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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Silbermann befreundet sein konnte. Sofern man ihre Neugierde aushielt. In Paris war sie gefürchtet. Sie sah alles, hörte alles, wußte alles. Und erzählte alles weiter – nein, nicht alles. Nur das, was sich gut machte bei den Zeitschriften und Agenturen, die ihre Bilder kauften.«
    Persson zerdrückte den Zigarettenstummel im Aschenbecher und drehte sich gleich wieder eine neue.
    »Das Foto vom Sohn des Präsidenten im Gespräch mit einem Koksdealer – das stammte von Ada. Das hat sie auch nicht beliebter gemacht.«
    Er fuhr mit der Zungenspitze über das Zigarettenpapier.
    »Und deshalb mußte sie sterben?« fragte Alexa. Diesmal brauchte Persson nur ein Streichholz.
    »Wieso sterben? Wie kommst du denn darauf?«
    Weil es das Naheliegende ist, dachte Alexa und sagte: »Ich muß gehen.«
    Er sah sie erstaunt an, so, als ob er fragen wollte, warum sie überhaupt gekommen war. Dann hob er die geöffneten Hände und sagte: »Tu, was du willst.«
    Er ließ sie allein den dunklen Flur hinunter zur Haustür gehen. Als sie die Tür öffnete, standen zwei Gendarmen in blauer Uniform davor, der eine, der erste, hatte seine runde, steife Mütze abgesetzt und hielt sie wie einen Puffer vor der Brust.
    Er zog die Augenbrauen hoch, als er Alexa sah.
    »Bernard Boisset, Madame, von der Gendarmerie St. Julien. Ist – Monsieur Persson, ist er da?«
    »Voilà« , sagte sie und wies nach hinten, zur Küche.
    »Après vous.« Der Gendarm streckte einladend die Hand aus.
    »Aber…« Alexa schüttelte den Kopf. Doch der Mann in Blau lächelte so ausdauernd, daß sie aufgab und den beiden Polizisten vorausging.
    »Besuch.«
    Sie öffnete die Küchentür.
    Persson war bereits auf den Beinen.
    »Bernard!«
    Er strahlte. Boisset strahlte zurück. Er faßte Persson an die Schultern und küßte ihn erst rechts, dann links, dann wieder rechts auf die Wange.
    »Philipp! Tu vas bien? «
    Alexa hatte Mühe, dem Wortschwall der beiden zu folgen. Bernard schlug Philipp auf die Schulter, Philipp legte den Arm um Bernard, Bernard strich ihm mit der Hand über den Arm, Philipp flüsterte ihm verschwörerisch etwas ins Ohr. Der andere Gendarm verfolgte das Spektakel ausdruckslos. Erst nach einigen Minuten kamen die Männer zur Sache.
    »Es geht um Ada Silbermann, du erinnerst dich.«
    »Natürlich«, sagte Persson und guckte betroffen.
    »Du warst doch einer der letzten, der Ada Silbermann gesehen hat…«
    »Nicht direkt. Ich weiß nur, daß sie von einer Wanderung gesprochen hatte.«
    Boisset nickte und nahm seinen Hut wieder auf, den er auf den Küchentisch gelegt hatte.
    »Und – sie hat auch gesagt, wohin…?«
    »Sie wollte hinunter nach Rochepierre gehen, wenn ich sie richtig verstanden habe.«
    Boisset nickte wieder und drehte die Hutkrempe zwischen den Fingern. »Aber da ist sie nicht hingegangen.«
    Persson legte dem Gendarmen wieder die Hand auf den Arm. »Sag – habt ihr etwa…«
    Boisset nickte feierlich. »Wir haben sie gefunden. Das heißt ihre sterblichen Überreste.«
    »Und wo?«
    Der Gendarm kratzte sich am Nacken. »Sie ist exakt in die andere Richtung gegangen, zum Bois de Peyrebelle. Sie lag in der Nähe des Brandherds, den wir gestern bekämpft haben. In einer Höhle. Reiner Zufall, daß sie gefunden wurde. Die Leute, die den Brand untersucht haben…« Er wandte sich zu Alexa und deutete eine Verbeugung an. »Es war übrigens Brandstiftung.«
    »Ada – tot?« Persson klang ehrlich entsetzt.
    »Ist das sicher?«
    »Ziemlich. Ihr Mann ist unterwegs, zur Identifizierung. Aber wir haben eigentlich keine Zweifel an der Identität der Leiche.«
    »Armer Ernest.«
    »Ja, sie ist kein schöner Anblick. Sie liegt schon lange da.«
    »Ist sie… Ich meine – wie…« Alexa glaubte plötzlich zu wissen, warum sie die Anwesenheit Ada Silbermanns im Haus zu spüren schien. Wenn ein Verbrechen geschehen war, kamen die Toten nicht zur Ruhe.
    »Wir müssen die Ergebnisse der Obduktion abwarten. Derzeit können wir nur alle hier im Dorf fragen, ob sie jemand gesehen hat, damals, am…« Boisset blätterte in seinem Notizbuch, »am 19. oder 20. Oktober.«
    Persson zuckte mit den Schultern. Boisset tippte mit der Krempe des Huts an sein Kinn und starrte ins Leere.
    Nach einer Weile nickte er wieder und sagte:
    »Das war’s wohl.«
    »Tja«, sagte Persson. »Wenn ich dir weiterhelfen könnte…«
    Boisset schlug ihm auf die Schulter. »Kommst du zum Training? Nächste Woche?«
    »Um dich auf die Matte zu legen? Mit Vergnügen.«

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