Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
rief Cook. »Hat übrigens hier, wie ich kaum noch bezweifeln kann, der verdammte entsprungene Mulatte die Hand im Spiele, so sei Gott unseren Pferden gnädig; dann dürfen wir auch keinen Augenblick Zeit mehr verlieren.«
»In Nacht und Nebel wird Ihnen aber eine Verfolgung wenig nützen«, warf hier Sander ein, der bis dahin sinnend am Kamin gestanden hatte. – »Wäre es nicht besser, Sie warteten das Tageslicht ab und ritten dann gleich zum nächsten Richter, um die nötige Anzeige zu machen?«
»Und was sollte der uns helfen?« fragte der alte Lively verächtlich, während er aus Leibeskräften in den verkehrten Ärmel seiner Jacke fuhr. – »Wenn der was ausrichten wollte, müßte er uns doch immer wieder dazurufen. Nein, Jimmy, nach müssen wir, und das gleich. Bill soll die Pferde holen; glücklicherweise sind sie drüben über dem Bach im Schilfbruch, wo der Mulatte nicht sein kann, sonst hätten ihn die Hunde schon.«
»Jawohl, Lively hat recht«, sagte Cook. »Wir können ja, solange es dunkel ist, die Pferde an den Zügeln nehmen und vorsichtig am Bachufer hin suchen. Begreift Bohs erst einmal, was wir wollen, so hat es weiter gar keine Not.«
»Mit dem einen Hunde wird es freilich eine langwierige Geschichte werden«, meinte James. »Bohs kann doch bloß auf einem Ufer suchen und der Flüchtling indessen immer auf dem andern den Bach verlassen haben, wenn er, was überhaupt erst noch bewiesen werden muß, wirklich dem Wasserlauf gefolgt ist.«
»Gefolgt muß er ihm sein«, meinte Cook, »sonst hätten ihn die Hunde auf jeden Fall aufgespürt. – Wie dem aber auch sei, Glück gehört zu einer solchen Nachthetze. Bleiben wir jedoch ruhig im Hause, so können wir gar nicht erwarten, daß wir irgend etwas ausrichten; denn hierher kommt er nicht wieder. Also fort! Bill, hole uns die Pferde! – Die Sättel liegen dort in der Ecke. – Gehen Sie mit, Mr. Sander?«
»Ei, das versteht sich«, lachte der junge Mann, »bin ich auch kein so vorzüglicher Spürhund wie ein alter Pionier, so hoffe ich doch, meinen Mann zu stehen. Übrigens möchte ich Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, daß es doch vielleicht besser wäre, die Sache zuerst den Gerichten anzuzeigen; wir könnten ja nachher immer noch –«
»Wir wollen um Gottes willen die Gerichte nicht bemühen«, sagte James unwillig; – »jetzt haben wir auch wirklich gar keine Zeit mehr, an sie zu denken. Der Dieb ist noch dazu bewaffnet, und gut bewaffnet, denn Cooks Büchse schießt scharf, und da sind wir es sogar den Nachbarn schuldig, ihm wenigstens, wenn wir ihn wirklich nicht einholen könnten, doch so dicht auf den Fersen zu bleiben, daß er weiter keinen Schaden anrichten kann.«
»Ja, wahrlich, gut bewaffnet ist er«, – knirschte Cook zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor, indem er sich den breiten Ledergurt mit dem Jagdmesser umschnallte. »Gott sei ihm aber gnädig, wenn er mir unter die Hände fällt; das Eisen renne ich ihm zwischen die Rippen bis ans Heft.« Er sprang jetzt hinaus, um dem Sohn beim Einbringen der Pferde zu helfen, die mit solch nächtlichem Ritt keineswegs einverstanden schienen. Auch die Hunde kehrten nun nach und nach einzeln zurück, doch hatten sie sich zu schlecht bewährt, um großes Vertrauen beanspruchen zu können. Sie erhielten deshalb mit Wort und Peitsche gemessene Befehle, beim Hause zu bleiben, denn die Jäger fürchteten nicht ohne Grund, durch die vielen Nasen Unheil und Verwirrung anzurichten. Bohs blieb jetzt seines Herrn einzige Hoffnung; aber auch die war schwach genug, wenn er bedachte, wie unsicher eine solche Verfolgung sei; wußte ja doch der Hund nicht einmal, welches Wild er hetzen sollte.
Der alte Lively ging nun vor allen Dingen zum andern Haus, um seine Büchse von dort zu holen und Cook damit zu bewaffnen. Er selbst nahm ein leichtes Gewehr, das ebenfalls über dem Kamine lag und seines kleinen Kalibers wegen sonst nur zu Eichhörnchenjagden benutzt wurde. Sander bekam eine alte Schrotflinte, ebenfalls Cooks Eigentum, die dieser einmal von einem deutschen Krämer erhandelt hatte, und so bewaffnet begannen die Männer die Verfolgung des kühnen Diebes.
Das einzige, das ihnen jedoch nur eine Aussicht auf Erfolg versprach, war, gleich von Haus aus den klugen Hund auf die Fährte zu setzen, und dieser schien auch da recht gut zu begreifen, was er eigentlich sollte. Am Bach hörte aber auch jede Spur auf, und stromauf und -ab suchten sie nun mit ungeschwächtem Eifer, bis
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