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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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ich möchte stets darauf schwören, es röche nach Leichen, sobald er ins Zimmer tritt«, sagte der Advokat.
    »Ist denn der hier praktizierender Arzt?« fragte der Farmer, der ihm erstaunt eine Weile nachgesehen hatte.
    »Arzt? Gott bewahre!« lachte der Blaue. »Die Leute nennen ihn hier nur so, weil er von weiter nichts als von Verwundungen, Leichen und chirurgischen Operationen spricht. – Dadurch haben sich aber schon ein paarmal Fremde verleiten lassen, ihn bei wichtigen Krankheitsfällen zu Rate zu ziehen, und das ist ihnen denn auch verdammt schlecht bekommen.«
    »Es wird keiner zum zweiten Mal zu ihm gegangen sein«, meinte der Farmer.
    Der Blaue brach in lautes Gelächter aus und rief: »Nein, wahrhaftig nicht; kein Lebender kann sich rühmen, von Doktor Monrove behandelt zu sein. Die fünf, die er hier in der Kur gehabt – natürlich lauter Fremde, eben Eingewanderte –, sind schleunigst gestorben und stehen jetzt, in Spiritus und Gott weiß was sonst noch aufbewahrt, teils ganz, teils stückweise in seinem Studierzimmer, wie er's nennt, herum. Keine Haushälterin hat deshalb auch bei ihm aushalten wollen. Selbst die letzte verließ voller Verzweiflung das Haus, als er ihr einmal mitten in der Nacht einen frisch abgeschnittenen menschlichen Kopf ins Zimmer brachte, den er, wie er später gestand, aus dem Grabe eines Reisenden gestohlen hatte. Eine Karawane von Auswanderern war nämlich hier durchgekommen und einer davon am Fieber gestorben, wonach sie ihn gleich an Ort und Stelle begruben und am nächsten Morgen weiterzogen.«
    »Das muß ein entsetzliches Vergnügen sein, sich so an lauter Greuelszenen zu weiden«, sagte der Farmer schaudernd.
    »Ja, und es ist bei ihm wirklich zur Leidenschaft geworden«, nahm der Advokat das Wort. – »Als er neulich von dem am Fourche la Fave abehaltenen Lynch und dem verbrannten Methodistenprediger hörte, hat er fast ein Pferd totgeritten, um noch zur rechten Zeit dort einzutreffen und die verkohlten Überreste des Mörders an sich zu bringen, – was ihm auch wirklich gelungen sein soll. Seiner Wohnung, die eine kurze Strecke von Helena entfernt im Wald liegt, kommt denn auch niemand zu nahe außer Wölfen und Aasgeiern, und ich muß selbst gestehen, ich wüßte nicht, was mich bewegen könnte, eine so schauerliche Schwelle zu überschreiten.«
    »Ich war ein paarmal dort«, sagte der Blaue, »es sieht scheußlich drinnen aus.«
    »Hat man denn von den entflohenen Mitschuldigen nie wieder etwas gehört?« fragte der Farmer. »In Little Rock hieß es, Cotton und der Mulatte seien entkommen.«
    »Ei, gewiß«, fiel ihm hier der Advokat ins Wort. »Die am Fourche la Fave haben sich freilich nicht weiter um sie bekümmert; denn sie wollten das Gesindel nur los sein; was aus ihnen wurde, war ihnen gleichgültig. Die Flüchtlinge sind aber in der Woche darauf im Hot Spring County gesehen worden, und da Heathcott, der erschlagene Regulatorenführer, früher gerade dort ansässig gewesen war, so hat man sie beide mit einer Wut und einem Eifer verfolgt, die über ihre Absicht nicht den mindesten Zweifel ließen. Cotton ist jedoch ein schlauer Fuchs und wird wohl um diese Zeit schon über dem Mississippi drüben gewesen sein.«
    »Hm, ja«, fiel der Blaue ein, »man will ihn schon sogar drüben in Viktoria gesehen haben. Der wird sich nicht wieder in Arkansas blicken lassen.«
    »Hat denn der Indianer den Prediger wirklich verbrannt?« fragte der Kaufmann aus Helena immer noch zweifelnd. »Allerdings stand es hier in allen Zeitungen; aber ich habe es nie glauben wollen. Wie hätten die Gesetze nur je so etwas zugelassen!«
    »Die Gesetze – pah« – rief der Blaue verächtlich, »was können denn die Gesetze machen, wenn das Volk seinen eigenen Kopf aufsetzt? Die Gesetze sind für alte Weiber und Kinder, die sich von jedem Tintenkleckser ins Bockshorn jagen lassen. Wer sich hier nicht selbst beschützt, dem können die Gesetze auch keinen Pappenstiel helfen.«
    »Da bin ich doch ganz anderer Meinung«, sagte der Farmer. »Die Gesetze gerade sind es, die unsere Union auf den Stand gebracht haben, auf dem sie jetzt steht, und jedes guten Bürgers Pflicht ist es, sie aufrechtzuerhalten. Daß es freilich manchmal in der Wildnis Strecken gibt, auf die sie ihren wohltätigen Einfluß noch nicht auszuüben imstande sind, glaube ich auch, und gewaltsame Handlungen erfordern dann gewaltsame Mittel. Sonst aber sollte es für einen Bürger der Union nichts Heiligeres geben als

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