Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich
einen grundsätzlichen Antiparlamentarismus. Ihr Anführer, Léon Degrelle, war einer der führenden belgischen Rechtsradikalen und diente schließlich Klaus Theweleit als exemplarisches Beispiel eines Faschisten, der »aus Ekel vor allem Weichen einen Panzer um seine Seele legte … frauenfeindlich, aggressiv und körperlich gepanzert.«
Maria und Ady im Garten in der Schippersstraat, 1932.
Die verschiedenen belgischen Gruppierungen unterstützten während der folgenden neuerlichen Besatzung mehr oder weniger aktiv die deutsche Militärverwaltung, die Gestapo und die SS, die flämische Legion der Waffen-SS verzeichnete bald über tausend freiwillige Mitglieder. Léon Degrelle schaffte es während des Krieges zum höchstdekorierten Offizier der Waffen-SS und wurde nach dem Krieg wegen der Erschießung von Geiseln im KZ Breendonk in Abwesenheit zum Tode verurteilt.
Georgeke , der Mann in Moll
Im Rheinland standen bereits die Deutschen. Österreich war »angeschlossen«, die Tschechoslowakei annektiert, Ende September 1939 fiel Hitlers Wehrmacht in Polen ein und die Kriegsgefahr wuchs auch im Westen. Die belgische Regierung erörterte auf diplomatischem Weg die Möglichkeiten des Einmarsches französischbritischer Einheiten auf belgisches Gebiet. Am Ende wurde beschlossen, dass die Unterstützung nur auf ausdrückliches Ersuchen der Belgier erfolgen sollte. Bei den deutschen Nachbarn versuchte man derweil auf politischem Weg zu intervenieren. Es wurde »nach Entspannung gestrebt, wo doch der letzte Narr hätte einsehen müssen, dass man nebenan die Hochspannung zu erzeugen wünschte und entschlossen war, den Funken springen zu lassen«. Der Schriftsteller und Essayist Jean Améry hatte längst schon keine Illusionen mehr über die Pläne Hitlers.
»A la petite Ady avec toute ma sympathie, George« (Für die kleine Ady mit all meiner Zuneigung, George).
Etwa zu der Zeit hatte Ady einen Mann kennengelernt, der vieles von ihrem Ideal mitbrachte: Charme, ein gewinnendes Lachen und eine sportliche Statur. George trat in ihr Leben, er nannte sich Georgeke. Auch er war wie schon Gus-Suske-Jefke beim Militär, bald sollten wieder alle Männer im wehrpflichtigen Alter eingezogen sein. Doch noch will sich niemand vorstellen, dass es die Deutschen ein zweites Mal wagen würden, ihre Nachbarn zu überfallen.
George spricht in seinen Briefen von erlaubtem und verwehrtem Ausgang und viel von Sportveranstaltungen, erlangten und zerronnenen Siegen und immer wieder von seiner Hoffnung, Ady treffenzu können. Er schreibt ihr zweimal täglich und endet stets mit Liebesschwüren. Leider sind nur drei Briefe von ihm erhalten geblieben, und auch die sind nicht vollständig. Alle drei sind nicht datiert, George beginnt sie mit verliebten Spielereien im Briefkopf wie »Enthält den 3. Brief von dem Verrückten« oder »Samstag, Stunde des Soldaten, 21.00 Uhr«.
Briefauszug Georgeke mit Zeichnung.
Ich glaube, dass, wenn ich wiederkomme, Oh! ja ich komme zurück, wenn ich einmal frei habe. Dass es dann auch wieder heiß sein wird. Das Schloss im Norden wird offen sein, St. Anna auch, hoffe ich, dann Schoten und alles dort, mach dein Fahrrad schon mal bereit, so dass ich nur noch deine Reifen aufpumpen muss. Hoffentlich wird es so schön wie heute am Samstag, den achten. Ich komme abends oder nachts, Chéri. Du wirst mich erwarten. Ich werde mich die ganze Nacht auf deinem Sofa in deinen Armen ausruhen. Und gegen fünf oder sechs Uhr oder mit dem 8- oder 9-Uhr-Zug fahre ich zurück. Ich glaube, dass deine Eltern verstehen, wenn nicht, können wir eine Stunde zusammenbleiben und dann getrennt schlafen!
Chéri , mach dich bereit wie du willst. Ich möchte, dass du schön bist wie immer, aber zieh deinen Pyjama an, er steht dir sehr gut.
Jetzt werde ich schlafen. Den Tag über denke ich hauptsächlich viel an dich! Ich liebe dich mehr als je zuvor.
Das ist sicher, der Hahn fühlt, welche Henne er liebt. Ich habe immer gefühlt fern von Antwerpen, vor allem beim Militär, wen ich am meisten vermisse in den Mauern meiner geliebten Geburtsstadt.
Noch einmal, auf morgen, meine Liebe, Georgeke Mes compliments chéz toi!
George ist sehr verliebt in seine kleine Frau, wie er Ady nennt und er plant mit ihr die gemeinsame Zukunft.
Ich glaube wohl, dass ich wahrscheinlich unsere Medaille und das Kriegsdiplom bekommen werde. Das könnte ich unseren Kindern zeigen. Wie Papa, der alte Kämpfer, seinen kleinen Kindern erzählen könnte von seinen
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