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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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genauso ausgesehen.
    Allerdings wäre es in seinem Wohnzimmer wahrscheinlich lange nicht so fröhlich zugegangen.
    In ungefähr sechs Metern Höhe zog sich eine balkonähnliche Galerie um den ganzen Raum, breit genug, um auch dort Stühle und Tische mit weißen Tischtüchern und Silberbesteck aufzustellen. Oben war das Gedränge nicht so dicht, vermutlich deshalb, weil die meisten Leute direkt auf die Bar zugesteuert waren, um sich so viel Gin und Tonic wie möglich in die Kehlen zu kippen, bevor die Musik wieder einsetzte. Ich lief auf die nächstgelegene Treppe zu, weil ich mir von oben einen besseren Überblick erhoffte. Als ich die Treppe halb hinaufgestiegen war, spürte ich, dass sich die Atmosphäre unten im Raumveränderte. Keine sehr starke Empfindung, eher wie ein nächtliches Hundebellen irgendwo in weiter Ferne.
    »Verpiss dich, du Hexe!«, schrie eine Frauenstimme schrill irgendwo unter mir.
    Es war dasselbe Gefühl, das ich in der Neal Street gehabt hatte, kurz bevor Dr.   Framline durchknallte und über den Fahrradkurier herfiel. Jemand ließ ein Tablett fallen, Metall klapperte über den teuren Parkettboden, ein paar Gläser zersplitterten. Irgendwo in der Nähe klatschte jemand spöttisch Beifall.
    Ich hatte inzwischen die Galerie erreicht, trat zwischen zwei nicht besetzten Tischen hindurch an das Geländer und blickte hinunter.
    »Wichser!«, schrie ein Mann irgendwo unter der Galerie. »Du verdammter Wichser!«
    Jetzt machte ich einen fit wirkenden Mann Ende vierzig aus, mit grau meliertem Haar, konservativem Anzug und unverkennbar buschigen Augenbrauen   – Deputy Assistant Commissioner Folsom. Als ob mein Leben nicht schon kompliziert genug war. Ich wich hastig vom Geländer zurück und entdeckte gleichzeitig Lesley, die auf der Galerie gegenüber am Geländer lehnte und zu mir herüberstarrte. Sie sah völlig normal aus, energisch, sogar fröhlich, wie sie so in ihrer Einsatzlederjacke dastand. Als sie sicher war, dass ich sie gesehen hatte, winkte sie mir munter zu und wies mit einem Kopfnicken zur Bar hinunter, wo sich Seawoll gerade einen Drink holte.
    Eine Stimme verkündete, dass die Vorstellung in drei Minuten weitergehen würde.
    Unten an der Bar versetzte ein Mann in einem Tweedjackett mit Lederflecken an den Ellbogen einem andereneine Ohrfeige. Jemand schrie etwas. Lesley schaute hinunter, und ich sprintete die Galerie entlang, wobei ich einige Bürgerinnen und Bürger unsanft aus dem Weg stieß. Ein rascher Blick zu Lesley hinüber   – ihre Augen folgten mir wie im Schock, als ich um die erste Ecke bog und nun die breite Seite der Galerie entlangrannte. Wer auch immer in diesem Augenblick das Denken in Lesleys Kopf übernommen hatte, sie selbst oder Henry Pyke, hatte offenbar nicht erwartet, dass ich mich dermaßen rabiat durch eine Menge gut gekleideter, ehrenwerter Bürger boxen würde. Und genau damit rechnete ich. Es ist keineswegs leicht, eine mit einem Betäubungsmittel gefüllte Spritze aus der Tasche zu fummeln, während man sich gewaltsam den Weg durch ein dichtes Gedränge heftig protestierender Opernliebhaber bahnt, aber ich kriegte es irgendwie hin, und als ich um die letzte Ecke bog und direkt auf Lesley zuraste, hielt ich die Spritze stichbereit in der Hand.
    Sie schaute mir belustigt entgegen, den Kopf leicht zur Seite geneigt, und ich dachte, du kannst noch so cool dreinschauen, sehr bald wirst du sanft entschlummern. Zu diesem Zeitpunkt wichen die Leute bereits freiwillig vor mir zur Seite und ich konnte die letzten fünf Meter unbehindert zurücklegen. Oder hätte sie zurücklegen können, wenn nicht Seawoll die Treppe heraufgestürmt wäre und mich voll ins Gesicht geboxt hätte. Es war, als würde ich in vollem Lauf gegen einen zu niedrig angebrachten Deckenbalken krachen. Ich fiel auf den Rücken und hatte so Gelegenheit, die Dachkonstruktion zu bewundern, auch wenn sie mir ein wenig verschwommen vorkam.
    Verdammt, der Mann konnte sich wirklich schnell bewegen, wenn er wollte.
    Offenbar war Henry Pyke in der Lage, auch andere Menschen zu beeinflussen, sogar einen fiesen Dickschädel wie Seawoll   – das sah nicht gut aus.
    »Ist mir doch scheißegal«, kreischte eine Frau irgendwo rechts von mir. »Sind doch alles nur schwule Wichser, die über schwule Wichser singen.«
    Eine Stimme verkündete, dass die Vorstellung in weniger als einer Minute fortgesetzt würde und dass sich die Zuschauer umgehend an ihre Plätze begeben sollten. Ein junger Mann im

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