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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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vor mir selbst und aus diesem Gewirr, das mich zu erdrücken droht?«
    »Du willst fort, Georg?« rief sein Weib und blickte erstaunt zu ihm empor. »Wir wollen alles verlassen, ohne Abschied hier von allen scheiden, die uns lieben?«
    »Alles, – alles mußt du verlassen, wenn du mich liebst, wenn du mich retten willst«, drängte ihr Gatte; »an deinen Lippen hängt jetzt mein Geschick; Tod oder Leben bindet sich an ihren Spruch. – Hedwig, du ahnst nicht, wie glücklich, – wie elend du mich mit wenigen Worten machen kannst.«
    »Und Adele?« fragte Mrs. Dayton, schon halb besiegt.
    »Bleibt hier. – Ihr mag das Haus gehören und alles, was wir zurücklassen. Ich habe genug für uns und führe dich dem Überflusse entgegen.«
    »Aber jetzt, Georg? Wie soll ich alles packen und besorgen, was nur du lieber Gott, es ist ja gar nicht möglich, ich brauchte wenigstens acht Tage, ehe ich daran denken könnte.«
    »Hedwig, willst du mir folgen?« rief der Mann, und seine Stimme, sein ganzer Körper zitterten vor wilder, innerer Bewegung. »Noch kannst du mich der Liebe, dem Leben erhalten. – Ja, Hedwig, mein Leben vielleicht hängt an dem Ausspruch deines Mundes, – meine und deine Seligkeit. Willst du mir folgen, oder mich mit dem Verderben im Herzen allein in die kalte Welt hinausstoßen?«
    »Georg!« rief Mrs. Dayton erschreckt, und ihr Blick haftete angstvoll an dem des Geliebten. »Georg, um Gottes willen, was redest du da für Worte? Dich allein hinausstoßen? Heiliger Gott, wenn du mich lieb hast, sprich! – Was ist geschehen?«
    »Ich muß fort«, flüsterte der Richter, und sein Blick wandte sich erschüttert von ihr ab; – »die fürchterlichste Gefahr schwebt über meinem Haupte. – Du, du allein kannst mich jetzt noch retten. – Willst du mir folgen, Hedwig!« –
    »In den Tod, Georg! – Wohin du mich führst!« – rief sie aus und warf sich an seine Brust. »In Mangel und Elend! Nur nicht – nur nicht getrennt von dir!«
    Lange Minuten hielten sie sich so fest umschlungen, dann richtete sich der Squire langsam auf und flüsterte, ihre Stirn noch leise mit einem Kuß berührend: »Dank, Geliebte, Dank, innigen Dank! – Aber jetzt eile dich auch, mein süßes Kind; das wenige, das du mitnehmen mußt, kann bald geordnet sein. Ich selbst schicke Bolivar voraus und lasse den Kapitän des ›Van Buren‹ bitten, noch einige Minuten auf uns zu warten. Cäsar und Nancy mögen inzwischen hinabtragen, was du ihnen gibst, und die nächste Stunde finde uns fern von hier, neuem Leben, neuer Freiheit entgegeneilend.«
    Er trat jetzt rasch an seinen Sekretär, aus dem er mehrere fest versiegelte Briefe und Pakete nahm, die er in den nicht weit entfernten Kamin warf. – »So«, sagte er, »diese Papiere mag die Glut zerstören, und hiermit reiße ich mich von der Vergangenheit los. Diese Brieftasche bewahre du mir; sie enthält, was ich an eigenem Vermögen mein nennen kann. Jetzt muß ich dich für wenige Minuten verlassen; noch bleiben Anordnungen zu treffen, die ich nicht versäumen darf. Du aber, meine Liebe, rüste dich schnell und bald! In kurzer Zeit kehre ich zu dir zurück, um mich nie wieder von dir zu trennen.«
    Noch einen Kuß drückte er auf ihre Lippen, schob sie dann leise von sich und verließ rasch das Zimmer, während Hedwig sich kaum einreden konnte, daß sie wache, und das Ganze sei nicht ein wilder, wirrer Traum gewesen. Dennoch packte sie die wenigen Gegenstände, die sie auf einer nur etwas ausgedehnten Reise brauchte, in einen kleinen Koffer, und dann schrieb sie mit tränenumdunkelten Augen den kurzen Abschiedsgruß an die Schwester. Mit ängstlich klopfendem Herzen harrte sie jetzt der Rückkehr des Gatten, um Helena und alles, was ihr sonst noch hier lieb geworden war, für immer zu verlassen.
    Der fremde Neger verließ inzwischen, ein kleines wohlverschlossenes Mahagonikästchen unter dem Arm tragend, das Haus und schritt dem Dampfboote zu, auf dem die zweite Glocke das Signal zur baldigen Abfahrt läutete.

Kapitel 34
    Vor dem Union-Hotel der guten Stadt Helena war es an diesem Morgen wie ausgestorben. Einige Pferde standen allerdings an dem Reck und ließen, unmutig ob des langen Wartens, die Köpfe hängen oder blickten schläfrig zur Seite nach den Hausschwalben, die sie in kreisenden Zügen umschwärmten, um Moskitos und andere in ihre Nähe gezogene Insekten wegzufangen. Aus der Einfriedigung aber, die des Wirtes eigenen Tieren und denen seiner Gäste gewöhnlich zum

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