Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich
Angriffen im Fußball und seinen Verletzungen im Hospital. Und der Genesung, bei der er die Bekanntschaft seiner Mutter machte!
Bis morgen meine Geliebte, ich umarme dich ganz kräftig. So wie ich es manchmal mache, du weißt schon wie, nicht wahr?
Dein kleiner Gatte, George
Ady verhielt sich offensichtlich nicht immer so, wie er das gerne gehabt hätte: Einmal beschwert er sich über die Art, wie sie getanzt haben, die einen falschen Eindruck erweckte, sie hätten kein Dreiecksverhältnis. Ein andermal gefiel ihm nicht, wie sie oder wie er sich bei ihrem letzten Treffen verhalten hatte und wirft ihr vor, eine allzu philosophische Haltung einzunehmen. Ady war schon am Absprung, doch Georgeke gab so schnell nicht auf. Er schließt den Brief mit Liebesschwüren. »Ich lasse dich, meine kleine Frau, deine kleinen Ohren küssend, deinen kleinen Mund und zweimal deine Mini-Nase«. Am Ende fragt er flehend: »Du lieieieieiebst mich immer? Dein Georgeke.«
Mon p’tit kaki, mon grand chéri,
Ta p’tite femme sera bien sage
Elle pense à toi et c’est pourquoi
Elle t’en aime encore davantage
Elle tiendra l’coup et jusqu’au bout
Car pour avoir du courage
Elle a ta photo sur son cœur jour et nuit
Mon chéri, mon p’tit kaki
1939, Text von Georges Van Parys, Musik von René Bernstein
George musste seine Briefe nicht datieren, seine Liebe war zeit- und grenzenlos. Uns gelingt eine zeitliche Einordnung dieser Romanze anhand von zwei Hinweisen. Einmal erträumt er sich mit Ady eine Liebesgeschichte wie die zwischen Greta Garbo und Rob Taylor in der ›Kameliendame‹. »Aber schließlich werden wir unsere Chance noch bekommen, in St. Job, nicht wahr, mein Schatz. Das wird eine ganz neue Liebesgeschichte sein, wie die im Film von Maria Gauthier mit Greta Garbo und Rob Taylor, du hast den Film gesehen.« Der Film von George Cukor mit Marguerite Gautier in einer weiteren Hauptrolle kam 1936 in die Kinos.
Ein andermal vermerkt George am Rand eines Briefes: »Im Radio spielen sie ›Mon chéri mon petit Kaki‹«. Und fragt: »Das kennst du gut, was?« ›Mon petit kaki‹ oder ›Lettre de femme‹ war ein berühmter Schlager von 1939. Eine der Interpretinnen damals war Lucienne Boyer. Das Lied gibt einen Vorgeschmack auf die militärischen Zeiten, die in wenigen Monaten in Belgien folgen werden.
1939 war Ady 26 Jahre alt und sicher konnte sich Maria kaum etwas Schöneres für ihre Tochter vorstellen als eine Hochzeit mit einem lieben Mann. Vielleicht aber ging das Ady damals zu schnell, oder auch George war nicht der Richtige, jedenfalls verschwindet er wieder aus ihrem Leben. Zumindest für etliche Jahre.
Nichts deutet darauf hin, dass Ady eine frühe emanzipierte Frau war, die für sich ein Leben allein plante. Eher das Gegenteil ist der Fall. In diesen jungen Jahren wirkt sie nicht als die Entschlossene, Tatkräftige, sondern sie schien Reaktionen bei anderen herauszufordern, den schon erwähnten männlichen Beschützerinstinkt,wohl auch den Impuls, sie gern an der Seite zu haben, sich mit ihr zu zeigen, mit ihr zu schmücken.
Doch es war keine gute Zeit für Verliebtheiten. Die deutsche Wehrmacht hat bereits Norwegen und Dänemark überfallen, ohne dass der Westen ernsthaft eingeschritten wäre. Frankreich ließ sich das Heft des Handelns aus der Hand nehmen, und Anfang Mai 1940 überfielen die Deutschen Belgien. Bereits acht Tage später wurden die Gebiete von Eupen, Malmedy und Moresnet mit dem Deutschen Reich »wiedervereinigt«. Die, die nie aufgehört hatten, zu Deutschland gehören zu wollen, feierten mit den allseits bekannten Heil-Hitler-Rufen, reichlich Hakenkreuzfahnen und Kaffee und Kuchen die deutschen »Befreier.« Zehn weitere belgische Gemeinden, die nie zu Deutschland gehört hatten, wo die Bevölkerung aber einen plattdeutschen Dialekt sprach, wurden kurzerhand mitbefreit. Am 28. Mai 1940 musste, als letztes der Benelux-Länder, Belgien kapitulieren. Damit standen die Deutschen erneut in Antwerpen.
George am 12. 6. 1940. Die Deutschen haben bereits wieder das Regiment in Antwerpen übernommen.
Renée in Antwerpen
Am 10. Mai begann der Krieg für Belgien. Es war eine sonderbare und arme Zeit. Wir waren jedoch jung und genossen das Leben, auch wenn wir nicht genug zu essen hatten. Zu heizen war ebenso ein Problem wie die Kleidung, da mein Bruder und ich sehr schnell wuchsen. Für Mut ter war es wirklich schwierig. Alles wurde genommen, um ein neues Kleid daraus zu machen oder einen
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