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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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ein.
    „Baumgartner Höhe?“, frage ich zögernd. „Dort ist doch die allgemeine Nervenklinik!“
    „Genau!“, antwortet Isabelle Wagner kurz und knapp und dreht sich wieder nach vorne. „Bleiben Sie einfach ruhig sitzen. Wenn Sie sich noch einmal selbst verletzen, dann müssen wir Sie fixieren!“, sagt sie missmutig und starrt durch das Fenster auf die langsam dunkler werdende Stadt. Wahrscheinlich denkt sie gerade an ihren leeren und einsamen Abend nach Dienstschluss.

    Stimmen sind verzerrt zu vernehmen, kommen von irgendwo außerhalb meiner visuellen Wahrnehmung, daher weiß ich nicht, ob es ein Traum ist oder die Wirklichkeit. Ich versuche, mich zu konzentrieren, die einzelnen Sätze zu verstehen, denn so viel habe ich mitbekommen – es geht um mich.
    „Hans, was sind das für Pillen, von denen die Polizistin gesprochen hat?“
    „Mach dir keine Sorgen, Gregor. Das sind ganz harmlose Placebos, die Adriana ein positives Gefühl vermitteln sollen. Alles ganz harmlos!“
    „Aber sie ist doch in diesem indischen Laden völlig durchgedreht!“
    „Ja stimmt, das beunruhigt mich auch. Gregor, du musst an den Wahlkampf denken! Du bist unser aussichtsreichster Kandidat. Das neue Gesicht der Partei. Deine Frau ist ein Risikofaktor. Verstehst du das?“
    „Was schlägst du vor?“
    „Ich kenne den zuständigen Polizeipsychiater noch von der Studentenverbindung her. Adriana kommt in meine Klinik und bleibt dort so lange, bis die Wahl vorbei ist.“
    „Aber das sind ja fast zwei Monate!“
    „Und wenn schon. Ich habe Patienten, die sind schon jahrelang in meiner Klinik!“

    „Ich will nicht in die Klinik!“, schreie ich und schlage wild um mich. Alles, was ich gehört habe, verschwindet plötzlich in irgendwelchen Schubladen meines Gedächtnisses und zurück bleibt nur die nagende Ungewissheit, ob ich mir dieses Gespräch bloß eingebildet habe.
    „Adriana! Aufwachen! Ich bin es … Gregor, dein Mann!“ Jemand rüttelt mich an der Schulter und langsam tauche ich wieder an die Oberfläche, komme aus meinem Totenreich zurück zu den Lebenden.
    „Gregor? Wo bin ich?“, krächze ich, denn mein Hals ist wie ausgedörrt. „Was ist los?“
    „Hans regelt das alles, mein Liebling! Du brauchst nicht hier zu bleiben. Es dauert nur noch eine Minute, bis Hans alle Formalitäten erledigt hat, dann kann ich dich mitnehmen!“
    Ich starre meinen Mann verständnislos an und Gregor wiederholt ganz langsam, als wäre ich ein wenig zurückgeblieben.
    „Hans ist hier, Liebling. Er spricht gerade mit dem diensthabenden Arzt. Du weißt doch, Dr. Mertens dein Psychiater.“
    „Ich will nicht in die Klinik! Es sind die Pillen aus Amerika, die Dr. Mertens mir gegeben hat.“ Ich streife die schwere Bettdecke ab und will aufstehen, doch Gregor hält mich zurück. Er lächelt mich mitfühlend an, doch in seinen Augen entdecke ich einen eisigen Glanz.
    „Ja ja, schon gut, Adriana. Du hattest einen schlimmen Zusammenbruch. Aber gleich ist alles vorbei. Dann bringen wir dich weg.“
    „Weg, wieso muss ich schon wieder weg?“
    Stück für Stück fällt mir alles wieder ein. Ich habe mir in dem Streifenwagen die Stirn an der Scheibe blutig geschlagen und deshalb hat mich die Polizistin Isabelle Wagner sofort in die psychiatrische Klinik auf der Baumgartner Höhe gebracht. Dort hat man mich zu den Pillen befragt, aber ich wollte einfach nichts mehr davon hören. „Klar denken! Klar denken!“ Das habe ich mir vorgesagt. „Keine Wahnvorstellungen mehr!“ Ich konnte einfach nicht mehr stillsitzen, sondern bin in dem Behandlungszimmer ständig auf und ab gegangen, zuerst langsam, dann immer schneller. Es waren ein Arzt und Isabelle Wagner im Zimmer und die Fenster hatten engmaschige Gitter. Für drei reichte aber die Luft in dem engen Raum einfach nicht aus, deshalb wollte ich hinaus, um frei atmen zu können. Da ich mich auch nach wiederholter Aufforderung einfach nicht setzen konnte und langsam in eine Panik abdriftete, hat mir der Arzt ein Beruhigungsmittel gespritzt und ab diesem Zeitpunkt habe ich keinerlei Erinnerung mehr. Bis auf das eingebildete Gespräch zwischen Gregor und Dr. Mertens, bis jetzt.
    „Wohin bringst du mich?“
    Gregor scheint meine Frage nicht gehört zu haben, denn er starrt mit zusammengekniffenen Lippen auf sein Handy, auf das er gerade eine SMS bekommen hat.
    „Der Parteivorsitzende“, murmelt er. „Woher weiß der schon wieder über alles Bescheid?“
    „Gregor! Wo bringst du mich hin?“,

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