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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Gut und Leben eingebüßt.«
    »Bitte um Verzeihung«, sagte der Farmer, »alle, die von Little Rock abgingen, hatten gerade Lotsen an Bord, Leute, die auf ihr Ehrenwort versicherten, den Fluß schon seit zehn und fünfzehn Jahren befahren zu haben, und sie sind dennoch zugrunde gegangen. Solchen Menschen kann man aber auch nicht ins Herz sehen. Es gibt sich mancher für einen Lotsen aus und vertraut nachher seinem guten Glück, das ihn schon sicher stromab führen werde. Im günstigsten Falle lernt er so nach und nach die Strömung kennen und hat dabei sein gutes Gehalt; im ungünstigsten aber kann er vielleicht schwimmen und bringt seine werte Person doch noch sicher wieder ans Ufer.«
    »Sie sind vielleicht auch wirklich so lange gefahren«, lachte der Blaue, »aber auf Dampfbooten, als Feuerleute und Deckhands, nicht als Flatbootmänner. Auf Dampfbooten können sie denn auch verdammt wenig lernen, außer als Pilot, und ein Dampfboot-Pilot wird sich hüten, wieder ein Flatboot zu steuern, wo er nicht halb so gute Kost und weit geringeres Gehalt bekommt.«
    »Gentlemen reden von dem Piloten, der neulich hier ans Ufer geworfen wurde?« fragte ein kleines ausgetrocknetes Männchen mit schneeweißen Haaren, tief gefurchten Zügen und grauen, blitzenden Augen, das sich jetzt von einer anderen Gruppe zu ihnen gesellte. – »Ja, war ein kapitales Exemplar von Knochenbruch, der rechte Oberschenkel – der linke Unterschenkel – Wadenbein und Hauptröhre – vier Rippen auf der linken Seite, den rechten Arm förmlich zersplittert, daß die Knochenstücke durch den Rock drangen; den Hinterkopf stark verletzt und doch nicht tot. Ich hatte es mir zur Ehrensache gemacht, ihn eine volle Stunde am Leben zu halten; es war aber nicht möglich. Er schrie in einem fort.«
    »Großer Gott«, sagte der Farmer und schüttelte sich bei dem Gedanken, »da wäre es ja ein Werk der Barmherzigkeit gewesen, dem armen Teufel eins auf den Kopf zu geben. Was war denn mit ihm geschehen?«
    »Dem Dampfboot ›General Brown‹ waren die Kessel geplatzt«, sagte der Advokat; »es sind, glaube ich, fünfzehn Personen dabei ums Leben gekommen.«
    »Ja, aber nichts Erhebliches weiter an Verwundungen«, meinte der kleine Doktor, »zwei Negern die Köpfe ab – der eine hing noch an ein paar Sehnen und einem Stück Haut – einer Frau die Brust zerquetscht –«
    »Weshalb müssen wir denn das aber eigentlich so genau wissen?« rief der Farmer und wandte sich in Ekel und Unwillen von ihm ab. »Sie verderben einem ja bei Gott das Abendbrot, Doktor.«
    »Bitte um Verzeihung«, sagte der kleine Mann, »für die Wissenschaft sind solche Fälle ungemein wichtig, und mir wäre in der Hinsicht auch wirklich kein besserer Platz in der ganzen Welt bekannt, um Beobachtungen an Verwundeten und Leichen zu machen, als gerade das Ufer des Mississippi. Ehe jener interessante Fall am Fourche la Fave vorfiel, wohnte ich etwa drei Wochen in Viktoria, der Mündung des Whiteriver und Montgomerys Point gerade gegenüber, und alle Wochen, ja oft einen Tag um den andern kamen Leichen dort angetrieben. Einmal war ein Leichnam mit dabei, dem hatten sie gerade über dem rechten Hüftknochen –«
    »Ei, so hole Euch doch der Teufel!« rief der Blaue ärgerlich dazwischen. »Harpunen und Seelöwen, ich kann auch einen Puff vertragen, und manchen Tropfen Blut habe ich in meinem Leben fließen sehen; wenn man aber das Leiden und Elend so haarklein beschreiben und immer und immer wiederkäuen hört, dann bekommt man's am Ende doch auch satt und ekelt und scheut sich davor.«
    »An Menschen, die keinen Sinn für die Wissenschaft haben«, rief der erzürnte kleine Mann, indem er sich den grauen Seidenhut noch fester in die Stirn hineintrieb, »Menschen, die von ihren Mitmenschen bloß die Haut kennen und sich weiter nicht darum bekümmern, ob sie mit Knochen oder Baumwolle ausgestopft sind, an solchen Menschen ist auch jedes wissenschaftliche Wort verloren, und ich sehe nicht ein, weshalb ich meine schöne Zeit hier vergeuden soll, solchen Menschen einen Gefallen zu tun.«
    Und ohne weiter eine Antwort abzuwarten oder die übrigen noch eines Blickes zu würdigen, ergriff er einen alten, am nächsten Stuhl lehnenden roten baumwollenen Regenschirm, drückte ihn sich unter den Arm und schritt rasch und dabei immer noch vor sich hingestikulierend zur Tür hinaus. »Gott sei Dank, daß er fort ist! Mir graust's immer in seiner Nähe, und – ich kann mir nun einmal nicht helfen, aber

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