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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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ich bekomme hier eben höchst fatalerweise einen Brief, daß ich heute abend noch einen Schwerkranken besuchen muß.«
    »Hier in Helena?« fragte Mrs. Dayton besorgt.
    »Nein, leider nicht«, sagte der Squire, »zehn Meilen im Lande drin. Da werde ich denn allerdings vor morgen früh, wenn das überhaupt der Zustand des Patienten erlaubt, nicht wieder hier sein können. Höre, Nancy, sage doch Cäsar, daB er mein Pferd sattelt und aufzäumt.«
    Mrs. Dayton seufzte tief auf. »Ach, George«, flüsterte sie traurig, »es ist ja wohl recht gut für dich, daß deine Fähigkeiten so in Anspruch genommen werden, aber ich weiß nicht, ich wollte doch, du könntest ein wenig mehr zu Hause bleiben. Die häufigen Nachtritte müssen ja auch deine eigene Gesundheit ruinieren.«
    »Sei unbesorgt«, lächelte der Gatte und zog den Oberrock an, den auf seinen Wink Nancy unterdessen gebracht hatte. »Schaden tut es mir sicher nicht, aber ich bliebe auch lieber bei euch; doch was will ich machen? Soll ich die Kranken, die mir nun einmal vertrauen, in Angst und Sorge liegen lassen, weil ich mich nicht gern in meiner Bequemlichkeit gestört sähe? Mir tun sie leid, die Armen, da ja überhaupt die Heilkunde des ganzen Staates fast nur in den Händen von Quacksalbern ist.«
    »Da hat der Squire wohl recht«, sagte Jonathan, »eine Wohltat ist es, für die man nicht genug dankbar sein kann, wenn man imstande ist, einen ordentlichen Arzt zu bekommen. Doch, aufrichtig gesagt, möchte ich der nicht sein, der nie weiß, ob er sich am Abend ruhig in sein Bett legen kann oder nicht. Mit der Bezahlung dafür sieht es nachher auch immer windig genug aus. – Wer ist denn krank?«
    »Der Deutsche, der sich erst vor kurzem dort angesiedelt hat«, sagte der Richter, »Brander heißt er, glaube ich.«
    »Aha – kaltes Fieber wahrscheinlich; nun, das ist nicht so gefährlich. Doch ich höre das Pferd unten kommen; also, Ladies, ich werde mich jetzt ebenfalls empfehlen. Mr. Lively, gehen Sie auch mit, oder bleiben Sie noch bei den Damen?«
    »Nein, bewahre«, – sagte James schnell und erschrak doch auch gleich darauf wieder über die Ungezogenheit. – »Es wird sonst zu spät. – Reiten wir einen Weg, Mr. Dayton?«
    »Schwerlich«, erwiderte der Richter, während er sich den linken Sporn anschnallte, – »ich reite den Fußpfad, der nach Bailys hinüberführt. Es ist etwas näher.«
    »Da müssen Sie aber durch den Sumpf unten«, sagte James. »Das ist ein Weg, wo man jetzt kaum am hellen Tag durchkommt.«
    »Hat nichts zu sagen«, lächelte der Squire, »ich kenne da jeden Zoll Landes und habe mir erst neulich das überhängende Rohr ein bißchen aus der Bahn gehauen. Also gute Nacht, Kinder, gute Nacht. Morgen früh, hoffe ich, trinken wir wieder zusammen Kaffee, und dann kann ich mich ordentlich ausruhen.«
    »Ladies«, sagte Lively und machte, ohne Adele dabei auch nur von der Seite her anzusehen, eine tiefe Verbeugung vor Mrs. Dayton, – »darf ich also den Eltern sagen, daß Sie morgen kommen werden?«
    »Das und noch viele, viele Grüße an die Mutter«, erwiderte Mrs. Dayton freundlich und reichte dem jungen Mann die Hand. Der drückte sie herzlich, ließ sie aber in aller Verlegenheit auch gar nicht wieder los, da er im Geist jetzt ebenfalls eine Anrede an Miß Adele vorbereitete. Mrs. Dayton mochte jedoch eine Ahnung von dem haben, was in James' Seele vorging, denn sie sagte lächelnd:
    »Und darf ich also Adele auch mitbringen?«
    James drückte ihr die Hand, daß sie hätte aufschreien mögen, fuhr dann aber schnell zurück und sagte, rot wie Blut:
    »Miß Adele wird sich freilich draußen gewaltig langweilen.«
    »Dann soll ich vielleicht hier bei Mrs. Breidelford bleiben?« fragte das schelmische Ding.
    »Miß! –« stotterte James.
    »Nun, wird's, Lively?« rief Smart schon von der Haustür aus; – »Euer Pferd steht auch hier.«
    »Wir kommen also beide, Mr. Lively, – bestimmt«, lächelte Mrs. Dayton, und James, dem Nancy indes seinen lang gesuchten Hut gebracht hatte, sprang mit einem fröhlichen »Gute Nacht zusammen!« die Treppe hinab und unten mit einem Satze in den spanischen Sattel des munteren Ponys, das ihn dort freudig wiehernd begrüßte.
    Wenige Sekunden später sprengten Dayton und Lively auf zwei verschiedenen Wegen fort. Smart aber drückte sich den Hut fest in die Stirn, schob beide Hände tief, tief in seine Beinkleidertaschen und schritt dann, höchst selbstzufrieden vor sich hinpfeifend, die Straße

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