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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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nicht genau, was sie auf die Schnapsidee gebracht hatte, bei Persson vorbeizugehen. Der Mann war ihr nicht geheuer. Andererseits machte er sie neugierig. Aber vielleicht lag seine Anziehungskraft auch nur darin, daß er der einzige war, mit dem sie deutsch sprechen konnte.
    Fast wäre sie weitergegangen, nachdem er auf ihr Klingeln und Klopfen nicht sofort aufmachte. Und als er die Tür öffnete, hätte sie sich am liebsten gleich wieder verabschiedet. Er sah sie mit gerunzelter Stirn an und sagte schließlich: »Komm rein.«
    Im Flur war es angenehm kühl. Von irgendwoher hörte man Whitney Houston singen – »One moment in time«, das Lied von der Olympiade 1988, das sie damals immer und immer wieder aufgelegt hatte, in der Hoffnung, sie würde es wenigstens im Theaterkurs in der Schule mal zu einer Spitzenleistung bringen.
    Er hielt ihr die Küchentür auf und verbeugte sich leicht. »Und wie komme ich zu der Ehre?«
    Alexa sah sich verlegen um. Er schob ihr einen Stuhl hin.
    »Setz dich. Ich komme gleich wieder.«
    Sie hörte aus dem Nebenzimmer die typischen Geräusche einer Computertastatur. Dann brach das Lied ab.
    Alexas Blick fiel auf das Bücherregal. Sie würde einfach behaupten, sich ein Buch von ihm ausleihen zu wollen. Vor dem Regal legte sie den Kopf schräg, um die Titel auf den Buchrücken lesen zu können. Einen Leinenband nahm sie heraus. Rilke. Gedichte. Daneben Heinrich Mann, Flauberts Madame Bovary, Benn. Weiter hinten Schullektüre aus dem Leistungskurs Deutsch: Arno Schmidt. Dann sah sie das Foto. Es zeigte einen jüngeren Persson, einen dunkel gelockten, gutaussehenden Mann, der einer elegant gekleideten Frau, die Alexa bekannt vorkam, die Wagentür aufhielt. Sie nahm das Foto in die Hand und versuchte, die Widmung zu entziffern. »Für meinen tapferen Freund Martin«, glaubte sie zu erkennen. Und die schwungvolle Signatur: »S. S.«
    Persson rumorte noch immer im Nebenzimmer. Wer war Martin? dachte sie flüchtig. Sie stellte das Bild zurück. Auf dem Regalbrett über ihr stand ein Bild mit zwei lachenden Kindern in Karnevalskostümen und daneben stapelten sich Zeitschriftenhefte. Sie nahm das oberste auf. »Visier. Das internationale Waffenmagazin«. Darunter eine Computerzeitschrift.
    »Na? Was Spannendes gefunden?« Er stand im Türrahmen und grinste spöttisch zu ihr hinüber.
    »Schon das Geschenk unseres Oberpolizisten gesehen?« Mit ein paar Schritten war er neben ihr und holte ein langes schwarzes Etwas aus dem obersten Fach. Der Gummiknüppel sah gefährlich und obszön aus.
    Persson ließ das Ding auf den Küchentisch fallen. »Wasser? Wein? Milch? Espresso?« Er wartete nicht auf die Antwort, sondern drückte auf den Knopf an seiner Espressomaschine. »Und – glücklich hier?« fragte er über die Schulter.
    Fast wäre Alexa keine Antwort eingefallen.
    »Doch«, sagte sie schließlich.
    »Ich nicht. Ich hab das Kaff hier satt bis oben hin.« Er setzte sich zu ihr an den Küchentisch.
    »Ein Haufen Debiler, Inzüchtiger und Gauner.«
    Alexa spürte das dringende Bedürfnis, ihr Dorf mit glühenden Worten zu verteidigen. »Aber…« sagte sie lahm.
    Persson rollte sich eine Zigarette. Heute, fiel ihr auf, zitterten seine Hände.
    »Jaja, ich weiß, die französische Idylle. Rotwein und Baguette und holà-là! « Er sah sie an. Seine Pupillen waren dunkel, fast schwarz. Er brauchte drei Streichhölzer, bis er die Zigarette angezündet hatte. Dann stand er abrupt auf und begann hin und herzulaufen.
    »Ich hab das auch mal geglaubt.« Er schnippte die Asche von der krummen Selbstgedrehten und fuhr sich durch die kurzgeschnittenen Locken.
    »Vor verdammt vielen Jahren.«
    Alexa wurde vom bloßen Zusehen nervös.
    »Warum gehen Sie nicht weg? Ich dachte… ich meine…«
    Persson lehnte an der Tür zum Nebenzimmer, durch die mildes Sonnenlicht fiel. »Fragen Fragen Fragen. Ihr Frauen müßt immer fragen fragen fragen, oder?« Seine Stimme klang amüsiert. Aber Alexa entging nicht die Unruhe, mit der er an seiner Zigarette zog. Dann begann er wieder hin und herzugehen.
    »Wie Ada?«
    Persson blieb wie angewurzelt stehen. Dann atmete er geräuschvoll aus.
    »Wie Ada. Genau. Die hatte auch immer was zu fragen. ›Woher kommst du? Was machen deine Eltern? Hast du eine Freundin?‹ Fragen Fragen Fragen. Immer mit dem sanftesten Lächeln.«
    »Sie waren – befreundet?«
    Persson grinste. »Aha! Schon wieder eine Frage!«
    Alexa lächelte zaghaft.
    »Ja, lautet die Antwort. Sofern man mit Ada

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