Die Flüchtlinge des roten Mondes
was man auf einer barbarischen Welt erwartet hätte!
„Kirgon!“ flüsterte Rianna halblaut. „Dane, das muß Dravash sehen, und zwar sofort!“ Sie rief in das Zelt hinein, und der Kapitän und Aratak kamen heraus. Sie wandte sich wieder dem Wagenmeister zu.
„Wo habt Ihr das her?“ fragte sie ihn. Ihre Stimme klang scharf und wütend, und er verteidigte sich.
„Von einem der toten Banditen. Woher sonst? Macht man solche Klingen in Raife? Wenn das stimmt, dann habe ich dafür keine Bewunderung.“
Rianna schüttelte verneinend den Kopf. „Nicht in Raife. Weiter weg, noch viel weiter. Aber ich habe einmal eine solche Klinge gesehen, ein einziges Mal.“
Feuer blitzte auf Dravashs nadelspitzen Fangzähnen, als er aufblickte.
„Kirgon, da gibt es keinen Zweifel.“
Rianna fragte: „Aber wie kommt sie hierher? Wie gelangte sie in die Hände eines gemeinen Banditen?“
Der Wagenmeister fragte: „Kennt Ihr das Land, wo die Waffe herkommt?“
Dravash dachte lange Zeit über die Antwort nach, bevor er redete.
„Das kann Euch niemand sagen, edler Herr. Aber ich habe von Räubern gehört, die von weit her kommen und die solche Waffen tragen. Ich kann Euch den Namen des Landes nicht nennen, noch es Euch auf irgendeiner Karte zeigen. Ich kann Euch nur sagen, daß sie über alle Vorstellung hinaus böse sind.“
„Wenn man sich das Ding ansieht, fällt es einem leicht zu glauben“, sagte der Wagenmeister. „Und wenn ich es mir ansehe, frage ich mich, wie die Gesegneten es zulassen können, daß solche Wesen existieren.“
„Die Wege der Gesegneten sind unermeßlich“, sagte Aratak, und der Wagenmeister nickte.
„Das ist gewiß. Wenn auch alles in Zweifel zu ziehen ist – ihre Wege sind für uns unerforschlich und nicht zu hinterfragen.“ Er schüttelte den Kopf, als ihm Dravash die fremde Klinge zurückgeben wollte. „Die Heiligen mögen verhüten, daß ich meine Ehre beflecke, indem ich ein solches Ding bei mir führe. Behaltet es, Edler Herr, und bringt es denen zur Kenntnis, deren Aufgabe es ist, über das Unheil auf dieser Welt Bescheid zu wissen. Edler Herr, Felishtara …“ Er verbeugte sich vor Rianna und Dane. „Ich wünsche Euch eine sichere und angenehme Nacht.“ Er hielt inne und blickte zum Himmel, der noch ein wenig hell war, sich aber schnell zuzog. „Ich werde froh sein, wenn ich die heutige Nacht in meinem Zelt verbringen kann. Es heißt, daß in diesen Landen die Macht der Sternendämonen zugenommen hat.“
„Wie meint Ihr das?“ fragte Dravash scharf, und der alte Mann zwinkerte mit den Augen.
„Es ist vielleicht Unsinn, Geschwätz von Narren, die über jeden Schatten stolpern, doch ich habe merkwürdige Geschichten über Ungeheuer gehört, die hier ihr Unwesen treiben sollen und die niemand mit einem ehrlichen Speer erwischen kann. Wahrscheinlich hat irgendein betrunkener Dummkopf im Mondlicht einen Baumstamm gesehen und geglaubt, er sei hinter ihm her, und er hatte Angst, es zuzugeben. Oder er lief vor einer Rasha davon, die er sich nicht zu töten getraute, und erfand ein Ungeheuer, um seine Feigheit zu vertuschen. Aber man weiß nie, was geschieht, wenn die Sternendämonen umherziehen.“
Sie beobachteten, wie sich der Wagenmeister in die Dunkelheit davonmachte. Die Feder auf seinem Kopf nickte mit entmutigender Zustimmung.
„Nun“, sagte Dane schließlich, „eine Frage können wir Joda immerhin stellen.“
Man hatte die Pritsche des Jungen neben denen von Dane und Rianna aufgestellt. Dane dachte, wie unangenehm das werden würde. Aber Kulturen dieser Art konnten sich so etwas wie Intimität vielleicht nicht leisten. Es war wahrscheinlich, daß Joda dem, was sie taten, nicht die leiseste Aufmerksamkeit schenkte – nur Dane mußte sich daran gewöhnen. Und es Rianna einreden …
Die Schulterwunde verheilte gut. So barbarisch wie dieser Planet war, hing doch der medizinische Standard keineswegs zurück. Vielleicht konnten sie denen vom Bund sogar einiges beibringen. Dane war kein Experte, aber er erinnerte sich, daß man dies als das wichtigste Zeichen für ein verlorengegangenes Raumschiff angesehen hatte, wenn auch Anadrigo darauf hinwies, daß medizinischer Fortschritt nicht von einem fortgeschrittenen Stadium in anderen Bereichen abhängig war. Auf dieser Welt hatte man schon früh Linsen geschliffen, was natürlicherweise zu der Entdeckung von Bakterien und dies wiederum zu Asepsis und Bakteriziden geführt hatte.
Joda schlief, und man würde ihm für
Weitere Kostenlose Bücher