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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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Wohnhauses mit Betonstufen und einer alten verglasten Haustür, in der eine nette Spitzengardine hängt. Ich höre, wie Jasper sie glücklich bellend begrüßt, als sie das Haus betritt.
    *
    Zwanzig Minuten später ist ihre Stimme auf meinem Anrufbeantworter. »Zweimal im Monat kommt die Bay State Cleaning Company und reinigt den Verarbeitungsbereich und die Büros von Ocean Catch. Es sind fünf oder sechs Leute, glaube ich, die praktisch die ganze Nacht arbeiten. Sie haben eigene Schlüssel für eine Kellertür an der Seite des Gebäudes und für alle Büros. Sie kommen immer am ersten und dritten Mittwoch jeden Monats. Also werden sie das nächste Mal nächsten Mittwoch dort sein, am 2. Oktober. Ha! Das ist mir wieder eingefallen!« Ich kann ihr strahlendes Lächeln beinahe hören. »Viel Glück, Pirio.«

Kapitel 16
    A m Morgen nach meiner plötzlichen Abreise aus Panama City rief Eileen ganz aufgeregt wegen des abgesagten Ex­periments an, das an diesem Montag hätte stattfinden sollen. Ich hatte mich entschuldigt und als Grund einen Notfall in der Familie genannt. Sie fragte, wann ich kommen könne, um den wichtigsten Teil des Tests durchzuführen. Ich antwortete, sobald meine Familiensache geklärt sei. Am Mittwoch, unmit­telbar vor Beginn der Schnüffelparty, rief sie im Büro an. Ich behauptete, es sei immer noch alles in der Schwebe. Als sie am folgenden Morgen wieder anrief, ließ ich ihr von der Sekretärin ausrichten, ich sei in einer Besprechung. Ich wäre leider noch nicht dazu gekommen, mich wieder zu melden, da ich sehr beschäftigt sei. Die Wahrheit ist, dass ich die ganze Geschichte mit der Navy einfach ausgeblendet habe. (Ausreden: sich um Noah sorgen, Thomasina aus dem Gefängnis holen, das geheimnisvolle Schiff finden, die falsche Identität eines angeblichen Schadensermittlers aufdecken. Ach, und noch was: nicht sonderlich versessen darauf sein, praktisch zu erfrieren.)
    Aber Commander Audrey Stockwell dachte ja gar nicht ­daran, eine Versuchsperson aus ihren Fängen zu lassen. Schon gar nicht, wenn bereits in erheblichem Umfang Zeit und Geld der Navy investiert worden waren. Also rief sie Freitagmorgen höchstpersönlich bei mir zu Hause, im Büro und auf dem Mobiltelefon an, um mich erneut in ihre Stadt am smaragdgrünen Meer einzuladen. Als ich ihre Rufnummer im Display sah, nahm ich den Anruf nicht an, also hinterließ sie eine Nachricht auf der Mailbox. Sie war durchaus freundlich, aber ihre Stimme war eine säuerliche Mischung aus Essig und Zucker im Verhältnis drei zu eins. Mich beschlich das Gefühl, wenn ich nicht bald bei der NEDU erschiene, würden mitten in der Nacht bewaffnete Soldaten vor meiner Tür auftauchen, während unten auf der Straße eine schwarze Limousine mit laufendem Motor wartete. Also holte ich tief Luft, wählte ihre Nummer, wurde zu Eileen umgeleitet und nuschelte irgendeine Halbwahrheit. Völlig unerwartet hätte ich an einer Beerdigung (eines Hamsters) teilnehmen müssen. Das half uns über die peinliche Situation hinweg. Eine halbe Stunde später mailte Eileen mir die Reisedaten und Unterlagen.
    Heute, um zwölf Uhr mittags, breche ich nach Panama City auf und fliege erst am folgenden Abend zurück. Zwei weitere Tage nicht im Büro. Maureen nimmt meine ganzen und halben Krankentage klaglos hin. Sie hört nicht auf zu fragen, wie ich mich fühle und ob ich dieser oder jener vollkommen alltäglichen Aufgabe gewachsen sei. Ich glaube fast, sie meint, ich solle einen ausgedehnten PTBS-Urlaub nehmen.
    Bis zu meinem Flug sind es noch ein paar Stunden, also bleibt mir Zeit für Unerledigtes. Wäsche, putzen – solche Dinge. Ich mag sie sogar. Das Ergebnis ist immer herrlich. Frischer Duft, zusammengelegte Kleider, saubere Laken. Die Zahncreme-Tube, von unten hochgedrückt, der Verschluss zugedreht, liegt friedlich neben der Zahnbürste. Ordnung war für mich schon immer eng mit Wohlfühlen verbunden. Was kann schon passieren, wenn frische Blumen auf dem Tisch stehen, schön arrangiert in einer Kristallvase?
    Im Wohnzimmer fange ich an – staple Zeitschriften, schüttle Kissen auf, ziehe Sitzpolster von der Couch. In der Falte ganz hinten, da wo sich gerne Stifte und Krümel verstecken, schimmert etwas Metallisches. Ich ziehe es ein wenig beklommen ­heraus, denn mir ist gleich klar, dass es nicht von mir ist. Aber es ist auch nichts Schlimmes – nur Noahs verschwundenes Handy. Es muss ihm aus der Tasche gerutscht sein, als er neulich nach dem Taffy’s hier

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