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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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hinüber! – Zum Teufel, fürchtet Euch nicht, ihn anzufassen; es wird nicht die erste Leiche sein, die Ihr mit unter die Erde bringen helft.«
    »Er ist noch ganz warm«, sagte Jones, während er schaudernd dem Befehle gehorchte; – »am Ende lebt er gar noch?«
    »Unsinn«, sagte Ben lachend, »wer Kellys Messer einmal geschmeckt hat, braucht keine Medizin weiter. – Warum soll er denn auch schon kalt sein? Er ist ja kaum eine Stunde tot.« Sie faßten den vermeintlichen Leichnam und trugen ihn an die Grube. – Jones, der die Schultern hob, rutschte dabei aus und fuhr in die frischaufgeworfene Erde, so daß er den Oberkörper des Iren loslassen mußte, der allein in sein Grab hineinglitt. Jetzt war auch der Augenblick erschienen, wo er handeln oder verderben mußte; denn noch sah er sich unentdeckt. Zwar zuckte er zusammen, als ihn jener fallen ließ, und griff fast unwillkürlich mit den Armen aus, sich zu schützen, doch die Dunkelheit der Nacht verhinderte Ben daran, es zu sehen. Er fühlte wohl das Zucken, schrieb es jedoch dem Übergewicht des schweren Körpers zu und ließ jetzt die Beine ebenfalls hinab, um die Erde wieder einzuwerfen und die Arbeit zu beenden. Die erste Scholle fiel auf den entsetzten Iren. – Sprang er auf und floh er, so war sein Verderben fast gewiß. Die Männer hätten ihn nie fortgelassen, und einmal entdeckt, wußte er recht gut, daß er kein Erbarmen zu hoffen habe. Blieb er aber liegen, so war er in wenigen Minuten lebendig begraben. – Nur eine Möglichkeit auf Rettung sah er noch; Jones' Worte erweckten einen neuen Gedanken in ihm. Sobald sie ihn für noch nicht tot hielten, begruben sie ihn auch nicht, und in solcher Dunkelheit brauchte er kaum zu fürchten, gleich entdeckt zu werden. Auf jeden Fall gewann er dadurch Zeit, und das war ihm jetzt, das sichere Verderben vor Augen, alles.
    Der zweite Spaten voll Erde fiel auf ihn nieder, und er stöhnte laut.
    »Herr Jesus!« schrie da Jones, erschreckt zurückfahrend. »Habe ich's Euch nicht gesagt? Der lebt noch; – beinahe hätten wir ihn lebendig verscharrt.«
    »Hm«, brummte Ben und hielt mit dem Schaufeln ein; »wäre auch noch kein so fürchterlicher Verlust gewesen; aber was, zum Donnerwetter, fangen wir denn da –«
    Ein ferner Schuß unterbrach hier seine Worte. Er sprang wenigstens, als er den Knall vernahm, rasch empor und horchte hoch auf. Ein scharfer Pfiff – das wohlbekannte Zeichen der Bande wurde in demselben Augenblick laut und schien sich mit Blitzesschnelle am ganzen Ufer hin fortzupflanzen.
    »Das ist Teufelsbill! – Bei Gott!« rief der Pirat und schwenkte jubelnd den Hut. – »Hurra, da gibt's frische Beute. Jetzt aber – alle Wetter! Den Kadaver hätte ich bald vergessen. Jones, scharrt ihn einmal wieder aus und seht, was Ihr mit ihm anfangen könnt. – Ich bin gleich wieder da und will nur einmal nach dem Boot oben springen, daß die Burschen ihre Schuldigkeit tun.«
    »Aber, bester Sir«, rief Jones ängstlich, »ich soll doch nicht –«
    »Tut, beim Teufel, was man Euch sagt, und rührt Euch nicht von der Stelle!« rief Ben drohend. »In zwei Minuten bin ich wieder da.« Und ohne Bens Widerspruch weiter zu beachten, warf er den Spaten hin und sprang im nächsten Augenblick über den neben ihm liegenden Stamm hinweg, dem Orte zu, wo des Iren Boot angebunden lag.
    O'Toole wußte jetzt aber, daß für ihn der einzige, vielleicht letzte Moment zum Handeln gekommen sei, und er war nicht der Mann, der den unbenutzt hätte vorübergehen lassen. »Hilfe!« stöhnte er mit halbunterdrückter Stimme leise und kläglich. – »Hilfe! – Ich – ich ersticke!«
    »Ei, so wollt ich denn doch« murmelte Jones vor sich hin, während er in die Grube sprang, den Iren unter die Arme faßte und mit äußerster Anstrengung seiner Kräfte emporhob, »daß den verdammten Wassertreter der Teufel hole! – Läßt mich hier mit dem – schweren – Burschen – Herr Gott, hat der Mensch ein Gewicht – ganz allein. So, Sir, könnt Ihr das eine Bein heben? – Ich will Euch nur für jetzt – alle Wetter, Ihr seid ja ganz kräftig auf den Füßen was ist denn d—«
    Er hatte alle Ursache, erschreckt zu sein, denn der vermeintlich schwer Verwundete, den er aus der Grube mit emporheben half, richtete sich plötzlich und anscheinend mit aller Leichtigkeit auf, faßte, ehe der zu Tode Erschreckte auch nur einen Hilfeschrei ausstoßen konnte, diesen mit der Linken und schlug ihn im nächsten Augenblick mit der

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