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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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Vergleich dazu fast nach. Das Schiff bewegt sich nicht.
    Ich sitze aufrecht auf einem Stuhl, die Hände auf den Rücken gefesselt. Meine Schultern schmerzen, und ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen. Ich atme flach und stockend.
    Die ganze Zeit habe ich angenommen, ich sei allein, bis ich einen Stuhl auf dem Boden kratzen höre. An der Veränderung der Luft spüre ich, dass sich mir jemand nähert. Die Augenbinde wird mir heruntergerissen. Meine matten Augen nehmen die Ecke eines Jacketts und einen schwarzen Ledergürtel wahr. Der Mann tritt zurück, und ich sehe anderthalb Meter vor mir ein Paar Füße in dreckigen Nike-Turnschuhen, die auf einem Tisch liegen. Meine Augen stellen die Bildschärfe langsam auf ein Gesicht ein. Zuerst ist es nur eine runde weiße Kugel unter einem rötlichen Schein. Dann bilden sich Formen heraus, und die Kugel verwandelt sich in die hartherzige, unbewegte, kantige Visage von John Oster. Füße auf dem Tisch, Oberkörper zurückgelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt.
    Auf dem Tisch liegen außerdem ein MacBook und eine schwarz-­silberne Handfeuerwaffe, ungefähr zwölf Zentimeter lang.
    »Wo ist Parnell?«, frage ich.
    Johnny lächelt leicht. »Magst du ihn mehr als mich? Glaubst du, er ist intelligenter?«
    »Tu nicht so, als wäre das hier persönlich.«
    »Ich sage dir, der Junge hat sich nach fünf Minuten Folter in die Hosen gemacht. Er ist da drinnen und heult wie ein Baby. Versucht, mir seine Mutter zu verkaufen, aber ich will die Schlampe nicht.«
    Wir befinden uns in einem höhlenartigen Raum mit zwei sich daran anschließenden Stahlröhren und einem Beförderungsband aus Kunststoff dazwischen, das durch ein Metallgehäuse führt, vor dessen Schlund Plastikstreifen hängen. Von diesem Aufbau gibt es noch zwei weitere. Drei Verarbeitungsstationen. Über uns hängen riesige Metallhaken, an denen eine Art Abwurf vom Deck darüber befestigt ist, wie eine breite Rutsche, durch den sich die Fische nach unten ergießen. Hinter dem Verarbeitungsbereich ist eine große Stahltür, rundherum mit Gummi abgedichtet. Auf ihr befindet sich ein Rad mit einem Durchmesser von ungefähr dreißig Zentimetern, um die Tür sauber zu versiegeln. Ein begehbarer Gefrierschrank.
    Als Johnny sagte Er ist da drinnen , deutete er mit dem Kopf kurz zu dieser Tür.
    Er wirft seinem Lakaien kurz angebunden eine Frage zu. »Wie viel Sauerstoff ist noch da?«
    »Zwanzig Minuten, vielleicht dreißig«, sagt der Kerl. Er hat einen zotteligen, schwarzen Ziegenbart und einen starken, gutturalen Akzent, den ich problemlos als Russisch identifiziere. Entweder war er einer der Kerle im SUV , oder es läuft eine ganze Reihe von diesen Anzugtypen herum.
    »Wenn du jetzt schnell redest, darfst du zu ihm da rein, solange er noch lebt«, sagt Johnny und neigt mit ekelhafter Galanterie leicht den Kopf.
    »Ich habe nichts zu sagen.«
    Ziegenbart starrt mich an, als würde es gleich sehr interessant.
    »Stimmt. Hast du nicht. Wir haben seinen Laptop mit der halbfertigen Story und dem Film. Ich habe mir übrigens dein Video angesehen. Nicht besonders gelungen. Total unscharf. Schlechte Tageszeit fürs Filmen, würde ich mal sagen.« Er lässt seine Füße vom Tisch gleiten. »Wie auch immer, nicht mehr lange, und es liegt auf dem Grund des Hafenbeckens. Und wenn du und Romeo verschwunden seid, wird niemand mehr übrig sein, der weiß, was da oben passiert ist.«
    »Falsch. Die kanadischen Behörden wurden bereits informiert. Die Geschichte wird bald veröffentlicht, wenn’s nicht bereits passiert ist. Bob Jaeger, Dustin Hall und Ocean Catch werden in allen Nachrichten sein. Ich vermute, einer von euren Matrosen wird über kurz oder lang quatschen, und alles kommt ans Licht. Und vielleicht wirst auch du dann die eine oder andere Frage beantworten müssen.«
    Er lächelt mit trauriger Herablassung. »Das ist eine nette Geschichte, die du dir da selbst erzählst. Aber du vergisst da etwas. Geld. Es gibt keinen Beamten, tot oder lebendig, den man nicht bestechen kann, und Jaeger und seine Freunde können mit ziemlich viel Geld um sich werfen. Mit richtig viel. Ich vermute mal, man klopft ihnen höchstens etwas auf die Finger, damit sie sich zukünftig ein klein wenig besser benehmen.«
    »Aber –«
    »Und hier unten in den Staaten? Komm schon, denk drüber nach, Pirio. Wer interessiert sich schon für ein paar tote Fische oben in der Arktis? Wenn du den Film hättest, klar, dann hättest du vielleicht was. Jeder will

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