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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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Flucht verlassen. Falls Johnny die Wohnung überwacht hat, hätte er nur eine Menge Zeit verplempert, bis er festgestellt hätte, dass die zwei nicht mehr da waren.
    Aber Johnny ist kein Dummkopf. Er kennt mich und wird sich denken, dass ich sie so schnell wie möglich angerufen habe. Dann schnappe ich laut nach Luft, mir wird flau im Bauch. Er kennt mich. Mit einem Schlag ergreift mich Panik bei dem Gedanken, er könnte die wohlbegründete Vermutung haben, dass Thomasina und Noah im Haus meines Vaters in Beacon Hill sind.
    Scheiß auf die Bostoner Polizei. Als Allererstes rufe ich Thomasina an, die aber nicht rangeht. Mein zweiter Anruf gilt Jeffrey, der sich meldet. »Du musst mit Noah das Haus verlassen. Man könnte ihn dort finden. Ich kann dir im Moment nicht mehr erklären. Ich melde mich, versprochen. Bring ihn und Thomasina einfach irgendwohin, und das bald. Sofort. Jetzt.«
    »Immer mit der Ruhe, Pirio. Die Sache gefällt mir nicht. Wer sind diese Leute?«
    »Der eine ist ein Typ namens Max. Thomasina kennt ihn. Der andere heißt John Oster, ein Fischer. Er ist nicht hinter Noah her, er will mich.«
    »Warum gehst du nicht zur Polizei?«
    »Die Polizei wird nichts unternehmen. Ich habe keine Beweise, und bis die irgendwas herausgefunden haben, könnte Noah bereits etwas passiert sein. Bitte, Jeffrey. Du musst mir einfach nur glauben und Noah von dort fortbringen.«
    Ein zitterndes Seufzen. »Wohin soll ich sie bringen?«
    »Keine Ahnung. In eine Ferienanlage? Ein Sommerhaus? Irgendwohin. Hauptsache, du kommst schnell hin.«
    »Und du? Was ist mit dir?«
    »Ich bin mit einem Freund hier. Ich komme zurecht.«
    »Pirio, das alles klingt ziemlich verrückt. Du musst mir jetzt sofort sagen, was zum Teufel eigentlich los ist!«
    »Mache ich alles. Versprochen. Nur nicht jetzt. Ich brauch noch ein paar Tage.«
    »Pirio. Was hast du vor?«
    Diesen Tonfall habe ich schon so oft gehört. Als ich fünf Jahre alt war und Regenwürmer in die Küche gebracht habe. Mit zehn, als ich mich geweigert habe zu reden. Als ich fünfzehn war und Türen geknallt habe. Als ich zwanzig war und besoffen.
    Ich umklammere den Hörer fester, drücke ihn an mein Ohr. »Du bist immer für mich da gewesen, Jeffrey. Du hast immer für mich Partei ergriffen, wenn alle anderen gegen mich waren. Ich wüsste nicht, was ohne dich aus mir geworden wäre. Bitte. Ein letztes Mal.«
    »Ach, so ein Scheiß«, sagt er und kapituliert.
    »Gib mir bitte mal Thomasina, falls sie da ist.«
    »Sie hilft gerade Maureen, ihre Garderobe neu zu sortieren. Es ist erstaunlich, wie gut die zwei miteinander klarkommen.«
    »Sieh doch mal nach, ob du sie loseisen kannst.«
    Nachdem ich zwei Minuten mit Thomasina gesprochen habe (im Prinzip nur die Wiederholung meiner Unterhaltung mit Jeffrey), wird mir jäh bewusst, dass sie nüchtern ist. Sie ist gereizt, konzentriert, niedergeschlagen und ungeheuer vernünftig. Sie erzählt keinen Müll, keine Geschichten, keine Ausreden. Steht einfach nur mit nackten Füßen auf den glühenden Kohlen der Realität. Trotzdem ist schwer abzuschätzen, wie viel sie von dem, was ich sage, wirklich begreift, und ich bin sehr dankbar, dass zumindest Jeffrey die Dringlichkeit der ganzen Sache versteht.
    »Ich kann nicht schlafen. Ich leide unter Schlaflosigkeit. Das Gästezimmer ist mir viel zu geblümt. Ich behalte nichts bei mir. Deine Stiefmutter räumt gerade ihren Kleiderschrank aus. Und jetzt erzählst du mir so was«, sagt sie empört.
    »Wie wär’s mit einem schönen Urlaubshotel in Vermont? Stell dir einen Whirlpool vor, eine Masseuse. Halte dich einfach nur von der Bar fern.«
    »Fang jetzt nicht an, mich zu maßregeln, okay? Tu mir nur diesen einen Gefallen. Von jetzt an behalte deine guten Ratschläge für dich.«
    Am liebsten hätte ich durch den Hörer gegriffen und sie umarmt. »Wie viele Tage?«
    »Was für einen beschissenen Unterschied macht das schon?« Pause. »Vierzehn. Seit Foxwoods.«
    »Lass dich von Maureen nicht zu einem Glas Wein überreden.«
    »Oh, mein Gott. Ich wünschte, sie würde mir Alkohol aufdrängen, statt mir permanent helfen zu wollen. Mit ihren ganzen Ratschlägen ist sie noch schlimmer als du. Wusstest du, dass du ein heißer Anwärter auf ein Delirium tremens sein könntest? Ich habe mit den Anonymen Alkoholikern gesprochen und dir eine Liste ihrer Treffen ausgedruckt. Der B-Vitamin-Komplex ist wirklich sehr hilfreich. Ich könnte dir einen guten Psychiater empfehlen.« Sie seufzt. »Jeffrey

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