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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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können, – stellte er sich zur Wehr, er war fast unbewaffnet, die Feinde dagegen sicher mit Messern und Pistolen versehen, so war er gleichfalls verloren. Endlich beschloß er, sich zu stellen, als ob er schlafe; sie mußten dann wenigstens glauben, daß er nichts von ihrer Unterhaltung gehört habe, und versuchten in diesem Falle vielleicht selber, ihn so schnell wie möglich wieder fortzubringen.
    Das waren etwa die Gedanken, die ihm pfeilschnell durchs Hirn schossen. Bens nächste Worte teilten ihm aber nicht allein eine andere Rolle als die eines Schlafenden zu, sondern ließen ihn auch die Gefahr ziemlich deutlich ahnen, in welcher er sich befand.
    »Seeschlangen und Meerwölfe!« rief Ben, während er heruntergriff und den Arm des Reglosen erfaßte. – »Soll mich dieser und der holen, wenn die verdammten Halunken nicht Tusk hierher geschleppt und liegengelassen haben. – Hol doch der Teufel das faule Zeug! – Nicht einmal zu dem Ort ihn hinzutragen, wo wir ihn einscharren wollen. Ei, da mag er zum Donnerwetter auch hier liegenbleiben; 's ist weit genug vom Lager, und er schläft hier ebensogut wie hundert Schritt weiter oben.« Damit warf er das Werkzeug, das er trug, neben dem vermeintlichen Leichnam von der Schulter nieder und fing an, die Erde mit der schweren Hacke aufzuschlagen.
    »Dann will ich unterdessen hingehen und einmal zusehen, ob nicht irgendwo hier oben ein Boot befestigt ist«, sagte Jones; – »so lautete ja Kellys Befehl.«
    »Ja und mich hineinsetzen, nicht wahr? Und ruhig den Strom hinabrudern?« äffte ihn der wilde Bootsmann nach, während er mit der Hacke auf den Boden stampfte. »Ei, zum Tenfel, Sir, Ihr müßt uns doch hier für gotteslästerlich dumm halten, daß Ihr uns auf solche erbärmliche Art anzuführen gedenkt. Ihr bleibt hier; die Ursache, weshalb Ihr mir zur Gesellschaft mitgegeben seid, ist, das Grab schaufeln zu helfen und nachher des Irländers Boot aufzuspüren und den Burschen abzufangen, – wenn wir ihn erwischen, heißt das. Also greift zu, wenn's gefällig ist, und glaubt nicht, daß Ihr mich von der rechten Fährte durch irgendeinen Seitensprung abbringt.«
    Damit warf er dem kleinen Manne den Spaten zu und bedeutete ihm, die Erde aus-, aber nicht zu weit fortzuwerfen, damit sie dieselbe zum Aufhäufen gleich wieder bei der Hand hätten. O'Toole zitterte an allen Gliedern. – Dicht neben ihm wurde ein Grab gegraben, in das er lebendig hineingeworfen werden sollte, sobald er nur regungslos liegenblieb, und zeigte er, daß er noch lebe, so war sein Tod ebenfalls gewiß. Er war verraten, soviel sah er ein. Aber durch wen? Und wie konnte die Botschaft schon an diesen von Helena so entfernt gelegenen Punkt gelangt sein? Hatte er nicht die ganze Zeit aus Leibeskräften gerudert und seinen Entschluß, hier herabzugehen, erst kurz vor seiner Abfahrt irgendeinem Menschen und dann natürlich nur lauter Freunden mitgeteilt? Es blieb ihm aber keine Zeit zu langen Betrachtungen; die Gefahr lag hier zu fürchterlich nahe, und jede ausgeworfene Erdscholle brachte ihn seinem Geschick näher.
    Das einzige, was ihn möglicherweise retten konnte, war ein schneller Entschluß. – Er wollte emporspringen, und die Männer, die ihn jetzt noch für irgendeinen Erschlagenen hielten, waren vielleicht im ersten Augenblick so überrascht, daß er, ehe sie sich ermannten, sein Boot wieder erreichen konnte. Der eine schien überdies, soviel sich in der Dunkelheit erkennen ließ, klein und schwächlich, und den anderen hätte im schlimmsten Falle, ehe er ihm selbst gefährlich wurde, ein Messerstich unschädlich gemacht. Vorsichtig griff er also, um sich durch keine Bewegung zu verraten, nach dem scharfen Stahl, zog ihn leise aus der Scheide und bog sich langsam auf die linke Seite hinüber – er hatte sich die Richtung, von der er gekommen war, ziemlich genau gemerkt, und an rasche Verfolgung war dorthin überhaupt nicht zu denken. – Einmal dann im Nebel wieder auf dem Strome, hätte ihn auch nur der Zufall seinen Verfolgern verraten können. Der eine der Männer stand nur jetzt gerade zwischen ihm und dem Stamm, über den er zuerst wegsetzen mußte. Den Raum wollte er erst noch frei haben, ehe er den Angriff wagte. Es war Ben; er hatte die Hacke beiseite geworfen und den zweiten Spaten in die Hand genommen, der dort lag. Jetzt trat er wieder zurück auf seinen früheren Platz, und jetzt war auch der einzige, vielleicht letzte Augenblick gekommen. »Ben?« rief da plötzlich eine

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