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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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damit ich mir endlich beweisen kann, dass ich keine Mörderin bin!
    „Alles wird gut!“
    Jetzt wird sich alles aufklären. Endlich kann ich beweisen, dass Talvin existiert! Atemlos öffne ich die Tür, die in den Laden führt. Ich verharre auf der Schwelle, schließe die Augen und sauge die Gerüche Indiens tief in meine Lungen. Ich werde Talvin keine Szene machen, sondern ihn nur bitten, mich zu begleiten. Zu meinem Mann. Ich will reinen Tisch machen. Ich werde meinem Mann alles beichten. Ich war in einem Ausnahmezustand. Jetzt bin ich wieder ganz bei mir. Jetzt bleibe ich für immer bei meinem Mann!
    Eine dicke Inderin mit einem Kastenzeichen auf der Stirn sitzt im Sari an der Kasse und beobachtet mich argwöhnisch. Hinter ihr steht ein kleiner Flachbildschirm in einem Regal. Es läuft ein Bollywood-Film ohne Ton. Die Frau wird Talvins Mutter sein, denke ich und überlege den nächsten Schritt. Talvin hat mich noch nicht bemerkt. Er ist in der Zwischenzeit in den rückwärtigen Teil des Ladens gegangen, der im Halbdunkel liegt und stapelt Dosen mit Currypulver in die bereits übervollen Regale.
    „Talvin!“, rufe ich und als er seinen Namen hört, sieht er überrascht auf und seine dunklen Augen blitzen, aber er kommt nicht zu mir.
    „Ich bin’s. Adriana!“ Freudig schwenke ich meine Kamera, so als wäre sie das einzige Indiz, an dem er mich wieder erkennen müsste. „Was ist los mit dir?“
    Das Gesicht von Talvin ist im Schatten, denn er ist noch weiter in den dunklen Teil des Ladens zurückgewichen, als wäre er überrascht, mich zu sehen. Mit den Händen macht er eine abwehrende Bewegung, als ich näher komme und langsam verstehe ich. Er darf mich in Gegenwart seiner Mutter nicht berühren, geschwiege denn küssen, das wäre eine komplette Entweihung der Frau. So sind eben die gesellschaftlichen Spielregeln in Indien. Das hat er mir einmal erzählt. Aber jetzt habe ich keine Zeit, mich um die Etikette in Indien zu kümmern.
    „Mein Gott, wie bin ich froh, dich hier zu finden,“ sage ich und packe ihn am Arm, rede einfach weiter. „Du musst sofort mit mir kommen! Man glaubt mir nicht, dass du existierst. Man hält mich für verrückt, bloß weil ich vor fünf Jahren einmal eine Dummheit begangen habe. Deshalb soll ich wieder in eine Klinik. Du bist mir doch nicht mehr böse, weil wir uns getrennt haben? Ich habe dir doch erklärt, dass mir dieser Schritt nicht leicht gefallen ist.““
    Ich rede und rede und erst als ich Luft hole, fällt mir auf, dass Talvin bisher noch kein einziges Wort gesprochen hat. Das macht mich wütend. Er wird mir doch jetzt keine Schwierigkeiten bereiten, jetzt, wo ich ihn so dringend brauche!
    „Talvin! Du musst mitkommen! Ich bestelle uns ein Taxi. Wir fahren sofort zu Marion und erzählen ihr alles. Sie wird das ...“
    Für einen Moment bin ich unaufmerksam, weil ich mein Handy suche und diesen Augenblick nutzt Talvin, um sich von mir loszureißen und wieder nach hinten zu laufen. Doch ich erwische ihn noch an seinem weißen Kittel und er stolpert. Mit einem lauten Ratschen reißt der Ärmel ab und Talvin stürzt der Länge nach in ein Curryregal, das unter der Wucht seines Aufpralls krachend zusammenbricht. Im Fallen klammert sich Talvin reflexartig an ein seitlich stehendes Regal und reißt auch dieses um. Gläser mit Soßen und Gemüse zerspringen klirrend auf dem Steinboden, es herrscht das blanke Chaos.
    Talvin rappelt sich wieder hoch und dreht sich zu mir. Seine Augenlider flattern und seine Lippen zittern. Der Ärmel seines weißen Arbeitsmantels hängt halb abgerissen herunter und der Stoff ist über und über mit Gewürzstaub und Soßen bekleckert. Anklagend und aggressiv fährt er mit seinem Zeigefinger in meine Richtung, so als würde er mich gerne an die Wand nageln.
    „Ich kenne Sie nicht! Verschwinden Sie aus unserem Laden. Get out of here!“, schreit er in einem merkwürdigen Mischmasch aus Deutsch und Englisch.
    „Talvin, Talvin, Talvin! Ich bin’s doch, Adriana!“
    Aber er presst sich die Hände auf die Ohren und macht einen völlig konfusen Eindruck.
    „Don’t know you! Kenne Sie nicht!“, ruft er immer wieder. „Lakshmi, call the police.“
    Talvin ist kleiner, als ich ihn in Erinnerung habe und er hat abgenommen seit unserem letzten Treffen. Wahrscheinlich hat er aus Kummer nichts mehr gegessen, aus Kummer darüber, dass ich ihn verlassen habe. Ich packe meine Kamera und ziele direkt auf Talvins Gesicht, das Blitzlicht blendet ihn und er

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