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Die Frau aus Alexandria

Die Frau aus Alexandria

Titel: Die Frau aus Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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mit Milch und Zucker angerichtet war, und sie begann zu essen.
    Pitt wandte sich erneut den Zeitungen zu. Der Artikel in der Times war ausgesprochen einseitig. Er pries in einem hymnischen Nachruf Edwin Lovat als glänzenden Offizier, den eine heimtückische Krankheit gezwungen hatte, den aktiven Heeresdienst zu quittieren, woraufhin er seine Fähigkeiten und die im Nahen Osten gewonnenen Erfahrungen in nutzbringender Weise als Diplomat eingesetzt habe. Eine glänzende Zukunft habe vor ihm gelegen, bis ihn eine ehrgeizige und skrupellose Frau, die seiner Aufmerksamkeiten überdrüssig geworden war und sich nach
einem wohlhabenderen und einflussreicheren Gönner umsah, kaltblütig umgebracht hatte.
    Der Name Saville Ryerson wurde nicht genannt. Nicht einmal eine Anspielung darauf fand sich. Man überließ es der Vorstellungskraft der Leser, sich auszumalen, um welche Art von Gönner es sich handeln mochte. Mit unmissverständlicher Deutlichkeit wurde hervorgehoben, dass die Frau der Tat fraglos schuldig war, dafür vor ein Gericht gehörte und ohne große Umschweife möglichst bald gehängt werden sollte.
    Die leichtfertigen Annahmen, von denen der Artikel strotzte, behagten Pitt in keiner Weise. Immerhin wusste er weit mehr über den Fall als der Verfasser. Zugleich aber war ihm klar, dass der Gedanke, jemand könne den Tatvorwurf bestreiten, geradezu widersinnig anmuten musste. Schließlich gehörte die Mordwaffe nachweislich Miss Sachari, und außerdem hatte man sie bei dem Versuch ertappt, sich der Leiche zu entledigen. Sie hatte den Toten gekannt und keine Erklärung für den Vorfall abgegeben – weder eine plausible noch eine an den Haaren herbeigezogene.
    Am meisten aber ärgerte es Pitt, dass der Verfasser, der sich erkennbar in keiner Weise mit dem Fall vertraut gemacht hatte, nicht nur Ryersons Namen nicht erwähnte, sondern auch voreilige Schlüsse zog, statt sich auf eine Darstellung der Fakten zu beschränken.
    Mit ernster Miene sah Jemima zu ihrem Vater hin. Er lächelte ihr zu und sah, wie die Anspannung ihrer Schultern nachließ und sie sein Lächeln erwiderte.
    Gerade als er sich vom Frühstückstisch erhob, kam Charlotte mit Daniel in die Küche. Damit wandte sich das Gespräch anderen Dingen zu – der Schule, der Frage, was zum Abendessen auf den Tisch kommen sollte und ob sie am Samstag ins Freilufttheater gehen oder sich lieber alle miteinander ein Kricketspiel anschauen sollten – immer vorausgesetzt, es regnete nicht. Auch wurden gründlich allerlei Möglichkeiten erörtert, einen regnerischen Nachmittag zu verbringen, bis sich die Kinder schließlich auf den Schulweg machten und Pitt ebenfalls das Haus verließ.
     
    Pitt fand das Büro seines Vorgesetzten verschlossen, doch Wachtmeister Jesmond, der auf dem Gehweg wartete, teilte ihm mit, Narraway werde im Laufe der nächsten Stunde zurückkehren und sicherlich ungehalten sein, wenn er dann nicht auf ihn wartete.
    Pitt verbarg seinen Unmut über die Zeitverschwendung. Er zweifelte nicht daran, dass er in dieser Stunde mühelos den Fall hätte abschließen können, an dem er gearbeitet hatte, bevor diese Tragödie dazwischengekommen war, die, soweit er sehen konnte, mit der Aufgabe des Sicherheitsdienstes nicht das Geringste zu tun hatte. Während er in dem kleinen Vorraum unruhig am Fuß der Treppe auf und ab ging, grübelte er über die Umstände von Lovats Tod nach, ohne zu einem Ergebnis zu kommen.
    Narraway traf eine Dreiviertelstunde später ein. Zu einem erstklassig nach der letzten Mode geschnittenen hellgrauen Anzug mit hoch angesetzten Jackettaufschlägen trug er eine grauseidene Weste.
    »Kommen Sie rein«, sagte er, schloss die Tür seines Büros auf und ging Pitt voraus. Mit finsterer Miene setzte er sich an den Schreibtisch, ohne auch nur einen Blick auf die Zeitungen zu werfen. Er hatte sie wohl bereits gelesen. Vermutlich war er früh gekommen und hatte dann das Büro in einer wichtigen Angelegenheit verlassen, für die er sich unübersehbar entsprechend gekleidet hatte. Ganz offenkundig handelte es sich bei seinem Gesprächspartner um eine hochstehende Persönlichkeit. Machte man sich in Regierungskreisen tatsächlich Gedanken über den Mord an Edwin Lovat und die Frage, ob man Miss Sachari unter Anklage stellen sollte oder nicht? Oder ging die Sache in eine ganz andere Richtung?
    Pitt nahm ihm gegenüber Platz.
    Narraways Züge waren angespannt, und in seinen Augen lag Misstrauen, als könne sogar in diesem Raum etwas

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