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Die Frau aus Alexandria

Die Frau aus Alexandria

Titel: Die Frau aus Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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lauern, wovor er auf der Hut sein musste.
    »Der ägyptische Botschafter hat gestern am späten Abend im Auswärtigen Amt vorgesprochen«, begann er in gesetzten Worten. »Die Zuständigen dort haben Verbindung mit dem Büro des Premierministers
aufgenommen, woraufhin ich heute Morgen zum Bericht in Whitehall antreten musste.«
    Schweigend wartete Pitt. Langsam stieg in ihm ein Gefühl der Kälte hoch.
    »Von dem Mord in Eden Lodge hatte man dort bereits gestern Nachmittag Kenntnis«, fuhr Narraway fort. »Aber da ihn die Nachmittagszeitungen breitgetreten haben, kannte halb London ihn ebenfalls.« Erneut hielt er inne. Es fiel Pitt auf, dass Narraways Hände reglos auf dem Tisch lagen, seine schlanken Finger wie erstarrt.
    »Miss Sacharis Festnahme war in der ägyptischen Botschaft wohl bekannt?«, mutmaßte Pitt. »Da sie Bürgerin des Landes ist, scheint es mir natürlich, dass man sich nach ihrem Wohlergehen erkundigt und Sorge dafür trägt, dass sie in angemessener Weise vertreten wird. Falls man mich im Ausland festnähme, würde ich von der britischen Botschaft nichts anderes erwarten.«
    Narraway verzog den Mund ein wenig. »Sie meinen also, der britische Botschafter würde Ihretwegen den Premierminister des jeweiligen Landes bemühen? Da überschätzen Sie Ihre Bedeutung aber gewaltig, Pitt. Wenn Sie Glück haben, besorgt Ihnen ein untergeordneter Mitarbeiter einen Anwalt – mehr dürfen Sie auf keinen Fall erwarten.«
    Es war nicht der richtige Zeitpunkt, verärgert oder peinlich berührt zu sein. Offensichtlich war etwas geschehen, was Narraway zutiefst beunruhigte.
    »Spielt Miss Sachari irgendeine wichtige Rolle, die uns bisher unbekannt war?«, fragte Pitt.
    »Ich wüsste nicht«, gab Narraway zur Antwort. »Allerdings muss man sich die Frage stellen.« Der besorgte Ausdruck auf seinem Gesicht vertiefte sich. Er öffnete und schloss die Hände, als wolle er sich vergewissern, dass er seine Finger noch spüren konnte. »Der Vorwurf der Ungleichbehandlung wurde erhoben.« Er holte tief Luft, als falle es ihm sogar Pitt gegenüber schwer, das zu sagen. »Es war dem Botschafter bekannt, dass sich Saville Ryerson am Tatort aufgehalten hat, als die Polizei Miss Sachari mit der Leiche
entdeckte, und jetzt fragt man an, warum er nicht ebenfalls festgenommen wurde.«
    Das war, fand Pitt, eine durchaus berechtigte Frage – aber nicht dieser Gedanke fuhr ihm wie Feuer durch den Leib. »Woher wissen die Leute das?«, fragte er. »Bestimmt hat doch niemand der Frau gestattet, Kontakt mit ihrer Botschaft aufzunehmen, sodass sie keine Möglichkeit hatte, das zu sagen? Hat sie nicht außerdem der Polizei gegenüber behauptet, dass niemand bei ihr war?«
    Narraways Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln, und ein harter Ausdruck trat in seine Augen. »Damit legen Sie den Finger auf die Wunde, Pitt. Genau genommen ist das die entscheidende Frage. Nur kenne ich die Antwort nicht. Ich weiß lediglich, dass weder die Polizei noch ein Anwalt der Ägypterin diese Information weitergetragen hat. Inspektor Talbot hat mir versichert, er habe weder Fragen zu diesem Fall beantwortet noch irgendjemandem gegenüber den Namen Ryerson in den Mund genommen, und die Frau hat bisher keinen Anwalt verlangt.«
    »Und was ist mit dem Wachtmeister, der zuerst da war ... Cotter?«
    »Sie dürfen sicher sein, dass sich Talbot Wachtmeister Cotter mindestens zweimal gründlich vorgenommen hat. Der Mann schwört Stein und Bein, dass er außerhalb der Wache mit keiner Seele gesprochen hat – lediglich mit Ihnen.« In seiner Stimme lag weder ein Vorwurf noch eine Spur von Zweifel.
    »Also bleibt nur noch unser namenloser Informant, der die Schüsse gehört und die Polizei angerufen hat«, folgerte Pitt. »Offensichtlich ist er – oder sie – in der Nähe geblieben, um zu beobachten, wie es weiterging. Vermutlich hat er Ryerson dabei gesehen und ihn erkannt.«
    Narraway runzelte die Stirn. Wieder lagen seine Finger steif auf der Tischplatte. »Aber damit erheben sich weitere Fragen. Zum Beispiel: Warum ruft der Betreffende die ägyptische Botschaft und nicht die Zeitungen an, die ihn höchstwahrscheinlich für alles bezahlen würden, was er zu berichten hat?«
    Pitt schwieg.
    Narraway sah ihn gespannt an. »Oder Ryerson«, fuhr er fort. »Mit Erpressung ließe sich ordentlich verdienen, und man könnte das Spielchen immer wiederholen.«
    »Würde der Minister denn zahlen?«, erkundigte sich Pitt.
    Ein sonderbarer Ausdruck trat auf

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