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Die Frau aus Alexandria

Die Frau aus Alexandria

Titel: Die Frau aus Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Grund nicht ansprechen, nehme ich an, dass Sie nicht wissen, worum es geht?«
    »Nein.« Er zuckte leicht die Achseln. »Ehrlich gesagt wüsste ich auch nicht, wie sich das feststellen ließe. Ich habe ihn schon mehrere Tage nicht gesehen. Beim vorigen Mal war er auf keinen Fall in einem Zustand, in dem er eine vernünftige Antwort hätte geben können. Es ... es tut mir Leid.« Es blieb offen, was er damit meinte: die Unmöglichkeit, den Damen weiterzuhelfen, oder dass er ihnen gegenüber ein solch widerwärtiges Thema angesprochen hatte.
    »Aber Sie kennen ihn?«, fasste Charlotte nach. »Und er kennt Sie?«
    Jamieson sah zweifelnd drein, als ob er sich die nächste Frage denken könnte. »Na ja«, gab er zögernd zu. »Offen gestanden ... nicht besonders gut. Ich gehöre nicht zu seinem ...« Er verstummte.
    »Ja?«, fragte Emily.
    Jamieson erwiderte ihren Blick. Sie saß aufrecht da, ganz wie Großtante Vespasia, hatte den Kopf anmutig geneigt und lächelte ihm erwartungsvoll zu.
    »... zu seinem engeren Freundeskreis«, erklärte Jamieson. Er wirkte unglücklich.
    »Aber fragen könnten Sie ihn?«, sagte Emily.
    »Gewiss«, gab er zögernd zurück. »Natürlich.«
    »Gut.« Sie ließ nicht locker. »Es besteht große Gefahr. Schon eine kurze Verzögerung kann bedeuten, dass es zu spät ist. Wäre es Ihnen möglich, ihn gleich heute Abend aufzusuchen?«
    »Ist es wirklich ... so ...?« Jamieson schien selbst nicht zu wissen, ob er interessiert oder beunruhigt sein sollte.
    »Leider ja«, bestätigte Emily.
    Er führte seine Gabel mit einem Stück Fleisch zum Mund. »Nun denn. Auf welche Weise soll ich Sie informieren, falls ich etwas in Erfahrung bringe?«
    »Telefonisch«, sagte Emily sofort. Sie holte ein kleines graviertes Silberetui aus ihrem Ridikül und entnahm ihm eine Karte. »Hier ist meine Nummer. Bitte sprechen Sie außer mit mir mit keinem Menschen darüber ... wirklich mit niemandem. Das können Sie doch sicher verstehen.«
    »Selbstverständlich, Mrs Radley. Sie dürfen sich voll und ganz auf mich verlassen.«
     
    Charlotte dankte ihrer Schwester aufrichtig und nahm gern ihr Angebot an, sie mit der Kutsche nach Hause zu fahren. Um halb neun, sie saß gerade mit Pitt im Wohnzimmer, klingelte das Telefon. Pitt nahm ab.
    »Es ist Emily – für dich«, sagte er von der Tür.
    Charlotte ging in die Diele und nahm den Hörer. »Ja?«
    »Stephen Garrick ist nicht zu Hause.« Emilys Stimme klang durch die Leitung fremd und ein wenig blechern. »Der junge Jamieson sagt, dass ihn seit mehreren Tagen niemand gesehen hat. Der Butler im Hause Garrick habe ihm erklärt, er wisse nicht, wann der junge Herr zurückerwartet wird. Man könnte glauben, er wäre gleichfalls verschwunden. Was sollen wir jetzt tun?«
    »Ich weiß es nicht.« Charlottes Hand zitterte. »Lass mich nachdenken...«
    »Aber wir werden doch etwas unternehmen, oder nicht?«, fragte Emily nach einer Weile. »Ich finde, die Sache sieht ernst aus. Glaubst du nicht auch? Ich meine ... ernster, als wenn ein Kammerdiener seine Stellung verliert.«
    »Ja«, sagte Charlotte mit leicht belegter Stimme. »Das muss man annehmen.«

KAPITEL 4
    A n eben dem Tag, als Charlotte versuchte, Gracie und damit Tilda zu helfen, sah Pitt durch die angelehnte Tür zum Büro, wie Narraway unruhig auf und ab ging: fünf Schritte hin, fünf zurück, immer und immer wieder. Er fuhr herum, als Pitt eintrat. Sein Gesicht wirkte gequält und matt. Mit unnatürlich glänzenden Augen sah er Pitt fragend an, als dieser die Tür hinter sich schloss und dann stehen blieb.
    »Es stimmt, dass Ryerson am Tatort war«, sagte er ohne Einleitung. »Er bestreitet das in keiner Weise. Nicht nur hat er nichts unternommen, um die Polizei zu verständigen, er hat der Frau sogar bei dem Versuch geholfen, die Leiche wegzuschaffen. Sie hat dazu keine Aussage gemacht, aber er wird es bestätigen, wenn ihn die Polizei befragt. Unverkennbar deckt er sie, und das kann ihn teuer zu stehen kommen.«
    Narraway sagte nichts, doch sein Körper schien sich noch mehr anzuspannen. Es war, als schwängen in Pitts Worten Bedeutungsschichten mit, die tiefer reichten als die bekannten Tatsachen.
    »Die Aussage der Frau ergibt keinen Sinn«, fuhr Pitt fort. Insgeheim hoffte er, dass Narraway etwas sagen und ihm damit das Weitersprechen erleichtern würde. Doch dieser schien so tief in seine Empfindungen versunken zu sein, dass er, wie es aussah, keine Möglichkeit fand, seinen scharfen analytischen

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