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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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aus dem Fenster größtenteils mit ansehen konnten, und der Mailrider, ein kleines dürres Männchen von etwa fünfundzwanzig Jahren, war besonders erstaunt, daß sich eine solche Menge kräftiger, trotzig aussehender Burschen erst von einem einzelnen Mann einschüchtern und dann von einem andern in der Ausübung ihrer Rache hatte zurückhalten lassen.
    »Gentlemen!« sagte er in der mit Eifer geführten Anrede, wobei er diesen Titel ungewöhnlich häufig anwandte, als ob er seine Zuhörer dadurch ebenfalls mit überzeugen wollte, daß er selbst zu dieser besonderen Menschenklasse gehöre. »Gentlemen, die Männer von Arkansas fangen an, aus der Art zu schlagen; das demokratische Prinzip geht unter. Vom Osten her werden monarchische Grundsätze von Tag zu Tag gefährlicher. Gentlemen, ich fürchte, wir erleben noch die Zeit, wo sie in Washington einen König krönen, und der König – heißt dann – Henry – Clay.«
    »Henry Unsinn!« sagte der Farmer verächtlich. »Wenn das geschähe, so sollten sie ihren König auch im Osten behalten; über den Mississippi dürfte er uns nicht kommen, dafür stehe ich. Wetter noch einmal, unsere Väter, die in ihren blutigen Gräbern schlafen und für ihre Kinder fielen, müßten sich ja in Schande und Schmach umdrehen, wenn die Enkel, die zu Millionen angewachsen sind, das nicht einmal mehr behaupten könnten, was sie der Übermacht mit wenigen Tausenden abzwangen. Das sind aber die verrückten Ideen, die nur Ausländer mitbringen. In Schmach und Ketten aufgewachsen, können sie sich nicht denken, daß ein Volk imstande ist zu existieren, wenn es nicht von einem Fürsten am Gängelband geführt wird. – Zum Teufel auch, ich habe da erst neulich in einem Buch gelesen, wie die Hofschranzen über dem großen Wasser drüben in den Städten herumkriechen und schwanzwedeln und die Feinen und Zierlichen spielen. Die Pest über sie! Solch Geschmeiß sollte einmal nach Arkansas kommen; hui , wie wir sie mit Hunden hinaushetzen würden!«
    »Hahaha«, lachte der kleine Advokat, »Howitt gerät ordentlich in Jagdeifer. – Mäßigung, wackerer Staatsbürger, Mäßigung! – Gegen solche Gefahr schützt uns unsere Konstitution –«
    »Ach was da, Konstitution!« brummte Howitt. »Wenn wir's nicht selber tun, wären die Konstitution und das Advokatenvolk auch nicht dazu imstande. – Die eine würde umgeworfen, und die anderen gingen zur neuen Fahne über, das ist alles schon dagewesen. Nein, der Farmer ist es, der den Kern der Staaten ausmacht; denn sein freies Land wäre gerade das, was unter die Botmäßigkeit einer willkürlichen Regierung fiele. Er müßte das Land kultivieren und mit dazu beitragen, daß sich die Industrie mehr und mehr höbe und die Einkünfte von Jahr zu Jahr wüchsen, und dürfte dann am Ende noch nicht einmal mitreden, wenn es um sein eigenes Wohl und Wehe gälte. Nein, der Farmer oder vielmehr das Volk erhält den Staat, nicht die Konstitution, und ein Land, das kein Volk hat, dem hilft auch die beste Konstitution nichts.«
    »Nun ja, das sage ich ja eben«, fiel der Mailrider, der nicht recht verstand, was jener meinte, mit seiner dünnen Stimme ein, »deshalb wundert's mich ja gerade, daß sich das Volk so von einem einzelnen Menschen leiten und einschüchtern läßt. Donnerwetter, ich sollte dazwischen gewesen sein, ich hätte dem Yankee« – und er sah sich um, ob der Wirt nicht etwa im Zimmer sei – »ich hätte dem Yankee schon zeigen wollen, was es heißt, sich an freien amerikanischen Bürgern zu vergreifen.«
    »Gerade im Gegenteil«, erwiderte ruhig der Farmer, »mich hat's gefreut, daß die Leute Vernunft annahmen. Was ich früher von Helena gehört habe, ließ mich fast glauben, der ganze Ort bestehe aus lauter – Gesindel. Es ist mir lieb, daß ich jetzt eine andere Meinung davon nach Hause tragen kann; denn daß die Köpfe eines freien, sorglosen Völkchens einmal überschäumen, ei nun, das ist kein Unglück, wenn sie nur immer wieder ins richtige Bett zurückkehren.«
    »Verdammt wenig von denen, die heute nacht in einem Bett schlafen!« lachte hier der im blauen Frack dazwischen. »Die lustigen Burschen fangen mit der Gallone Brandy an, und es sollte mich gar nicht wundern, wenn sie mit einem ganzen Faß aufhörten. Ihr Gejubel und Geschrei schallt ja sogar bis hier herüber.«
    »Was ist denn hier eigentlich heute vorgegangen?« fragte jetzt der Farmer, sich an die übrigen wendend. »Ich kam gerade, wie sie den Irländer draußen in der

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