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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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tödlicher war als der Holzgriff einer Axt.
    »Grant«, sagte Neblett, »was zum Teufel geht hier vor?«
    Ich krabbelte zu Folsom hin, der mit dem Gesicht nach unten auf dem Straßenpflaster lag. »Wir haben es hier mit dem unwiderruflichen Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung zu tun, Sir«, sagte ich, während ich Folsom in eine stabile Seitenlage wälzte. In meinem Kopf klingelte es immer noch von der Rückhand, die er mir versetzt hatte, deshalb ging ich nicht sehr sanft mit ihm um.
    »Aber wieso?«, fragte Neblett. »Das stand nicht auf dem Plan.«
    Straßenunruhen entstehen selten spontan, schließlich muss so eine Meute erst einmal zusammengerottet und aufgehetzt werden, und ein pflichtbewusster Inspector hält immer Ausschau nach solchen Problemen. Vor allem, wenn zu seinem Revier ein Flecken wie der TrafalgarSquare gehört. Die einzige halbwegs überzeugende Lüge, die mir einfiel, war, dass jemand das Opernhaus mit einem psychotropischen Aerosol angegriffen und das gesamte Publikum in Halluzinationen versetzt hatte, aber dann dachte ich, dass damit nur noch mehr unbeantwortbare Fragen aufgeworfen würden. Ganz zu schweigen von unangemessen schweren militärischen Gegenmaßnahmen. Ich wollte gerade das Risiko eingehen und ihm die Wahrheit erzählen, dass nämlich eine Art Vampirgeist das gesamte Publikum unter einen Bann gesetzt hatte, als Neblett plötzlich merkte, wem genau er da auf den Kopf geklopft hatte.
    »Oh mein Gott«, sagte er und kauerte sich nieder, um sich den Schaden genauer anzusehen, »das ist ja Deputy Assistant Commissioner Folsom!«
    Unsere Blicke begegneten sich über den zuckenden Körper unseres obersten Vorgesetzten hinweg.
    »Er hat Sie nicht gesehen, Sir«, sagte ich. »Wenn Sie einen Notfallwagen rufen, können wir ihn wegschaffen lassen, bevor er das Bewusstsein wiedererlangt. Hier ereigneten sich Straßenunruhen, er wurde angegriffen, Sie haben ihn gerettet.«
    »Und Ihre Rolle dabei?«
    »Zuverlässiger Zeuge, Sir«, sagte ich, »was Ihr rechtzeitiges und beherztes Eingreifen angeht.«
    Inspector Neblett blickte mich durchdringend an. »Ich habe mich wohl in Ihnen getäuscht, Grant«, sagte er. »Sie haben doch das Zeug zu einem richtigen Polizisten.«
    »Danke, Sir«, antwortete ich und blickte mich um. Die Randalierer waren weitergezogen   – die Floral Street hinunter und auf die Piazza, vermutete ich.
    »Wo bleibt die TSG?«, fragte ich.
    TSG steht für Territorial Support Group   – die Jungs, die in Mercedes Sprinter Vans durch die Gegend brettern, mit einer Ausrüstung an Bord, die so ziemlich alles umfasst, von Schutzhelmen bis zu Elektroschockern. Jeder Stadtbezirk hat ein paar davon durch seine operativen Zonen flitzen, vor allem um die Schließzeiten der Pubs herum, und außerdem steht eine Reservegruppe für unerwartete Zwischenfälle ständig in Bereitschaft. Das derzeitige Geschehen konnte man wohl als unerwartet bezeichnen.
    »Sie stehen in der Longacre und in der Russell Street«, sagte Neblett. »Die GT will die Randalierer offenbar am Covent Garden einkesseln.«
    Aus Richtung der Piazza kam ein lautes Krachen, gefolgt von wildem Jubel. »Was war denn das?«, fragte Neblett.
    »Ich glaube, sie plündern die Markthallen.«
    »Können Sie den Notfallwagen rufen?«
    »Nein, Sir, mein Befehl lautet, den Rädelsführer aufzuspüren«, sagte ich.
    Ein Molotow-Cocktail verursacht ein unverkennbares Geräusch. Wenn er gut konstruiert ist, klingt er ungefähr so: krach, bumm, wuusch   – und dieses letzte Geräusch, bei dem sich das Benzin entzündet, kann einen töten, wenn man sich nicht ganz schnell in Sicherheit bringt. Das wusste ich, weil jeder Polizeianwärter, bevor er von Hendon abgeht, sich noch einen spaßigen Tag lang mit solchen Cocktails bewerfen lassen darf. Deshalb duckten Neblett und ich uns instinktiv, als wir kaum fünfzehn Meter entfernt das bewusste Krachen hörten.
    »Die Sache eskaliert«, sagte Neblett.
    Weiter südlich konnte ich eine Gruppe von Randalierern an der Kreuzung Culverhay und Bow Street sehen. Hinter ihnen spiegelten sich Flammen in blauen Schutzhelmen und grauen Schilden.
    Und ich hatte Lesley noch immer nicht gefunden, betäubt und zu Walid ins UCH gebracht. Der Transport wäre eigentlich kein Problem gewesen, da wahrscheinlich in diesem Moment die Hälfte aller Londoner Ambulanzfahrzeuge in Richtung Covent Garden raste   – damit blieb nur die Aufgabe, Lesley zu finden. Meine Arbeitshypothese war, dass sie immer noch

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