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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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desto mehr Alternativen tun sich auf. Kann eine davon richtig sein, wenn alle schlecht aussehen?
    Wenn ausgewachsene Narwale zum Atmen auftauchen, dann durchbrechen ihre Köpfe nur so gerade eben die Wasseroberfläche. Ihre Augen, die ohnehin fast blind sind, bleiben unten. Deshalb kann so etwas Simples wie ein Robbennetz sie fangen. Für sie ist es eine hoch aufragende Steilwand.
    Die Kälber reißen gelegentlich die Köpfe hoch, wenn sie atmen. Noch nicht so anmutig im Wasser wie ihre Eltern, noch nicht so brav. Obwohl ich im Dunkeln nichts sehen kann, höre ich den kleinen Wal, der mir gefolgt ist, schlagen und platschen, fast als würde er sich rollen und drehen. Jetzt spüre ich plötzlich ein mächtiges Drücken, als sein massiger Körper dicht an mir vorbei durchs Wasser zieht. Er schwimmt einfach über das Netz weg, wo ich es mit meinem Körpergewicht ein wenig nach unten gedrückt habe. Unter seinem zusätzlichen Gewicht wird es noch weiter herabgedrückt. Ich werde untergetaucht. Die Boje wird herabgezogen und rollt auf mich. Ich verliere den Halt, gerate in Panik, greife nach irgendwas, das an der Oberfläche treibt, und begreife, dass ich eine Seilschlinge halte. Sie fühlt sich locker an. Warum?
    Dann kapiere ich schlagartig. Der Knoten, den ich ertastet habe, war gar nicht der Knoten des Netzes, sondern vielmehr der der Kette darunter. Die Oberkante des Netzes ist mit einer einfachen Schlaufe auf der Boje befestigt. Die Schlaufe fühlt sich jetzt lose an, weil die Boje vorübergehend untergetaucht ist. Immer noch unter Wasser, schwimme ich nach unten fort, ziehe das Seil mit mir, während der Wal wie eine Gewitterwolke über mir vorbeizieht. Die Schlaufe löst sich von der untergetauchten Boje, und das Seil wird mir aus der Hand gerissen, als das schwere Netz schnell durch das schwarze Wasser nach unten sinkt. Die Boje richtet sich wippend wieder auf, als der Narwal vorbei ist. Ich komme kurz darauf ebenfalls hoch, keuchend und spuckend, halte mich wieder an ihr fest. Das Netz ist immer noch an der Boje befestigt, die auf der anderen Seite der Bucht treibt, aber jetzt gibt es hier, auf dieser Seite, einen riesigen, klaffenden Ausgang.
    Ich suche das Kalb. Es ist fort.
    Eine Minute vergeht. Dann höre ich Laute: Schnattern, Klicken, Pfiffe, Quietschen.
    Die Strömung scheint sich zu ändern. Das Wasser ist aufgewühlt.
    Die Narwale beginnen hinauszuströmen. Die gewaltigen Körper schwimmen einer nach dem anderen vorbei, drei, vier nebeneinander. Einer streift mich mit einer Flosse. Ich klammere mich fester an die Boje, schlinge die Beine um die Kette, um von dieser Stampede im Wasser nicht mitgerissen zu werden.
    Immer mehr schwimmen vorbei. Zehn, zwanzig, mehr, als ich zählen kann. Draußen auf dem Meeresarm durchbrechen gelegentlich Köpfe die Oberfläche, glitzern im Sternenlicht. Die hocherhobenen Stoßzähne leuchten weiß.
    Einen Moment sehne ich mich danach, ihnen zu folgen, mich in diesen wunderschönen Strom einzufügen und weit hinaus aufs Meer zu schwimmen. Zurück an den Ort, wo ich gespürt habe, wie der Tod auf mich wartet. Seit dem Zusammenstoß hat er mich gerufen, geraunt: Ich bin hier. Du kennst mich jetzt. Du weißt, dass du bald zu mir kommen wirst.
    Noch nicht , flüstere ich. Jetzt noch nicht.
    Als die Wale fort sind und die Oberfläche des Meeresarms glatt und ungestört daliegt, schwimme ich langsam durch die Bucht zum Strand. Ich fühle mich recht gut, und mir ist nicht besonders kalt. Ich weiß nicht, wann mein Körper den Schalter umgelegt hat. Ich weiß nur, dass er es getan hat. Trotzdem ist es eine große Erleichterung, die schlingernden Narwal-Leichen hinter mir zu lassen und auf den Sand zu taumeln. Parnell fängt mich auf, hüllt mich in seine Jacke. Martin hat eine Taschenlampe. Sein von Anspannung gezeichnetes Gesicht ist in ihrem schwankenden Licht gut zu erkennen. Während ich geschwommen bin, ist Jimmy eingetroffen und hat die Taschenlampen gebracht, die uns den Rückweg zum Flugzeug erleichtern.
    Jemand drückt mir meine Klamotten in die Hand. Ich zittere viel zu sehr, um sie anziehen zu können, also hilft Parnell mir, kniet sich hin und bindet mir die Turnschuhe zu. Mit dem Rücken zu den anderen und mit belegter Stimme sagt er: »Wenn ich dich bitten würde, so was nie wieder zu tun, was würdest du dann antworten?«
    »Ich kann nichts dagegen tun. So bin ich nun mal.«
    Er nickt. »Ich schätze, dann lass ich das lieber.«
    Als ich so weit bin, machen wir uns

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