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Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Titel: Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Seidert
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Weltkrieg so etwas wie ein gesamtbelgischer Patriotismus gewachsen, zaghaft zwar und vor allem bei jungen Menschen. Dazu trugen nicht nur die Erzählungen der Älteren über Krieg und Besatzungszeit bei, sondern auchGedenkfeiern und die zahlreichen Denkmäler, die an die toten Soldaten und die ermordeten Zivilisten erinnerten. Manche Personen und deren Schicksale dienten besonders als Vorbilder und wurden landesweit verehrt. Etwa die junge Gabrielle Petit, die während des Krieges als Leutnant verkleidet bei deutschen Stäben und Einheiten ein und aus gegangen war und mehr als zwanzigmal den Elektrozaun überwunden hatte, um ihre Informationen bis nach England zu tragen. 1916 wurde sie von den Deutschen verhaftet, zum Tod verurteilt und mit gerade mal 23 Jahren erschossen. Ihre Umbettung im Jahr nach Kriegsende geriet zum nationalen Ereignis, an dem Mitglieder der belgischen und englischen Königsfamilie, Abordnungen aller belgischen Regimenter sowie über 3000 ehemalige politische Gefangene teilnahmen. Der belgische Ministerpräsident legte sie den Frauen als Nationalheldin ans Herz, und Kardinal Mercier, der als entschiedener Gegner und Kritiker der deutschen Besatzungspolitik galt, forderte: »Schreibt ihren Namen in alle Bücher! Schreibt ihn in euer Herz! Meißelt ihn ein auf den Giebeln der Schulen! Das heldenhafte Leben unserer unvergesslichen GabriellePetit lehrt uns gut sterben und ihr heldenhafter Tod lehrt uns gut leben.«
    Hollandreise nach Amsterdam und Rotterdam, 1936 (Ady 2. v. li.).
    Ady hatte eine gewisse Vorliebe für sportlich gebaute Männer
    Auch Ady wird Gabrielle Petit gekannt haben. Ob sie als junges Mädchen auch für sie geschwärmt hat, inspiriert von ihrem Mut und ihrer Chuzpe?
    Wir wissen nicht, mit welcher Haltung Firmin aus dem Krieg heimkehrte, was oder ob er überhaupt etwas über seine Kriegserlebnisse zuhause erzählte. Er war zumindest allem Anschein nach mit heilen Gliedern aus den Schützengräben in Westflandern und Nordfrankreich zurückgekommen. Vielleicht war er einer derjenigen Weltkriegsveteranen, die äußerlich gesund, des nächtens in den Träumen ihre Erlebnisse aufarbeiteten – und die Frau und die Kinder weckten durch gellende Schreie, die sie sich nicht zu erklären wussten. Von den Gräueln und den Morden an den Zivilisten wird auch Ady gehört haben.
    Nach dem Überfall der Deutschen im Ersten Weltkrieg waren die Kontakte zwischen Belgien und Frankreich enger geknüpft worden. Schutzlos ausgeliefert zu sein wie 1914, das sollte sich nicht wiederholen. Im Kriegsfall sollten französische Truppen das belgische Heer verstärken. Zur Vorsicht hatten sie allen Grund. Die deutschen Nachbarn mit ihrem Reichskanzler Adolf Hitler, dieser, wie Adorno ihn charakterisierte, Mischung von »King Kong und einem Vorstadtfriseur«, gebärdeten sich bereits wieder militärisch aggressiv, sie ließen keinen Zweifel daran, dass sie »die Schmach von Versailles« tilgen wollten.
    … und pinnte sich Leopold III. und Königin Astrid an die Wand.
    Auch in Belgien hatten sich faschistische Gruppen gebildet, doch es entstand keine einheitliche faschistische Bewegung wie die Schwarzhemden in Italien oder die Nationalsozialisten in Deutschland. Die Szene war so vielförmig wie die verschiedenen Sprachregionen und Traditionen im Land und agierte weitestgehend unabhängig voneinander.
    Die einen traten für die Abschaffung der Parteien und für die Errichtung eines korporativen Staatssystems unter Führung des Königs ein, wie die »Légion Nationale Belge«. Deren Anhänger fielen früh wegen ihres aggressiven Antisemitismus auf, so forderten sie, denvor den Nationalsozialisten nach Belgien geflohenen Juden den Prozess zu machen. Andere wie die flämischen Faschisten, der »Verbond van Dietsche National Solidaristen« (Verdinaso), verfolgten weniger die Erneuerung des belgischen Staates als seine Zerstörung zu Gunsten eines Groß-Niederländischen Reiches. 1940, nach der Besetzung Belgiens durch Deutschland, schloss sich die Mehrzahl der Mitglieder der »Verdinaso« dem Flämischen Nationalverband (VNV) an. Er verfolgte vor allem die Idee eines unabhängigen Flandern – was den damaligen Anführer Staf de Clercq bis heute zum Idol des Vlaams Belang macht, der rechtsextremen flämischen Regionalpartei. Der VNV war völlig auf Deutschland ausgerichtet und erkannte Hitler als Führer aller Germanen an. Die stramm reaktionäre Rex-Bewegung wiederum hegte Sympathien für Mussolini und vertrat

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