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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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dem sie noch weit höheren Glanz verlieh, und drang wie ein neugieriges Kind in alle Winkel und Ecken. Dort aber, an dem einen Fenster, wo sich ihre Strahlen erst sanft und leise durch blühende Myrten- und Rosenstöcke stahlen, die Orangenblüte küßten und die sanfte Vanille und einen purpurnen Schein um die blauroten Glocken der prachtvollen Fuchsie zogen, da ruhten sie auch noch um so friedlicher und lieber auf dem freundlichen Plätzchen der Herrin vom Hause: auf dem weichgepolsterten Stuhl und dem kleinen zierlichen Mahagoni-Nähtisch, auf den Strick- und Arbeitskörbchen und dem kleinen eingespannten Stickrahmen. Selbst nach der zierlichen Fußbank blinzelte ein etwas gar zu geschäftiger Strahl hinab, und von Blumen und grünem Laub umgeben, auf dem noch die klaren Perlen des Frühtaues blitzten und funkelten, lag ein Zauber über dem Ganzen, der nicht beschrieben, der nur gefühlt und empfunden werden konnte. Und in diesem Kreise häuslicher Glückseligkeit und Ruhe stand die dunkle, ernste Gestalt des Mannes, der ihn zum Paradies hätte schaffen können, wie der vernichtende, starre Todesengel, die Faust schon zum letzten fürchterlichen Schlage erhoben. Sein Auge aber, das immer wilder und ängstlicher den Raum überflog, haftete endlich fast unwillkürlich an dem Bild seines Weibes, das neben dem seinen dort drüben hing. Das waren die sanften Engelszüge des holden Angesichts, die mit freundlichem Lächeln zu ihm herüberblickten; das war das treue, dunkle Auge, das ihm damals Liebe – Liebe, wie sie nur das Weib gewähren kann, geschworen, und ihren Schwur nie – noch nicht durch Gedanken oder Wort gebrochen hatte. –
    Und er?
    Starr und regungslos stand er dort, seine Hände hatten sich krampfhaft geballt, und alles um ihn her schien sich plötzlich im tollen, wirren Kreise mit ihm zu drehen. Da rang sich das Herz noch einmal frei, einmal noch tauchte es auf aus Sünde und Verbrechen; die Zeit kehrte vor sein inneres Auge zurück, wo er zuerst die holde, züchtige Jungfrau gesehen und um sie geworben hatte. Was hatte er ihr damals gelobt, welche Schwüre hatte er der hold Errötenden in das Ohr geflüstert! Und jetzt – jetzt? War er nicht hierhergekommen, um diesen Raum auf immer zu meiden? War er nicht hierhergekommen, um die zu verlassen, die kein Glück weiter kannte als das, was sie an seiner Seite, in seiner Liebe fand? Wollte er nicht mit roher Hand das Band zerreißen, das in dem Herzen seiner Gattin die festen, unzerreißbaren Wurzeln geschlagen hatte? Der Gedanke an alles, was sie ihm bisher gewesen, so lange und gewaltsam zurückgehalten, stürmte da mit ganzer vernichtender Kraft auf ihn ein.
    »Hedwig – Hedwig!« stöhnte er.
    Da vernahm er auf der Treppe leichte Schritte. – Sie war es selbst, und kräftig zwang er den Schmerz hinein in sein altes Bett. – Die Züge nahmen wieder ihren starren Ernst an, nur die Augen lagen noch hohl und glanzlos in ihren Höhlen, und seine Wangen waren bleich und gefurcht.
    »Georg!« rief die junge, schöne Frau, als sie in die Tür trat und freudig erstaunt den ferngeglaubten Gatten erkannte. »Georg, Gott sei gedankt, daß du wieder bei mir bist! Ach, Georg, ich kann dir gar nicht sagen, wie beengt mir das Herz war, als du heute fortgingst.«
    »Närrisches Kind«, sagte der Squire, und ein mattes Lächeln zuckte um seine Lippen, »mußt dir nicht unnötige Sorge um mich machen; es gibt Leid genug in der Welt; – wir sollten es nicht bei den Haaren herbeiziehen.«
    »Tue ich denn das?« flüsterte Hedwig bittend. – »Sieh nur einmal, Georg, sieh nur, wie bleich und angegriffen du aussiehst! – Habe ich da nicht Ursache, besorgt zu sein?«
    Sie zog.ihn mit leiser Hand vor den breiten Spiegel, der zwischen den beiden Fenstern befestigt war, und Daytons Blick fiel auf das Glas; rasch aber wandte er sich ab; – sein eigenes Antlitz neben dem ihren, der Gegensatz war zu fürchterlich. Da waren rasche Hufschläge auf der Straße zu hören. Mrs. Dayton wandte sich unwillkürlich dorthin, und beide riefen im gleichen Moment überrascht aus: »Adele!«
    Und wahrhaftig hatten sie Ursache, erstaunt zu sein; denn auf schnaubendem Rappen, das Köpfchen gegen den scharfen Luftzug niedergebogen, den Sonnenbonnet mit der Linken haltend, während sie mit der Rechten die Zügel des feurigen Tieres regierte, flog Adele in sausendem Galopp vorbei, und kaum war der Ruf ihren Lippen entflohen, so verschwand auch schon die wilde Reiterin um die nächste, dem

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