratak, nimm Joda und trage ihn. Wir treffen uns auf der anderen Seite.“ Er gab Aratak sein Schwert – es würde ihn beim Klettern nur stören. Rianna gab ihm einen Speer. Der riesige Protosaurier nahm den Jungen wie ein kleines Kind auf den Arm und ging direkt auf den Baum zu. Sie sahen, wie sich die Katze verspannte, doch sie griff nicht an, und Dane atmete auf.
Auf der anderen Seite des Felsens angelangt, sprang er von dem Pfad herab, landete unsicher und fiel auf die schmerzende Hand. Rianna kam einen Augenblick später nach, und sie drehten sich um und betrachteten kritisch die Spur hinter sich. Wenn man nicht allzu genau hinsah … man würde jedenfalls nicht erkennen, wo Dane und Rianna den Pfad verlassen hatten. Vorsichtig stieg er auf den Felsen. Die Oberfläche war rauh und hatte Vorsprünge und Mulden. Normalerweise wäre er leicht wie ein Affe hinaufgeklettert, doch mit einer Hand bedurfte es all seiner bergsteigerischen Erfahrung, den Felsen zu erklimmen, bis er ein Bein über den Grat werfen konnte und sich selber hinüberrollte. Rianna folgte ihm nach.
Dann kam ein langer Alptraum, als sie sich zentimeterweise über den glatten, schmalen Grat quälten. Unter ihnen knurrte die Rasha, die spürte, daß man sie getäuscht hatte, und erhob sich auf ihrem Ast, wandte ihnen das Gesicht zu und peitschte unruhig mit dem Schwanz, während sie sich aus ihrer Reichweite kämpften.
Der Grat war sehr schmal, einige Male nicht breiter als ein kleiner Felsbuckel. Rianna kam langsam voran. Ihr Gesicht war entschlossen und grimmig, als sie sich an den Felsen klammerte, und Dane wußte, daß sie ohne die Dunkelfärbung der Haut weiß vor Anstrengung gewesen wäre. Dane mußte auch die verletzte Hand einsetzen, um sich halten zu können. Seine Finger funktionierten nicht richtig, und er konnte sich lediglich an die Wand schmiegen und sich Zentimeter für Zentimeter mit den Zehen weiterschieben. Als er gerade vermeinte, das Gleichgewicht zu verlieren und vor die Klauen der wartenden Rasha zu fallen, waren sie schon an dem Baum vorbei, und der Pfad wurde wieder breiter. Vor ihnen lief der Grat bis zur obersten Stelle eines weiteren Wasserfalls, wo Joda schon wartete. Aratak kletterte unbeholfen hinterher.
Sie stiegen weiter.
Als sie endlich, endlich den Gipfel erreicht hatten, war nichts mehr von den Verfolgern auszumachen. Besonders Aratak brauchte dringend Ruhe. Danes Handgelenk schmerzte höllisch – was immer Rianna ihm auch an schmerzlindernden Mitteln verabreicht hatte, es hatte schon seit längerer Zeit keine Wirkung mehr – und Joda konnte kaum noch gehen.
Sie warfen sich zu Boden, hatten nicht einmal mehr die Kraft, sich etwas Eßbares aus den Bündeln zu suchen.
Joda, der Jüngste und Widerstandfähigste, erholte sich als erster. Er holte aus Riannas Bündel getrocknetes Harlikfleisch, und Dane war erstaunt, als Joda nicht nur für Rianna, sondern auch für ihn einige Streifen abschnitt, ehe er sich hinsetzte und seinen Hunger befriedigte. Aratak wühlte in seinem Beutel nach dem zweiten Fisch, den er gefangen hatte – war das erst heute morgen gewesen? Es schien Ewigkeiten her zu sein. Der Fisch roch deutlich verfault, doch Aratak
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