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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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hervor. »Und trotzdem haben Sie sie zu einem Besuch bei den Zigeunern mitgenommen?«
    Die Bezeichnung Zigeuner ist politisch nicht korrekt und kein gut erzogener junger Polizist würde sie verwenden. »Das war nur im Rahmen einer vorläufigen Ermittlung«, antwortete ich. »Und die Bezeichnung Zigeuner ist politisch nicht korrekt.«
    Tyburn strich mit der Hand über den Rücken der Marmorstatueund das aus der Kalebasse tröpfelnde Wasser wurde zu einem Strahl, mit dem sie die Vase füllte. »Zigeuner oder nicht«, sagte sie, während sie den Rosenstrauß aus dem Papier wickelte, »sie gehören nicht zu den Leuten, mit denen man die eigene Schwester verkehren sehen möchte.«
    »Unsere Familie können wir uns ja leider nicht aussuchen«, sagte ich munter. »Unsere Freunde Gott sei Dank schon.«
    Tyburn warf mir einen scharfen Blick zu und arrangierte die Rosen in der Vase. Es war ein bauchiges Ding aus grün lackiertem Fiberglas, wie man es wahrscheinlich für fünfzig Pence auf jedem Flohmarkt kaufen konnte. »Ich habe nichts gegen den Alten Mann oder seine Leute, aber wir leben jetzt im 21.   Jahrhundert, und das ist meine Stadt, und ich habe mich nicht dreißig Jahre lang totgearbeitet, nur damit plötzlich so ein Typ vom fahrenden Volk daherkommt und mir alles wegnimmt, was mir gehört.«
    »Was, glauben Sie, gehört Ihnen?«, fragte ich.
    Sie überging die Frage, und nachdem sie die letzte Rose sorgfältig arrangiert hatte, stellte sie die Vase auf das niedrige Mäuerchen, das die Terrasse umgab. Als ich die Rosen kaufte, waren sie bereits ein wenig angewelkt gewesen. Nachdem Tyburn sie in die Vase gestellt hatte, wirkten sie plötzlich wieder frischer, üppiger und sogar noch dunkler.
    »Peter«, sagte sie, »Sie haben gesehen, wie das Folly organisiert ist, oder vielmehr nicht organisiert ist. Sie wissen auch, dass es keinen offiziellen Behördenstatus hat und dass seine Beziehungen zur Metropolitan Police ausschließlich von Brauch und Gewohnheit bestimmtwerden, und, Gott verzeih mir, von Tradition. Alles wird nur durch Spucke und Siegelwachs und die alten Kameradennetzwerke zusammengehalten. Ein typisch britischer Mischmasch, und das einzige Mal, als man das Folly zum Eingreifen aufforderte, versagte es kläglich. Ich habe Zugang zu Akten, Peter, von deren Existenz Sie keine Ahnung haben, zum Beispiel über einen Ort in Deutschland namens Ettersberg   – vielleicht fragen Sie mal Ihren Mentor danach.«
    »Formell betrachtet ist er mein Meister«, sagte ich. »Ich habe einen Gildeneid geschworen und bin somit sein Lehrling.« Meine Zunge fühlte sich inzwischen so dick und trocken an, als hätte ich die ganze Nacht mit offenem Mund geschlafen.
    »Sehen Sie? Genau das meine ich«, sagte sie. »Ich weiß, dass es dem Nationalcharakter zuwiderläuft, aber manchmal wünscht man sich doch, dass wir bei diesen Dingen ein bisschen besser organisiert wären, einfach etwas erwachsener. Würde es uns denn umbringen, wenn wir eine offizielle Behörde hätten, die für das Übernatürliche zuständig ist?«
    »Ein Ministerium für Magie?«, fragte ich.
    »Haha.«
    Ich hätte gern gewusst, warum sie mir keinen Tee angeboten hatte. Schließlich hatte ich ihr Blumen mitgebracht, und das Mindeste, was ich im Austausch dafür erwartet hätte, wäre eine schöne Tasse Tee oder ein Bier oder auch nur ein Glas Wasser gewesen. Ich räusperte mich; es klang ein bisschen heiser. Ich warf einen Blick auf den Brunnen und das Wasser, das ins Becken strömte.
    »Gefällt er Ihnen?«, fragte sie. »Das Becken ist eineziemlich grobe Imitation eines italienischen Beckens aus dem 17.   Jahrhundert, aber die Statue wurde ausgegraben, als man die U-Bahn -Station Swiss Cottage baute.« Sie legte der Statue eine Hand auf die Wange. »Der Marmor stammt aus Belgien, aber die Archäologen versicherten mir, dass die Statue hier gefertigt wurde.«
    Ich hätte nicht sagen können, warum ich nicht von dem Wasser trinken wollte. Schließlich hatte ich schon oft genug Wasser getrunken, wenn weder Bier noch Kaffee oder ein Diätcola verfügbar waren; ich hatte Mineralwasser getrunken und gelegentlich auch Leitungswasser. Als Kind trank ich ständig Wasser aus dem Hahn. Wenn ich verschwitzt und erhitzt vom Spielen nach Hause kam, hatte ich mir nie die Mühe gemacht, ein Glas zu holen, sondern hatte nur den Hahn aufgedreht und den Mund darunter gehalten. Wenn mich meine Mutter dabei erwischte, schimpfte sie mich aus, aber mein Vater sagte nur, ich

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