Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)
eine Stadt, in der du nicht arbeiten müsstest.«
Als Katherine bewusst wurde, dass sie bei der Wendung ihres Gesprächs angekommen waren, die sie bereits vor zehn Minuten geahnt hatte, hielt sie im Zwiebelnhacken inne. Kaum hatte er die Frage gestellt – »Was würdest du davon halten, nach Luxemburg zu ziehen?« –, war ihr klar gewesen, dass sie geradewegs darauf zusteuerten. Sie würde ihren Job aufgeben müssen, und zwar endgültig. Im ersten Moment durchströmte sie ein tiefes Gefühl der Erleichterung – darüber, eine Lösung für ein scheinbar unlösbares Problem gefunden zu haben. Sie würde kündigen müssen . Es war nicht ihre Entscheidung, ihr blieb keine andere Wahl.
Sie hatte ihrem Mann nie gestanden – eigentlich nicht mal sich selbst –, dass sie ihren Job am liebsten hinschmeißen wollte. Und nun bestand keinerlei Notwendigkeit mehr, es auszusprechen.
»Und was würde ich dann machen?«, fragte sie. »In Luxemburg? Ich frag mich, ob es das überhaupt wirklich gibt.«
Er lächelte.
»Du musst zugeben, dass es sich anhört, als hättest du es erfunden«, sagte sie.
»Du wirst das süße Nichtstun genießen.«
»Mal im Ernst.«
»Das ist mein Ernst. Du kannst Tennisstunden nehmen. Unsere Reisen planen. Ein neues Haus einrichten. Sprachen studieren. Einen Blog schreiben.«
»Und wenn mir langweilig wird?«
»Falls dir langweilig werden sollte, kannst du dir immer noch einen Job suchen.«
»Und zwar was für einen?«
»Washington ist nicht die einzige Stadt auf der Welt, in der Menschen Positionspapiere erstellen.«
Katherine richtete ihren Blick wieder auf die Zwiebel und hackte weiter. »Touché.«
»Tatsache ist«, fuhr Dexter fort, »dass Luxemburg neben Brüssel und Straßburg zu den wichtigsten Hauptstädten der EU gehört.« Mittlerweile hörte er sich schon an, als wäre er der Sprecher eines Werbespots für dieses verdammte Kuhdorf. »Ich kann mir vorstellen, dass dort jede Menge Nichtregierungsorganisationen ansässig sind, die nur zu gern eine clevere Amerikanerin auf der Empfängerliste ihrer großzügigen Gehälter hätten.« Okay, nicht nur Sprecher eines Werbespots, sondern auch Personalberater. Einer dieser stets gut gelaunten Human-Resources-Typen mit Bügelfalten in der Freizeithose und lustigen Bommeln auf den Slippern.
»Und wann soll all das über die Bühne gehen?«, fragte Kate, um die Unterhaltung von ihrer Person, ihrer Zukunft abzulenken. Um sich zu verstecken.
»Na ja.« Er stieß einen viel zu tiefen Seufzer aus. Dexter war ein miserabler Schauspieler, der seine Fähigkeiten bei Weitem überschätzte. »Das ist der Haken.«
Er sprach nicht weiter. Das war eine von Dexters nervtötenden Eigenschaften: Er zwang sie, ihn mit Fragen zu löchern, statt einfach mit den Antworten herauszurücken, von denen er genau wusste, dass sie sie hören wollte. » Ja? «
»So bald wie möglich«, brachte er schließlich mühsam hervor, als wäre er dazu genötigt worden, was umso deutlicher machte, dass er es verdiente, mit Tomaten und faulen Eiern beworfen zu werden.
»Das heißt?«
»Dass wir nur noch bis Ende des Monats hierbleiben würden. Und ich müsste schon vorher ein- oder zweimal hinfliegen. Äh, am Montag.«
Katherine fiel die Kinnlade herunter. Das Ganze kam nicht nur aus heiterem Himmel, es kam in einem Affenzahn aus heiterem Himmel. Ihre Gedanken überschlugen sich. Wie sollte sie so schnell aus ihrem Job herauskommen? Das würde schwierig werden. Und es würde Verdacht erregen.
»Ich weiß ja«, fuhr Dexter fort, »dass das alles sehr kurzfristig ist. Aber überleg doch mal – so viel Geld? Da muss man eben Opfer bringen. Und in diesem Fall noch nicht mal ein besonders großes. Wir müssten nur so schnell wie möglich nach Europa umziehen. Und sieh mal hier.« Er griff in die Tasche, faltete ein Blatt Papier auseinander und strich es glatt. Es schien eine Aufstellung zu sein. BUDGET LUXEMBURG stand in Großbuchstaben darüber.
»Der Zeitpunkt ist eigentlich sogar gut «, erklärte Dexter, ohne Anstalten zu machen, ihr zu erklären, weshalb alles so schnell gehen musste. Katherine sollte die Eile erst viel, viel später verstehen. »Schließlich sind im Augenblick noch Sommerferien, und wir wären rechtzeitig zum Schulbeginn in Luxemburg.«
»Und in was für eine Schule …?«
»In eine englischsprachige Privatschule.« Dexter hatte auf jede Frage eine Antwort parat. »Die mein neuer Arbeitgeber bezahlt.«
»Und ist es auch eine gute
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