Die Flüchtlinge des roten Mondes
schließlich durchaus Zugang zu wichtigen Informationen haben; es mußte eben nur gelingen, ihm die richtigen Fragen zu stellen. Aber sicher würde er nur eine Last sein, wenn sie kämpfen mußten. Und er war kein besonders liebenswürdiger Typ.
Der alte Wagenmeister hielt sich eine Zeitlang von ihnen fern. Gewiß, er hatte zu tun – die Leichen mußten bestattet werden, und wenn sie weiterzogen, erforderte zweifelsohne vieles seine Aufmerksamkeit.
Erst am Abend, als die Karawane ein Lager aufgeschlagen hatte, sprach er wieder mit ihnen.
Belsar ging hinter einer Dschungelwand unter. Sie waren gerade fertig, den Dienern der Ehrwürdigen Mutter OOa-nisha beim Aufschlagen des Pavillons zu helfen, der die Größe eines kleinen Zirkuszelts besaß. Man hatte die vier Reisenden und Joda eingeladen, sich ihnen anzuschließen. Dane fragte sich, was Dravash ihr wohl erzählt haben mochte. Die Diener hatten ihm berichtet, daß sie und der fremde Sh’fejj während der ganzen Schlacht in der Karosse gesessen und miteinander geredet hatten.
Dane dachte über seinen eigenen Versuch nach, eine Unterhaltung mit den Affenmenschen zu beginnen. Die Wesen wirkten ein wenig intelligenter als Schimpansen, fand Dane, aber nicht viel.
Aber vielleicht tat er dem Affenstamm auch Unrecht.
Dane hätte lieber unter freiem Himmel geschlafen – aber das wäre wahrscheinlich als merkwürdiges Betragen aufgefallen. Die Eingeborenen dieses Planeten waren einer Information von den Lerneinheiten zufolge des festen Glaubens, der Nachthimmel sei mit Millionen von Dämonen bevölkert, die alle hungrig und bösartig seien.
Dane dachte, wahrscheinlich sei es auf einem so dicht bewaldeten Planeten, wo der Nachthimmel durch die Bäume kaum sichtbar war, unvermeidlich, daß die Eingeborenen die Sterne ebenso empfanden wie die Augen, die sich durch die Nacht bohrten und ihre Feuer beobachteten.
Außerdem hielt ein Zelt die Rashas ab.
Das Abendessen stand auf den Feuern, getrennt für Menschen und Saurier. Dane stand am Zelteingang neben Rianna und schnupperte gierig den Duft eines gebratenen Ganjir-Schenkels ein, der sich über einem Feuer drehte, und versuchte angestrengt, nicht das unglaubliche Zeug zu riechen, das man für die Ehrwürdige Mutter und die beiden Reisenden, die ihre Gäste waren, zubereitete. Dane war der Überzeugung, man hatte sämtlichen Abfall der Karawane ein paar Wochen lang liegenlassen und kochte ihn nun zu einem köstlichen insektoiden Leckerbissen zusammen – so roch es nämlich. Als der Geruch Aratak in die Nase stieg, leuchteten seine Augen erwartungsvoll auf. So wünschte er Dravash und Aratak einen guten Appetit – roher Käfer hätte kaum schlimmer sein können – und beeilte sich, um so rasch wie möglich der Dunstwolke zu entfliehen.
Er hörte ein Husten und sah, wie der Wagenmeister auf ihn zukam. Dane war überrascht. Er hatte eher damit gerechnet, daß der Alte sie fortan meiden würde.
„Entschuldigung“, murmelte der alte Mann. Sein Blick fiel von Rianna ab. „Aber … ihr seid weit gereist. Habt Ihr vielleicht zufällig schon einmal eine solche Klinge gesehen? Das ist für mich eine völlig neue Waffe. Ich dachte vielleicht … bei Euren Reisen …“
Er streckte ihnen ein langes Messer entgegen. Eine solche Waffe hatte Dane noch nie zu Gesicht bekommen. Als er sie entgegennahm und versuchte, sich die Wunde vorzustellen, die sie reißen würde, überfielen ihn Ablehnung und Abscheu gegen jeden, der eine solche Waffe auch nur bei der Jagd benutzen würde, geschweige denn in einem Kampf gegen ein lebendes Wesen.
Es war eher eine Schaufel als ein Messer, im Querschnitt wie ein V geformt, ein offenes gleichschenkliges Dreieck mit drei scharfen Seiten. An den Spitzen trugen die Schneiden winzige Sägezähne. Und noch schlimmer war, daß die Oberfläche geraffelt wie bei einer Reibe war.
Das war keine saubere Waffe, um zu töten. Das war ein Folterinstrument, geschaffen, um lebendiges Fleisch in Fetzen zu zerreißen. Oh, töten würde es schon – aber die Zähne, die Riffelung, die Spitzen, die waren bei einer Waffe nicht nötig. Sie waren ausschließlich dazu da, Schmerzen zu bereiten.
„Laß mich mal sehen“, sagte Rianna scharf, und Dane gab ihr die Waffe. Ihr Gesicht verzog sich in Ablehnung. Sein Blick fiel auf den Griff. Er war weder aus Holz noch aus Knochen und gewiß nicht aus irgendeinem Dane bekannten Metall. Vielleicht war er aus Plastik oder einer Art Porzellan … nichts jedenfalls,
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