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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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vorkam, als ob er Stimmen höre, die in ziemlich lebhaftem Gespräch miteinander begriffen wären. Im Anfang horchte er halb unbewußt den unverständlichen Tönen; er hatte schon geträumt, er sei in die See hinausgetrieben, und vom Ufer aus riefen sie hinter ihm her und warnten ihn vor den Gefahren des Golfes. Mehr und mehr aber wieder munter werdend, staunte er zuerst über den Ort, wo er sich befand, und konnte sich endlich nur mit vieler Mühe des Vorgefallenen erinnern.
    Nun war O'Toole allerdings nicht Waldmann genug, um ein solches Lager in dem feuchten Flußnebel einem warmen Bette vorzuziehen; dennoch aber hielt ihn eine gewisse Angst zurück, jene Sprechenden anzurufen; die Absicht schon, in der er ausgezogen war, ließ ihn in jedem Menschen, den er traf, einen Räuber, Mörder und falschen Spieler erblicken. Er kroch also, um vor allen Dingen festzustellen, wo er eigentlich sei und in welcher Umgebung er sich befinde, aus seinem Boote heraus, über ein paar umgestürzte Stämme ans Ufer und schlich nun hier, so geräuschlos wie es ihm die jetzt wirklich außergewöhnliche Dunkelheit und die rauhe Wildnis erlaubte, vorwärts, dem Schalle nach.
    Das Geräusch und Sprechen schienen an einem Ort zu bleiben, und O'Toole vermutete hier natürlich nichts weiter als eine Farmerwohnung, zu der er nur nicht den rechten Pfad getroffen habe, sondern in irgendeine neue Rodung geraten sei. Er hatte denn auch, obgleich mit entsetzlicher Anstrengung, schon einen guten Teil des Dickichts durchdrungen, als plötzlich alles wieder ruhig war und nur noch das einförmige Quaken der Frösche und das Zirpen einzelner Grillen die Totenstille unterbrach. Nichtsdestoweniger behielt er die Richtung bei, in der er früher die Laute gehört hatte, und erreichte gerade einen kleinen, ziemlich freien Platz, als er aus dem Nebel, und zwar dicht vor sich, zwei Gestalten treten sah, so daß er nur noch eben Zeit genug behielt, hinter einem niederen Busch auf die Erde zu sinken.
    »Und ich sage Euch, Jones, Ihr dürft die Insel bei Gott nicht verlassen, ohne den Schwur geleistet zu haben«, beteuerte jetzt plötzlich der eine von ihnen, während er stehenblieb und sich gegen seinen Begleiter umwandte. »Es ist uns allen streng befohlen worden, Euch nicht fortzulassen.«
    »Aber ich habe ja den Schwur leisten wollen«, rief der andere ärgerlich. – »Hölle und Teufel, ich kann doch nicht mehr tun, als Euch sagen, ich will beschwören, was Ihr begehrt? Es ist schändlich, mich jetzt gegen meinen Willen hier zurückzuhalten, wo ich in Mississippi drüben die besten Geschäfte machen könnte.«
    »Auch das wißt Ihr, warum das jetzt nicht möglich ist«, erwiderte ihm der andere; »solcher Schwur muß seine gehörige Feierlichkeit haben und von allen gehört werden, damit es später keine Ausrede gibt. Die Versammlung ist aber erst morgen abend, und bis dahin werdet Ihr Euch also zu gedulden haben.«
    »So? Und wenn nun bis morgen abend schon die saubere Bescherung hereinbricht, von welcher der Kapitän gemunkelt hat?« brummte Jones. »Was habe ich dann für ein Interesse, meine Haut ebenfalls dabei zu Markte zu tragen, he? Gehöre ich schon mit dazu, und würde ich nicht, mitgefangen, auch ganz unschuldig mitgehangen werden?«
    »Unschuldig?« spöttelte der andere.
    »Ja, ja, unschuldig«, rief Jones mürrisch, – »wenigstens in dieser Sache, und was am Ende noch viel fataler wäre, mit dem Bewußtsein, daß die Kanaillen aus Versehen den Rechten erwischt hätten. Nein, Ben, Ihr müßt mir einen Kahn verschaffen; ich will Euch den Eid leisten, und das wird Euch doch genügen können.«
    »Mir? Verdammt will ich sein, wenn ich meinen Kopf statt Euren in die Schlinge zu stecken gedenke«, brummte Ben und wandte sich wieder zum Gehen, jetzt aber gerade auf den Iren zu, der dicht und regungslos an die Erde geschmiegt lag. – »Sobald Ihr einmal versprecht, den Eid zu leisten, so seid Ihr auch – Gift und Donner!« riefer plötzlich, vor der Gestalt zurückprallend, die sein Fuß berührt hatte.
    »Was ist denn?« fragte Jones erschrocken und blickte scheu umher.
    Der Ire rührte sich nicht. Die Unterredung der beiden Männer hatte ihm bald verraten, daß er sich an seinem Ziele befand, obgleich er noch nicht wußte, wo das eigentlich lag, und teils lähmte die Angst seine Glieder, teils war er auch noch unentschlossen, wie er sich verhalten solle. Floh er, so mußten ihn die mit dem Platze Vertrauten augenblicklich wieder einholen

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