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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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– nein – im Leben nicht«, und seine Hände griffen vergebens nach ihrem früheren, im Eifer des Gesprächs verschmähten Anhaltepunkt.
    »Mr. Smart soll aber schon Verse gemacht haben«, sagte Mrs. Dayton und suchte durch diese Wendung dem armen Burschen aus der Verlegenheit zu helfen.
    Jonathan Smart blickte Mrs. Dayton von der Seite an.
    »Ein Yankee und Verse machen?« sagte er endlich schmunzelnd und nahm sein linkes Knie zwischen beide Hände. »Prächtige Idee das. Nein, Mrs. Dayton, damit befasse ich mich weniger; Verse bringen nichts ein. Und doch – so komisch Ihnen das auch vorkommen mag, ich habe wirklich einmal ein Gedicht gemacht, und zwar an meine Alte, als wir noch Brautleute waren.«
    »O bitte, bitte, Mr. Smart, das Gedicht müssen Sie uns einmal zeigen«, bat Adele. »Ich lese so ungemein gern Gedichte.«
    »Und solche besonders«, lächelte der Wirt, »nicht wahr, wo man sich vor Lachen dabei recht ausschütten kann? Ih nun, wenn ich es noch hätte, wäre mir's recht. – Später mußte ich selbst darüber lachen.«
    »So haben Sie es vernichtet?«
    »O nein, im Gegenteil, das ist in den Händen derjenigen, an die es gerichtet war.«
    »In Mrs. Smarts Händen?«
    »Zu dienen, und wird jetzt etwa in derselben Art wie die schlecht geschleuderten Wurflanzen der Indianer von der nämlichen Person, den oder die es hätte treffen sollen, als Waffe gegen den Absender gebraucht.«
    »Das ist ein Rätsel«, sagte Mrs. Dayton.
    »Aber leicht zu lösen«, fuhr der Yankee fort. »Ich machte nämlich in einer ungewöhnlich schwärmerischen Stunde – nicht wahr, Mr. Lively, Sie haben deren auch manchmal? – ein Gedicht auf die damalige Miß Rosalie Heendor. Darin pries ich denn, wie das in solchen Gedichten gewöhnlich geschieht, nicht allein ihre unvergleichliche Schönheit und Liebenswürdigkeit, wobei ich die einzelnen Reize unter den Rubriken Alabaster, Perlen, Elfenbein, Sterne, Sammet, Rosen Veilchen usw. besonders aufführte, sondern ich bekannte auch mit einer wirklich alles hintenansetzenden Bescheidenheit und – Unvorsichtigkeit – meinen eigenen Unwert, ein solches Ideal zu besitzen; hielt aber am Schluß nichtsdestoweniger sehr ernstlich um dessen Hand an. So weit ging die Sache gut; Miß Rosalie war nicht von Stahl und Jonathan Smart damals noch ein ganz reputierlicher junger Bursche, der seine sechs Fuß zwei Zoll in seinen Strümpfen stand. Mehrere Jahre hatten wir auch ruhig und vergnügt miteinander gelebt, und mir war das Gedicht und dessen Inhalt natürlich ganz und gar entfallen. Da geschah –«
    »Ein Brief an Squire Dayton«, sagte Nancy, die in diesem Augenblick die Tür öffnete und ein leicht zusammengefaltetes Papier hereinreichte.
    »Wer hat es gebracht?« fragte der Squire.
    »Der Mailrider«, erwiderte die Mulattin, »er sagte, es hätte Eile!«
    Squire Dayton öffnete das Schreiben und drehte sich damit nach dem Licht herum, um es besser lesen zu können; Jonathan aber, der während der Unterbrechung einen Augenblick stillgeschwiegen hatte, fuhr jetzt ruhig in seiner Erzählung fort, und zwar, nach seiner gewöhnlichen Art, gleich mit dem Wort, bei welchem er stehengeblieben war:
    »– es einst, daß Mr. und Mrs. Smart, wie das bei Eheleuten wohl manchmal vorfällt, einen kleinen Wortwechsel hatten, in welchem der Gentleman seiner Lady hinsichtlich ihrer persönlichen Eigenschaften einige vielleicht nicht gerade schmeichelhafte Bemerkungen machte. Darauf schien diese übrigens vorbereitet; denn plötzlich und ohne alle vorherige Warnung tauchte jetzt nichts anderes als das längst verjährte Gedicht auf, und mit lauter, ja immer lauterer Stimme, je mehr ich dagegen protestierte, wurde mir der mit meinen gerade gebrauchten Worten allerdings etwas im Widerspruch stehende Inhalt triumphierend vorgelesen. Diese Szene hat sich seitdem einige Male wiederholt, und wenn man nach derartigen Erfahrungen berechtigt ist, die Jugend zu belehren und vor Mißgriffen zu warnen, so möchte ich dem hier anwesenden jungen James Lively allerdings sehr dringend empfehlen, keine Gedichte solchen Inhalts der jungen Dame zu übersenden, die er dereinst als ehrbare Hausfrau heimzuführen gedenkt. Schon gewählt?« Und die Frage traf den, an den sie gerichtet war, so plötzlich, daß er erschrocken auf seinem Stuhl zusammenfuhr. Mr. Dayton selbst ersparte ihm aber diesmal eine Antwort; denn er stand schnell auf, ging zum Fenster und blickte hinaus, sah nach der Uhr und sagte dann: »Liebe Frau,

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