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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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er sie auf solche Art fremden Leuten überläßt, so brauche ich noch weniger an ihr Anteil zu nehmen. Nicht einmal ein einziges Kleidungsstück hat sie mit, nicht einmal ein Hemd, um ihre Wäsche zu wechseln.«
    »Mr. Smart!« rief Mrs. Smart auf das tiefste empört aus. »Ich muß Sie bitten, Ihre Ausdrücke anständiger zu wählen, wenn Sie in meiner Gegenwart von solchen Sachen reden wollen. Ich bin geradesogut eine Lady, als ob ich in New York oder Philadelphia wohnte. Wo hat übrigens der gestrenge Herr bestimmt, daß die Kranke hingeschafft werden soll?«
    »Hingeschafft? Was kümmert das uns?« fragte Jonathan. »Scipio soll sie vor die Tür führen, und sie mag gehen, wohin es ihr beliebt. Ich will weiter nichts mehr mit ihr zu tun haben.«
    »Vor die Tür können wir sie nicht setzen«, sagte Mrs. Smart, »das ist gegen Menschen- und Christenpflicht, und ich will es nicht nachgesagt bekommen, daß ich so ein armes Ding aus dem Hause geworfen hätte, bloß weil es kein Geld und keine Kleider hatte und sonst noch unglücklich war. Übrigens hast du auch gar nichts damit zu tun; die Sache geht dich weiter nichts an. Das Mädchen mag meinetwegen ein paar Tage hierbleiben, und wenn es sich ordentlich beträgt und sich wieder erholt, so wollen wir sehen, was weiter wird. Ich brauche sowieso jemanden als Hilfe im Hause, wenn ich nicht förmlich draufgehen und mich aufreiben soll. Das ist dir aber einerlei; – du gehst deinen Geschäften oder Vergnügungen nach und kümmerst dich nicht, wie sich dein armes Weib plagen und quälen muß. Du weißt freilich nicht, wie es so einem armen Wesen zumute ist, das keine Eltern mehr hat und nun verlassen in der Welt steht. – So seid ihr Männer aber, – hartherzige Egoisten alle miteinander, und uns, die wir so etwas besser wissen müssen, denen der liebe Hergott ein Herz in die Brust gelegt hat, das Leiden anderer zu fühlen, – uns wollt ihr dann auch noch vorschreiben, was wir tun oder lassen sollen, wenn es sich um etwas handelt, wo eben nur ein Weib über ein Weib entscheiden kann. Das laß dir aber nur nicht weiter einfallen; das Mädchen bleibt jetzt bei mir, bis ich sie selber fortschicke.«
    Und damit verließ Madame das Zimmer, warf die Tür hinter sich zu und stieg stracks zu dem Zimmer des armen Kindes hinauf, freilich jetzt in anderer Absicht, als sie vorhin in ihrem Selbstgespräch geäußert hatte. Jonathan aber schob wieder, wie das so seine Art war, wenn er entweder gar ernsthaft über etwas nachdachte oder sich ganz außergewöhnlich freute, die Hände fest in seine Beinkleidertaschen und schritt, aus Leibeskräften den Yankee Doodle pfeifend, in dem kleinen Zimmer auf und ab.

Kapitel 20
    Jonathan Smart wurde in seinen höchst erfreulichen Selbstbetrachtungen durch einen Besuch unterbrochen, der ihn nicht allein störte, sondern auch ohne weitere Umstände seine Aufmerksamkeit auf längere Zeit verlangte.
    »Nun, O'Toole«, fragte der Wirt, als er seinen Gast erstaunt betrachtete, »wo habt Ihr denn gestern und heute den ganzen Tag gesteckt? Ihr wart ja auf einmal verschwunden! Donnerwetter, Mann, wie seht Ihr denn aus?«
    »Verschwunden?« wiederholte O'Toole. – »Nein, das wohl nicht, aber heimlich fortgegangen – ja. Doch hört, Smart, – ich habe ein Wort mit Euch zu reden und machte das, aufrichtig gesagt, lieber mit Euch im Freien ab. Hier in dem Zimmer, denke ich immer, kann man nichts sagen, was der Nachbar, der an der anderen Seite der Wand steckt, nicht ebenfalls hören müsse, und da mir keineswegs damit gedient wäre, daß die ganze Stadt gleich von Haus aus erführe, was ich Euch mitzuteilen habe, so denke ich, wir gehen ein bißchen, meinetwegen ans Flußufer hinunter, spazieren.«
    »So? Also Geheimnisse?« lachte Smart. »Nun, da muß ich ja wohl mitgehen. Aber was betrifft es?«
    »Kommt erst hinaus; dort draußen spricht sich's besser«, erwiderte der Ire, und ohne weiter die an ihn gerichtete Frage zu beachten, verließ er rasch das Haus und schritt dem Flußufer zu, wo ihn Smart bald einholte und stellte.
    »Nun, zum Henker, was rennt Ihr denn so?« rief Jonathan hier, als er den kleinen Mann hinten am Rockkragen faßte und festhielt.
    »Wir wollen doch wahrlich nicht zu Fuß zum Arkansas, daß Ihr dorthin Sieben-Meilen-Schritte macht.«
    »Smart«, sagte O'Toole, indem er plötzlich stehenblieb und sich gegen den Wirt wandte, »Ihr erinnert Euch doch, daß neulich abends jenes Boot dorthinüber ruderte.«
    »Jawohl.«
    »Gut,

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