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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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legte sich von neuem mit aller Kraft und bestem Willen hinein, bis er endlich einsah, daß alle seine Anstrengungen vergeblich sein mußten. Das beste also, was er jetzt tun konnte, war, nach Arkansas zurückzukehren, um den Versuch ein anderes Mal unter günstigeren Verhältnissen zu erneuern. – Aber, guter O'Toole, es erwies sich als ebenso schwer, nach Arkansas wie nach Mississippi hinüberzuhalten. Nacht und Nebel umgaben ihn bald mit undurchdringlichem Schleier, und keinen Laut hörte er, nicht einmal das Gequake von Fröschen, das ihm die Nähe des Landes gleichviel nun welchen Ufers verraten hätte. Er mußte sich inmitten des gewaltigen Stromes befinden. Da hielt er endlich, nachdem er sich noch eine ganze Zeitlang bis zu tödlicher Ermattung abgemüht hatte, mit dem Rudern ein, warf die Ruder in den Kahn und streckte sich selbst, gleichgültig gegen alles, was ihn befallen könnte, in dem Heck des Bootes aus. Einmal mußte er ja doch irgendwo antreiben oder doch wenigstens Geräusch von irgendeinem Boot oder dem Ufer, in dessen Nähe ihn die Strömung zuerst bringen würde, hören, und er hatte eingesehen, daß er selbst nicht imstande sein würde, das mindeste dafür oder dagegen zu tun. Er war förmlich verirrt und wußte in der Tat nicht mehr, wo er sich befand, ob er irgendwo festhänge oder immer stromab der Mündung des Arkansas zutreibe.
    In dumpfem Brüten lag er in seinem Boot ausgestreckt und schaute schweigend zu der grauen Masse hinauf, die ihn in fast fühlbarer Schwere und Feuchtigkeit umgab. Da war es ihm plötzlich, als ob er das Quaken eines Frosches höre. Er horchte auf. Fast in demselben Augenblick vernahm er ein dumpfes Rauschen, und ehe er sich noch recht umschauen konnte, von welcher Richtung dies eigentlich komme – da er es natürlich auf der entgegengesetzten Seite erwartet hatte –, trieb auch sein schwankendes Boot schon in den starren Wipfel einer Eiche hinein. Land hatte er jetzt, Bäume wenigstens, und er wußte doch nun, daß er nicht mehr weiter stromab und von Helena fortgetrieben werden könnte. Wo er sich aber befand, ob in Arkansas, Mississippi oder an einer der weiter unten gelegenen Inseln, vielleicht Drei- oder Vierundsechzig, das war ihm unmöglich zu bestimmen, ja, so hatten sich seine Gedanken verirrt, daß es einer langen Zeit bedurfte, bis er mit sich überhaupt im reinen war, er befinde sich noch im Mississippi und sei nicht etwa in irgendeinen Fluß oder eine Bucht unversehens hinein- und diese, Gott weiß wie weit, hinaufgerudert. Das einzige, worüber er vollkommen Gewißheit zu haben glaubte, war, daß er wenigstens fünfzig bis sechzig Meilen von Helena entfernt sein müsse.
    Wo aber befand er sich? Am Anfang wollte er rufen, denn vielleicht befanden sich Menschen in seiner Nähe, die ihn hörten. Doch konnte es nicht ebensogut möglich sein, daß er gerade in jenes Nest geraten wäre, nach dem er suchte, und welchen Empfang durfte er von denen erhoffen, die ihm noch vor kurzer Zeit so unzweideutige Beweise ihres Hasses gegeben hatten? Nein, da heute nun doch einmal keine Gedanke daran war, Nr. Einundsechzig noch zu erreichen, und der Nebel auch auf jeden Fall den Morgenwinden weichen mußte, so beschloß er, seinen Kahn an einer sicheren Stelle zu befestigen und nachher ruhig darin ausgestreckt den Tag abzuwarten.
    Das war nun freilich nicht so leicht, wie er es anfangs erwartet hatte. Eine Masse Baumgewirr versperrte ihm überall den Eingang, und dort, wo er sich gerade befand, konnte er ebensowenig bleiben. Die Flut preßte gerade dagegen, und brachte sie irgendeinen fortgeschwemmten Baumstamm mit, so mußte ihm dieser, mit der Gewalt solcher Wassermassen vereint, unfehlbar das leichte Fahrzeug zertrümmern und ihn selber unter das Treibholz schwemmen. Er arbeitete sich darum jetzt mit aller Anstrengung links hin, bis er zu einer Art Landspitze kam; denn die Strömung brach sich hier mit großer Stärke am Ufer und schoß dann rasch und schäumend vorbei. Dort hatte auch augenscheinlich die Kraft des Wassers einen früher dort liegenden Baum zur Seite geschwemmt, so daß eine Art kleine Bucht entstanden war. In dieser lief er ohne Zögern ein und richtete nun, gegen eine äußere Gefahr geschützt, so gut es gehen wollte sein Lager her, um wenigstens ein paar Stunden schlafen zu können.
    Kurze Zeit mochte er so gelegen haben, und das gleichförmige Rauschen des Wasser begann seine Wirkung auf ihn auszuüben, als es ihm, schon halb im Traume, so

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