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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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wozu ich fähig bin, um meine Familie zu schützen!“
    Abrupt steht Gregor auf und richtet sich seinen Krawattenknoten. Er winkt einer Wärterin, ihm die Tür zu öffnen, dreht sich noch einmal zu mir um, drückt mir einen angedeuteten Kuss auf die Wange.
    „Mein armer Liebling. Ich hätte dich ohne Weiteres umbringen können, aber so bist du am Leben und gleichzeitig tot. Das ist viel grausamer, glaube mir. Du wirst dein ganzes Leben an mich denken, denn ich liebe dich zu Tode.“
    Im Hinausgehen lächelt er der Wärterin charmant zu, die ihn verzückt anhimmelt. Klar wie nie zuvor sehe ich das hässliche Ich von Gregor, von dem ich mich nicht mehr blenden lasse. Ich sehe das Monster, das früher mein Mann war, vor der Tür warten, die nach draußen führt. Wenn er jetzt geht, ist alles vorbei. Blitzschnell springe ich auf, werfe dabei einen Stuhl um.
    „Er hat die Morde begangen! Dieser Mann ist ein Monster!“, schreie ich und stürze auf Gregor zu. Im Vorwärtslaufen packe ich eine der verdörrten Yuccapalmen, werfe sie mitsamt dem schweren Keramiktopf nach ihm, verfehle ihn aber. Gregor klopft panisch an die Tür, während die Alarmsirenen heulen und die Warnlichter blinken.
    Kreischend wiederhole ich sein ungeheuerliches Geständnis Wort für Wort, stolpere über die umgekippte Yuccapalme, knalle schmerzhaft auf den PVC-Boden, bekomme aber doch noch Gregors Bein zu fassen, der gerade durch die geöffnete Tür fliehen will. Ich will ihn nie wieder loslassen.
    „Mörder! Monster!“
    Der Schlag eines Gummiknüppels trifft mich so unvermittelt im Rücken, dass ich vor Schmerz aufheule und Gregors Bein sofort loslasse.
    „Entsetzlich, was Sie durchgemacht haben! Sie sind ein guter Mensch, das spüre ich!“, sagt eine der Wärterinnen mitfühlend und klopft Gregor bedauernd auf die Schulter, als er schnell in den Beobachtungsraum flüchtet. Ich sehe diese Szene von unten aus der Verliererperspektive, denn zwei geschulte Wärter drücken mich auf den Boden und stellen mich mit Handschellen ruhig.
    „Ich liebe dich ...!“, brülle ich hinter Gregor her, der schnell durch die Sicherheitsschleuse nach draußen eilt und mich keines Blickes mehr würdigt. „Er hat gesagt ‚Ich liebe dich zu Tode!‘“, schreie ich noch viele Male, doch niemand hört mich.

    In den nächsten Wochen sind die Zeitungen voll mit Berichten über Gregor. Die Wahl steht kurz bevor und Gregor denkt nicht daran, aufzugeben. Er ist einem drohenden Parteiausschluss zuvorgekommen, hat blitzschnell die Seiten gewechselt und ist jetzt Spitzenkandidat einer windigen konservativen Oppositionspartei. Im Augenblick ist er der populärste Politiker des Landes und die Meinungsumfragen räumen ihm gute Chancen ein, als Juniorpartner in die Regierung zu kommen. A. M. ist jetzt seine PR-Strategin und ständig an seiner Seite. Sie sind das Power-Team der Saison und ich bin die Verliererin.
    Wenigstens habe ich eine Einzelzelle bekommen, denn als ehemalige Patientin einer Nervenklinik bin ich automatisch suizidgefährdet und stehe daher unter besonderer Beobachtung. Dr. Mertens, mein Psychiater kann mich „leider aus terminlichen Gründen“ nicht weiter behandeln. Ich weiß aber, dass er sich um seinen guten Ruf sorgt, wenn er eine zweifache Mörderin therapiert. So viel zu Hans, der fast zu unserer Familie gehört hat. Auf eine derartige Familie kann ich getrost verzichten.
    Mein Pflichtverteidiger macht mir wenig Hoffnung. „Einweisung in eine Anstalt für abnorme Gewaltverbrecher im besten Fall“, sagt er und zuckt ratlos mit den Schultern. Der Pflichtverteidiger ist jung und unerfahren, aber immer noch besser als der Staranwalt, der mich zu Beginn kostenlos vertreten hat. Als er meine Lebensgeschichte an die Medien verkaufen wollte, habe ich ihn gefeuert. Ich will endlich wieder normal sein.
    Die Tage vergehen ereignislos und auch die Vernehmungen durch Hellwig, den Staatsanwalt und einen Verhörspezialisten kommen nicht vom Fleck. Immer wollen sie ein Geständnis von mir, aber ich kann nicht gestehen, was ich nicht getan habe. Jedes Mal, wenn ich Gregor als Täter ins Spiel bringe, wechseln sie bedauernde Blicke und schicken mich anschließend zum Gefängnispsychiater. Natürlich denken sie auch nicht daran, den Körper des verstorbenen Raul zu exhumieren, um vielleicht doch noch ein Indiz zu finden, das auf Mord hindeutet.
    Also verbringe ich die Stunden damit, mein Unterbewusstsein auszuräumen, um endlich einen lückenlosen Ablauf jenes

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