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Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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einige Zeit keine Fragen stellen können. Dane kroch auf seine Pritsche und merkte, daß es im Moment keine Rolle spielen würde, ob sie nun ungestört sein würden oder nicht. Heute nacht würde er sich nicht wie ein Protosimianer verhalten. Er war verdammt noch mal zu müde. Er spürte schon, wie ihm der Schlaf über die Stirn kroch, als sein Kopf die zusammengerollte Decke berührte, die er sich als Kissen zurechtgemacht hatte. Er würde schlafen, schlafen, schlafen, und er fragte sich, ob er jemals wieder aufwachen würde.
    Aber er erwachte wieder und hörte draußen vor dem Zelt nackte Füße über Gras gehen. In der Dunkelheit griff er nach dem Schwert und lauschte.
    Jemand bewegte sich im Schatten des Zeltes. Rianna lag zusammengerollt dicht neben Dane und atmete ruhig und tief. Dann erschien am Zelteingang eine Silhouette, die vor dem Feuerschein sichtbar wurde. Als die Plane zur Seite fuhr, erblickte man flüchtig Joda, der in die Nacht hinein verschwand.
    Vorsichtig löste sich Dane von Rianna. Sie murmelte verschlafen etwas, wachte aber nicht auf. Mit dem Schwert in der Hand folgte er dem Schatten.
    Draußen glitzerten die Sterne herab, eine Armee von Lichtern am samtenen Himmel. Es schien kein Mond, und es war auch keiner nötig. Belsar lag mitten in der Galaxis, und die Sterne standen so dicht und hell am Himmel, daß er vielfarbig blitzte. Ehrfürchtig blickte Dane einige Minuten lang zum Himmel. Dann erinnerte er sich wieder an Joda und sein geheimnisvolles Weggehen. Er biß die Zähne aufeinander in Erwartung eines Verrats – er konnte sich nicht vorstellen, weswegen oder wofür – und blickte sich auf dem Platz um.
    Joda war in einiger Entfernung von ihm stehengeblieben. Er stand einfach da. Eine Hand lag auf der verwundeten Schulter, als habe er Schmerzen. Er starrte zum Himmel hinauf. Stand einfach da und sah hinauf.
    Dane schüttelte den Kopf und unterdrückte ein Gähnen. Plötzlich kam er sich sehr albern vor. Was, zum Teufel, fiel ihm eigentlich ein, diesem Kind nachzuspionieren? Warum lag er nicht im Bett und erholte sich von den Strapazen des Tages und für die des vor ihm liegenden? Joda war also beeindruckt, wenn er die Sterne ansah. Warum auch nicht? Nach einer alten Redensart von seiner verlorenen Erde war das weder illegal noch unmoralisch, noch machte es dick. Dane wandte sich um, und sein nackter Fuß stieß gegen einen Stein. Joda drehte sich um und erblickte ihn.
    „Habt Ihr keine Angst, Reisender aus Raife?“ fragte er, und seine Stimme, sein Gesicht, sein ganzer Körper waren der reine Spott. „Die Sternendämonen werden Euch den Mut rauben und Eure Vernunft zerstören. Wenn ihnen danach zumute ist, können sie eines Nachts einfach niederfahren und Euch in den Himmel schleppen, um Euch zu verspeisen! Wißt Ihr denn nicht, daß Euch die Sternendämonen die Knochen vereisen, Euch das Haar ausfallen lassen, Euch Zahnschmerzen bereiten und die Milch Eures Lieblingskhostlis sauer werden lassen können? Wenn die Gesegneten nicht so tugendhaft wären, würden sie wahrscheinlich die Welt verbrennen. Geht lieber wieder in Euer sicheres Zelt, ehe sie Euch in kleine Stücke zerreißen.“
    Dane starrte ihn an. Schließlich sagte er: „Und das alles glaubst du, Joda?“
    Im Sternenschein erkannte Dane, daß kein Spott mehr in den Zügen des Jungen lag, sondern nur noch Erstaunen.
    „Nein“, antwortete Joda, „Ihr denn? Alle glauben es.“
    Dane zuckte die Achseln und lächelte ihn an. „Ich habe mich nie viel darum gekümmert, was die anderen Leute glaubten.“
    „Und Ihr habt wirklich keine Angst vor den Sternen?“ fragte Joda. Es klang fast wütend.
    Dane schüttelte den Kopf. „Nein, mir ist noch nie ein Sternendämon begegnet, und wenn ich vor etwas Angst habe, dann nur vor etwas, was ich kenne, etwas, von dem ich weiß, es könnte mir weh tun.“
    „Das ist komisch“, sagte Joda ruhig. „Ich bin ein ziemlicher Feigling, Reisender aus Raife. Mein Vater sagt, ich würde eines Tages im Bauch einer Rasha enden, und wahrscheinlich hat er recht. Ich bin dumm und unbeholfen, und deine Speerwerferin ist soviel besser, daß ich Angst vor ihr habe. Wenn ich vor einem Kampf stehe, denke ich immer, ich werde vor Angst sterben, bevor mir ein Feind auch nur nahe kommt. Ich habe sogar vor den Ganjir Angst, und das ist ziemlich albern. Ich bin in ihrer Nähe aufgewachsen. Meine kleine Schwester kann sie einfach so auf die Felder führen. Aber vor den Sternen habe ich noch nie Angst

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