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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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verschneite Land der Großen Barriere zu vergessen. Er lauschte dem sich verstärkenden Dröhnen und der plötzlichen, herzanhaltenden Stille, als die Maschine die Geschwindigkeit herabsetzte und ein lautes Geräusch ankündigte, daß sie endlich gelandet war. Vorsichtig hob er den Kopf. Die Nase des Zubringerschiffes wies genau auf seinen Standort hin, aber seine Hülle wies keine Registriernummer der Föderation auf. Mish drängte sich zwischen Jason und den Erdwall und lugte durch seine Achselhöhle.
    Die Schleuse des Schiffes öffnete sich und klappte herunter. Eine Gestalt erschien. Sie hielt abrupt an, warf einen Blick über den verwaist daliegenden Landeplatz und stieg dann vorsichtig aus. Jason, der genau ins Sonnenlicht starrte, fühlte plötzlich, wie seine Hände naß wurden. Dann stieß er einen Schrei aus und warf den Hammer in den Schmutz.
    „Es ist Hetch!“ rief er, während er den Abhang hinunterlief und auf das Schiff zueilte. „Kapitän Hetch!“
    Der kleine, massige Mann blieb am Ende der Rampe stehen und sah Jason an. Als die Flüchtlinge hinter den Felsen und Bäumen hervorkamen und er ihre primitiven Waffen sah, die sie fest umklammert hielten, wurden seine Augen groß. Als er die Sense erblickte, die Mish trug, setzte er sich langsam hin und vergrub das Gesicht in den Händen. Als Jason seine Schulter berührte, stellte er fest, daß Hetch lachte.

 
3
     
    Manuel Hetch rülpste zufrieden und tätschelte seinen runden Bauch.
    „Die beste Küche im Westsektor“, sagte er anerkennend, und Mish reichte ihm lächelnd ein Glas Wein. Aus der Küche drang das Geräusch klappernder Teller zu ihnen herein. Laur hatte Hart und Jes zu Bett gebracht. Obwohl sie sich nun in Räumen aufhielten, die über ihnen lagen, war ihr Protest unüberhörbar. Ein kleines Feuer erfüllte den Raum mit gelber Helligkeit, und Quilla, die sich auf einem Sofa räkelte, war trotz ihrer Müdigkeit fest dazu entschlossen, mit den Erwachsenen aufzubleiben. Da Jason in Haven beschäftigt war, war es nun ihre Aufgabe, seinen Anteil an der Feldarbeit zu erledigen. Ihre Kleidung war fleckig und verdreckt, und in ihrem Haar klebten Blätter. Als Jason hinter dem Sofa vorbeiging, streichelte er ihren Kopf, und sie lächelte ihm zu. Er nahm neben Mish Platz und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, der mit gemütlich wirkenden, selbstgemachten Möbeln ausgestattet war und einen sauberen Boden aus Kaedoholz aufwies. Die Vorhänge waren handgewebt, und das knisternde Feuer führte dazu, daß Jason fühlte, wie sich die allabendliche Dankbarkeit in ihm breitmachte.
    „Mein Hiersein“, sagte Manny Hetch, „ist allerdings kein gewöhnlicher Höflichkeitsbesuch.“
    Jason spreizte die Finger. „Ich kann im Moment nichts bestellen“, sagte er. „Wenn wir all das, was wir brauchen, jetzt bestellen würden, könntest du dein Schiff zweimal füllen. Aber ich kann mir im Moment keine Ausgaben leisten.“
    „Ich habe auch keine Bestellungen erwartet; jedenfalls nicht bei dieser Reise. Aber du wirst Sachen benötigen, die du hier nicht selber herstellen kannst – und zwar mehr, als du dir im Moment vorstellen kannst. Hast du schon mal darüber nachgedacht, wie du an die herankommen willst?“
    Jason sah Mish an. Sie zuckte die Achseln.
    „Nein“, erwiderte sie. „Einige der Leute haben davon gesprochen, bestimmte Dinge von Neuheim zu holen, aber nun …“ Sie schüttelte den Kopf.
    Nachdem die Flüchtlinge erfahren hatten, wer Hetch war, hatten sie ihn umlagert, weil sie ihm dafür danken wollten, daß er ihnen das Leben gerettet hatte, und sie verzweifelt auf Nachrichten von Verwandten und Freunden hofften. Hetch hatte im hellen Sonnenlicht in der Schleuse gestanden und ihnen alles erzählt. Man hatte auf Neuheim alles beschlagnahmt, was ihnen einst gehört hatte. Menschen verschwanden. Es regierte das Gesetz des Dschungels, und es herrschte Ausgangssperre. Die wenige vorhandene Nahrung war rationiert worden, die Stürme nahmen zu – und ebenso die Verfolgungen. Man hatte Hetch mit den Entkommenen nicht in Verbindung gebracht, und bei seinen Nachforschungen war er äußerst diskret vorgegangen. Die Flüchtlinge besaßen somit nur noch das, was sie mitgebracht hatten, nicht mehr. Sie hatten ihm wortlos zugehört und waren schließlich schweigend gegangen. Hetch hatte den Landeplatz mit einem Gefühl sichtlicher Bitterkeit verlassen, aber das gute Essen und der ausgezeichnete Wein brachten seine Lebensgeister allmählich

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