Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
freudig.
»Wer? Ich?« fragte Mr. Smart. – »Fragen Sie einmal meine Frau darüber. Aber – Scherz beiseite, Sir – erzählen Sie uns doch noch einmal, – uns beiden hier, – Mr. O'Toole ist ein Freund von mir und ein braver Mann –, wie und wo, aber besonders genau, wo Sie das Mädchen gefunden haben und was es dort für Auskunft über sich gab.«
Tom willfahrte gern diesem Wunsche und gab über den Ort, wo er die Unglückliche auf so wunderbare Art angetroffen hatte, so ausführlichen Bericht, wie es ihm möglich war.
»Und konntet Ihr gar nichts weiter von dem armen Kinde herausbekommen, wie es auf die Insel geraten sei? Ob es Schiffbruch erlitten, ob das Boot vielleicht einfach auf einen Snag gerannt oder vielleicht gar angefallen worden wäre?« fragte Smart endlich, während der Ire mit der gespanntesten Aufmerksamkeit dem Bericht lauschte.
»Nein«, sagte Tom sinnend, »nichts Gewisses, denn in ihrem Zustande konnten ihre Reden kaum für zurechnungsfähig gelten, obgleich einzelne Worte, die ihr entschlüpften, auch wieder das Fürchterlichste ahnen ließen. – Sie sprach von gespaltenen Köpfen und blutigen Leichen, – von ihrem – Gatten, der rein und weiß aus der Flut emporgetaucht wäre. Ich hoffe, ihr Zustand wird sich, bis ich zurückkehre, gebessert haben und sie selbst dann vielleicht Näheres über ihr Unglück anzugeben wissen. Ach Gott, es ist ja auch möglich, daß irgendein entsetzliches Los die Ihren traf und Schreck und Entsetzen ihre Sinne verwirrten. Es sollen sich, wie ich gehört habe, noch immer Indianer in der Nähe des Flusses aufhalten.«
»Sie sprach also gar nichts, was auf das Vorgefallene weiter Bezug haben konnte?« fragte der Ire.
»Die ersten Worte, die ich hörte«, sagte der junge Mann nachdenkend, »handelten von einem Vogel, den sie in seinen goldenen Käfig zurückhaben wollten, und sie redete von ›durch die Büsche kriechen und ihn wieder fangen wollen‹. Doch das war der Wahnsinn; sie saß auch wie ein Vogel auf dem Aste eines niedergebrochenen Baumes.«
»Nun, einen goldenen Käfig hätte sie wahrlich nicht gehabt, wenn sie auch gefangen gewesen wäre«, meinte der Yankee.
»Auf welcher Insel war das?« fragte der Ire. »Unten auf Dreiundsechzig?«
»Ja, ich kenne die Zahlen nicht genau«, erwiderte Tom; »es muß die zweite oder dritte von hier gewesen sein.«
»Es lagen zwei von ihnen nicht weit voneinander entfernt?«
»Ja, ich glaube; – erst kam eine runde, kleine Insel, dicht mit Baumwollholzschößlingen bedeckt; – an der haben wir auch die Nacht mit dem Dampfboot gelegen.«
»Die hat keine Nummer und ist unbewohnbar«, sagte der Ire.
»Dann, – ja wahrhaftig, dann muß die gekommen sein, wo ich Marie fand; – ich weiß mich wenigstens an keine weiter zu erinnern als noch ein Stück weiter unten an zwei größere nebeneinander, zwischen denen ich hindurchfuhr.«
»Das sind Zwei- und Dreiundsechzig, also war das Einundsechzig. Die hat aber ein Hurrikan durch und durch verwüstet; – ich wollte dort einmal ans Land; es war jedoch nicht möglich einzudringen, die Bäume lagen wild und toll durcheinander.«
»Ja, ganz recht, an der Insel war's und Gott nur weiß, wie sie in das Zweig- und Astgewirr hineingeraten ist; ein wahres Wunder muß sie gerettet haben.«
»Smart, Smart«, sagte der Ire kopfschüttelnd, »ob am Ende nicht doch jenes Boot mit der ganzen Geschichte zusammenhängt?«
»Das wäre kaum möglich«, meinte der Wirt, »am Mittwoch abend sind die hier abgefahren, und Donnerstag – nun ja, es könnte schon sein, das glaube ich aber nicht.«
»Was für ein Boot?« fragte Tom, aufmerksam werdend. »Am Mittwoch abend?«
O'Toole erzählte ihm von seinem Verdacht und wie ein Boot, das hier vom Lande gestoßen und gerade über den Strom gerudert, doch von niemandem drüben gesehen worden wäre.
»Und das war am Mittwoch abend?«
»Ja, spät.«
»Ein junger Farmer namens Bredschaw, den ich unterwegs sprach, erzählte mir, daß er an jenem Abend ein mit vielen Männern besetztes Boot angerufen habe«, sagte Tom.
»Bredschaw? Der wohnt ja gleich hier unten, keine sechs oder sieben Meilen von hier, und an dieser Seite des Flusses.«
»Ja, ganz recht; – er hat es mir erst gestern erzählt, – er behauptet auch, es gingen, besonders nachts, recht häufig Boote dort vorüber, und zwar ebensooft stromauf wie stromab. Er meint, es müsse irgendwo, in Helena oder Montgomerys Point, eine Spielhölle sein, daß sich die
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