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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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komme dann selbst hinunter.«
    Mrs. Breidelford hatte die letzten Worte schon gar nicht mehr gehört, packte nur den unten an der Treppe stehenden Mulattenknaben am Handgelenk fest und zog den Überraschten, der ängstlich nach seinem Master zurückblickte, mit sich fort, der Haustür zu. Mr. Dayton sagte ihm aber lachend, er solle nur getrost folgen, und die beiden verschwanden gleich darauf durch die Haustür, der bedrängten Wohnung einer »armen, verlassenen Witwe« zu Hilfe zu eilen.
    »Aber, bester Mr. Smart«, sagte jetzt Mrs. Dayton, während sie ans Fenster trat und der Frau besorgt nachsah, »wenn Sie doch nur wenigstens die Fremde angeredet hätten, die an Mrs. Breidelfords Tür einen Schlüssel probierte.«
    »Das wäre allerdings ein schwieriges Stück Arbeit gewesen«, lächelte der Yankee und rieb sich vergnügt die Hände. »Mrs. Breidelford ist auf einer wilden Gänsejagd, das heißt, sie wird sich außerordentliche Mühe geben, jemanden zu finden, der gar nicht existiert.«
    »Nicht existiert?« rief Adele verwundert, und James, der den Yankee von früher kannte, lachte laut auf. – »Nicht existiert? Die Frau, die Sie gesehen haben –«
    »Ich habe keinen Menschen gesehen«, erwiderte Jonathan, während er seinen verlassenen Sitz einnahm und Mrs. Dayton die geleerte Tasse so ruhig zum Wiederfüllen hinüberreichte, als ob hier nicht das mindeste Außergewöhnliche vorgefallen wäre.
    »Und die Frau mit dem Schlüssel?« rief lächelnd Squire Dayton.
    »War der beste Einfall, den ich je gehabt habe«, bemerkte der Yankee, ohne eine Miene zu verziehen. »Mrs. Breidelford hätte uns sonst noch den ganzen Abend Selbstbiographien und geschichtliche Abrisse aus dem Leben ihres ›lieben seligen Mannes‹ zum besten gegeben.«
    Hätte die arme, in Schweiß fast gebadete Mrs. Luise Breidelford das Gelächter hören können, das in diesem Augenblick die Spiegelfenster des kleinen freundlichen Zimmers erzittern ließ, und die Ursache desselben gewußt, ihr Zorn hätte keine Grenzen gekannt. Unaufhaltsam stürmte sie, den unglücklichen Mulattenknaben im Schlepptau, der eigenen bedroht geglaubten Wohnung zu, und geheimnisvolle, düstere Worte waren es, die sie dabei vor sich hinmurmelte.
    Die kleine, jetzt von ihrer lästigen Gegenwart befreite Gesellschaft rückte indessen in der besten Laune von der Welt dichter um den Tisch herum, und selbst James verlor zum großen Teil seine frühere Scheu. Die allgemeine Fröhlichkeit hatte ihn den Frauen nähergebracht, und er gestand nun in aller Unschuld, daß er zu Tode erschrocken sei, als Mrs. Breidelford die Einladung, die doch eigentlich nur den beiden Damen des Hauses gegolten, so ganz ohne weiteres auf sich bezogen und angenommen habe. »Daheim«, sagte er, »werden sie schön schauen, wenn sie ihre Drohung wahr macht; denn böse Geschichten sind es, die über die Frau erzählt werden.«
    »Weiß auch der liebe Gott, wie wir zu der Ehre ihres Besuches kommen«, meinte Mrs. Dayton. »Das ist nun schon das dritte Mal, daß sie uns aufgesucht hat und bis spät in die Nacht dableibt, ohne daß wir je einen Fuß über ihre Schwelle gesetzt oder sie auch nur gebeten hätten, ihren Besuch zu wiederholen. Was will ich aber machen? Sie kommt, setzt sich her, quält uns stundenlang mit ihren schrecklichen Erzählungen und borgt beim Weggehen gewöhnlich noch eine Menge Kleinigkeiten, wie Nadeln, Seide, Stückchen Leinenzeug oder Küchengeschirr und sonstige Sachen, die sie ebenso regelmäßig wiederzuschicken vergißt.«
    »Ich kann wohl gestehen«, sagte Smart, »daß ich erstaunt war, sie hier in Ihrer Gesellschaft zu finden. Mrs. Breidelford genießt in Helena nicht einmal mehr einen zweideutigen Ruf, und das will viel sagen. Die wirklich wenigen Guten, die noch hier sind, haben sich nicht allein von ihr zurückgezogen, sondern ihr sogar das Haus verboten. Auch Mrs. Smart hatte eines schönen Morgens ein sehr lebhaftes und für Mrs. Breidelford keineswegs schmeichelhaftes Gespräch mit dieser Dame, das seitens meiner Frau von dem oberen, seitens jener Lady von dem unteren Teil der Veranda geführt wurde, zu welchem sie durch den Neger aus dem Hause begleitet worden war. Allerdings behauptete in diesem Zungenkampf Mrs. Breidelford das Feld, denn sie wurde von einem sehr großen und sehr zerlumpten Teil des jungen Helena unterstützt und verblieb noch mit eingestemmten Armen und äußerst roten Gesichtszügen eine ganze Weile auf ihrem eingenommenen Posten,

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