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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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ein allzu straff angezogener Bogen muß am Ende erschlaffen. – Das waren seine eigenen Worte, Mr. Smart. Ach, Breidelford, sagte ich dann, du hast recht; – ich weiß es, ich kenne meine Schwäche; aber das Gedächtnis ist eine Gabe von Gott, und wem der es wieder nimmt, der darf sich nicht beklagen. Das wäre schlecht, Breidelford, sagte ich –«
    »– lud mich so freundlich ein, daß ich besonders nach dem, was heute vorgegangen ist, unmöglich nein sagten konnte«, fuhr Mr. Smart, ohne sich weiter irremachen zu lassen, in seiner begonnenen Rede, und zwar gegen Mr. Dayton gewendet, fort.
    »Was ist denn heute vorgefallen?« fragte Adele schnell. – »War wieder ein Streit im Ort? – Wir haben das Lärmen und Toben gehört, aber weiter noch nichts darüber erfahren.«
    Mrs. Breidelford setzte die schon erhobene Tasse wieder nieder und horchte aufmerksam der jetzt erwarteten Mitteilung.
    »Und hat Ihnen Squire Dayton gar nichts erzählt?« fragte der Yankee.
    »Nicht das mindeste«, riefen die drei Ladies wie aus einem Munde.
    »Nun, er hat mir einen Dienst geleistet«, sagte Jonathan Smart, »wie ihn ein Nachbar dem andern nur –«
    »Aber, bester Smart«, lächelte der Squire, – »Ich habe ja nur getan, was meine Pflicht als Friedensrichter dieses Ortes war.«
    »– zu leisten imstande ist«, fuhr Jonathan fort, – »er hat mir das Leben gerettet, indem er sich, die eigene Gefahr ganz außer acht lassend –«
    »Die Burschen hätten es nie zum Äußersten kommen lassen. – Sie rechnen mir die Sache wirklich zu hoch an.«
    »– einer Bande zu allem fähiger Bootsleute gerade entgegenwarf und sie davon zurückhielt, mich umzubringen und mein Haus niederzubrennen. Das ist das Kurze und Lange von der Geschichte.«
    Der Richter sah wohl ein, daß er den Wirt ausreden lassen müsse, und ergab sich lächelnd darein. Erst als dieser schwieg, erwiderte er dagegen: »Das aber erwähnen Sie nicht, daß Sie vorher mit wirklicher Lebensgefahr, als sogar einer der Buben schon auf Sie abdrückte, das Leben des armen Iren gerettet haben.«
    »Das muß ja heute schrecklich in Helena zugegangen sein« rief Mrs. Dayton entsetzt.
    »Heute nicht schlimmer als an vielen anderen Tagen auch« sagte der Wirt achselzuckend. »Helena ist nun einmal in dieser Hinsicht berühmt oder, besser gesagt, berüchtigt.«
    »Gerade was mein lieber seliger Mann immer sagte. Mr. Smart, – gerade dasselbe – Luise, sagte er, bleibe nicht in Helena wohnen, wenn ich einmal tot bin – ziehe fort von hier. Du bis zu sanft, du bist zu schwach für solch wildes Leben und Treiben; – du paßt nicht hierher in diese rohe Umgebung. – Der liebe Mann! – Und es ist wahr, ich habe es ihm auch noch auf dem Sterbebett versprochen, ich wollte fort. Breidelford, sagte ich ihm, stirb ruhig, ich gehe in den Norden, wenn du einmal nicht mehr bei mir bist, aber, du lieber Gott, eine arme, alleinstehende Frau, die kann ja nicht, wie sie wohl gern wollte. Man will ja doch leben, und hier, wo ich einmal notdürftig meine Nahrung habe, werde ich wohl bleiben müssen, denn ich sehe nicht ein, ob, wie und womit ich an einem andern Orte wieder beginnen könnte. Fleißig bin ich, das muß mir der Neid lassen. Mein lieber seliger Mann sagte immer, Luise, sagte er, du arbeitest dich noch tot – du bedenkst gar nicht, daß du zum zarten Geschlecht gehörst. Später wirst du es aber auch noch einmal einsehen, sagte er, wenn du deine Gesundheit ruiniert hast, und wenn ich nicht mehr bin. Sie glauben gar nicht, Mrs. Dayton, wie der Mann alles vorausgesehen und gesagt hat, – eine wahre Prophetengabe war es, es könnte einem jetzt beinahe noch die Haut schaudern, wenn man bedenkt, daß so etwas menschenmöglich ist. – Auch was mein Alleinwohnen anbetrifft, denken Sie sich nur, Mrs. Dayton, auch darüber hat er mir, noch eine Stunde vor seinem Tode, – ich sehe das liebe Herz noch mit seinem bleichen, eingefallenen Antlitz und den blauen Lippen vor mir liegen –, vieles gesagt und mich gewarnt, denn, Luise, sagte er –«
    »Ich hoffe doch, daß jetzt jemand bei Ihnen zu Hause ist?« fiel hier Mr. Smart schnell und, wie es schien, mit besonderer Teilnahme in die Rede.
    »Bei mir?« rief, von dem Ton und der Frage erschreckt, Mrs. Breidelford, während sie schnell von ihrem Sitz emporfuhr, »bei mir, Mr. Smart? Keine Seele ist zu Hause; denn den Deutschen, den ich bis jetzt für die grobe Arbeit bei mir hatte, mußte ich heute fortjagen, weil er einen

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