Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
Ton gegen mich – aber um Gottes willen, Sir, Sie machen ja so ein bedenkliches Gesicht. – Es ist doch nichts bei mir vorge— Mr. Smart, ich beschwöre Sie bei Ihrer männlichen Ehre –«
James Lively und Squire Dayton mußten ihre Stühle rasch zurückschieben, denn Mrs. Breidelford kam mit solcher Allgewalt hinter dem Teetisch vorgefahren, daß sie ihr kaum aus dem Wege rücken konnten. – Mr. Smart blieb jedoch ganz ruhig und sagte: »Ängstigen Sie sich doch nicht nutzlos, Madame, das, was ich gesehen habe, hat ja vielleicht –«
»Was um aller lieben Engel im Himmel willen haben Sie denn gesehen?« rief Mrs. Breidelford, die übrige Gesellschaft kaum mehr beachtend, in Todesangst.
»– gar nicht so viel zu bedeuten, wie Sie gegenwärtig zu glauben scheinen«, fuhr Smart in seiner Rede fort.
»Herr – Mensch, – Sie bringen mich noch zur Verzweiflung!« schrie Mrs. Breidelford mehr als sie rief und ergriff mit der Linken ihr Bonnet, das sie sich in Mißachtung jeder Fasson und Mode auf den Kopf stülpte, während sie mit der Rechten einen Knopf von Mr. Smarts blauem Frack zu erhaschen suchte. Diesem Angriff begegnete er jedoch dadurch, daß er ihre nach ihm ausgestreckte Hand erfaßte und herzlich schüttelte.
»Was haben Sie gesehen? So sprechen Sie doch nur in des Teu— in des lieben Himmels Namen!«
»Eigentlich gar nichts von Bedeutung«, erwiderte Smart, noch immer die einmal gefaßte Rechte der sonderbarerweise so in Eifer geratenen Frau nicht loslassend. – »Als ich vor etwa einer Viertelstunde an Ihrem Hause vorbeiging, stand jemand am hintersten Fensterladen und klopfte dort an. Wie wir uns nun so manchmal, wenn wir weiter nichts zu tun haben –«
»Und was machte der Mann weiter?« fragte Mrs. Breidelford ungeduldig.
»– um allerlei Sachen bekümmern, die uns sonst wenig interessieren würden, so blieb ich einen Augenblick stehen und sah, was dieser jemand, von dem ich übrigens keineswegs gesagt habe, daß es ein Mann gewesen wäre, im Gegenteil, es war eine Frau, – denn eigentlich wollte.«
»Eine Frau?« rief Mrs. Breidelford erstaunt.
»Der Laden blieb verschlossen«, erzählte der Yankee weiter, »und die Dame ging jetzt um das Haus herum, wobei ich mir ebenfalls die Freiheit nahm, ihr zu folgen. – An der Tür angelangt, probierte sie, nachdem sie auch hier einige Male angeklopft hatte, zwei verschiedene Schlüssel.«
»Ei, die Kanaille!« rief Mrs. Breidelford in höchster Entrüstung. »Und schloß sie auf?«
»Es tut mir wirklich leid, Ihnen das nicht genau sagen zu können, Madame. – Ich sah in diesem Augenblick nach meiner Uhr und fand, daß ich schon eine halbe Stunde später hier ankommen würde, als ich dem Squire versprochen hatte, ließ also die Dame bei ihrer, wie ich jetzt allerdings hoffen will, vergeblichen Bemühung.«
»Und Sie haben sie nicht gefaßt und den Gerichten übergeben?« rief Mrs. Breidelford in unbeschreiblicher Entrüstung, während sie in wilder Eile ihren Mantel umwarf, ihre große Arbeitstasche ergriff und überall im Zimmer noch nach einem andern Gegenstand suchte. – »Sie haben nicht nach Hilfe gerufen und die Diebin zu Boden geschlagen, die in friedlicher Leute Häuser bei Nacht und Nebel einbrechen wollte? – Sie haben –«
»Aber, beste Mrs. Breidelford«, fragte Adele besorgt, »was suchen Sie denn noch? – Kann ich Ihnen nicht helfen?«
»Nein, – mein Bonnet, beste Miß, – mein Bonnet«, sagte die Dame, während ihre Blicke von einem Ende des Zimmers zum andern flog.
»Ist auf Ihrem Kopf, – werteste Madame«, sagte mit freundlicher Verbeugung der Yankee.
»Gute Nacht, Mrs. Dayton! Gute Nacht, Mr. Lively! – Ach Squire, wenn Sie mir die Liebe erzeigen wollten, mit mir zu gehen!« – rief jetzt Mrs. Breidelford. – »Sie sind doch hier Friedensrichter, und wenn wirklich Diebe und Mörder –«
Der Richter machte eine Bewegung, als ob er der Bitte Folge leisten wollte, Smart schüttelte aber hinter Mrs. Breidelfords Rücken so angelegentlich und mit so komischem Ernst den Kopf, daß er, wenn das wirklich seine Absicht gewesen wäre, sie aufgab und, um die Dame zu beruhigen, sagte: »Recht gern würde ich mit Ihnen gehen, beste Madame; ich habe aber mit Herrn Lively noch ein wichtiges Geschäft abzumachen, das keinen Aufschub weiter leidet. Mein Bursche soll Sie jedoch begleiten, und wenn es nötig wird, dann rufen Sie doch gleich in meinem Namen den Konstabler und schicken mir jemanden her. – Ich
Weitere Kostenlose Bücher