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Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition)

Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mawer
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Der ehemalige Eisenbahner redet weiter, erzählt von Streiks vor dem Krieg, davon, dass sie sich nichts haben bieten lassen, von Demonstrationen und Sabotage. »Wir haben den jaunes gezeigt, wo’s langgeht«, sagt er. »O ja, wir haben uns von denen nichts gefallen lassen.« Und während sich ein Teil ihres Verstandes fragt, wer die »Gelben« sein mögen, ruft ein anderer Teil die Adresse in Erinnerung, die sie auswendig weiß, den Grund, warum sie hier in Paris ist, abgesehen von der Sache mit Yvette. Place de l’Estrapade.
    Clément.
    Die Frau kommt mit dem Kaffee herein – ein ungenießbares Gebräu aus Eicheln und Zichorie –, und sie trinken in beklommenem Schweigen. Schließlich steht Alice auf und geht. Draußen hat es angefangen zu regnen, ein dünner, bitterkalter Nieselregen, so unangenehm wie jeder Ersatzkaffee.
    III
    Von der Place d’Italie nimmt sie noch einmal die Métro, steigt an der Place Monge aus und kommt an der Kaserne der Garde Républicaine ans Tageslicht. Über einem der Tore ermahnt ein Schriftzug die Menschen zu Travail, Famille, Patrie , wo es einmal Liberté, Égalité, Fraternité hieß. Gemessen an so viel institutioneller Macht, fühlt sie sich unbedeutend, bloß eine junge Frau mit einem Koffer voll Kleidung und zwei Kristalldetektoren. Was lässt sich damit schon bewirken? Sie geht den Hügel hinauf, wie sie es vom Stadtplan in ihrer Tasche verinnerlicht hat. Du musst immer wissen, wo du hinwillst. Immer zielstrebig gehen. Immer einen Grund haben für das, was du tust. Aber welchen Grund hat sie jetzt gerade?
    In der Rue Lacépède bleibt sie stehen, taumelig vor Müdigkeit, stellt ihren Koffer ab und blickt in das Schaufenster eines Ladens. Folgt ihr jemand? Vielleicht dieser furchtbare Kerl, dieser Julius Miessen. Aber in dem milchigen Spiegelbild ist niemand zu sehen, keine Gestalt, die vor den verstaubten Waren hinter der Scheibe schwebt – Töpfe und Pfannen, ein Sieb, ein Wiegemesser, Dinge für die Zubereitung von Lebensmitteln, die fast vollständig aus den Regalen verschwunden sind. Sie vergewissert sich mit einem Blick in alle Richtungen. Die schmale Straße hinter ihr ist leer. An Laternenpfähle gekettete Fahrräder. Keine Autos. Keine Menschen. Sie steht einen Moment lang da, lockert die Schultern wie eine Sportlerin, bevor sie wieder den Koffer nimmt und weiter den Hügel hoch auf die Place de la Contrescarpe geht, ein kleiner, verregneter Platz mit zwei heruntergekommenen Cafés am Rand sowie einem Pissoir und einem vom Mehltau befallenen Baum in der Mitte. Sie entscheidet sich für eines der Cafés – dunkel, mit niedrigen Deckenbalken –, um sich auszuruhen, etwas zu essen und nachzudenken; vor allen Dingen muss sie nachdenken.
    Ein Kellner bringt ihr etwas, das die Speisekarte als Zwiebelsuppe bezeichnet, eine braune Brühe, in der ein paar Zwiebelringe schwimmen und ein schlaffes Stück Brot ertrinkt. Sie löffelt die Suppe und steckt die Nase in ihr Buch, versucht, die Tatsache auszublenden, dass sie die einzige Frau im Lokal ist und einer von den anderen Gästen sie nachdenklich beobachtet. Die Übermüdung bringt eine gefährliche Unachtsamkeit mit sich. Sie kann sich nicht konzentrieren. Sie muss sich konzentrieren. Sie ist hier schutzlos, und überall lauern die Falken. Sie braucht einen Ort, wo sie schlafen kann, eine Weile ausruhen, wo sie den Mut aufbieten kann, der ihr in Schottland und Beaulieu und Bristol eingeflößt wurde. Und der einzige Ort, der ihr einfällt, ist Cléments Wohnung.
    »Möchten Sie das plat du jour? «
    Sie blickt erschrocken auf. Der Kellner steht vor ihr, nimmt den Suppenteller weg und wischt flüchtig den Tisch ab. »Ja«, sagt sie hastig, als hätte sie Angst, dass er das Angebot zurücknimmt. »Ja, bitte.«
    Er nickt und geht. Sie blättert eine Seite ungelesen um und erinnert sich an Annecy: an den See, an das Haus der Pelletiers am Ufer, mit einem Rasen bis ans Wasser und einem Steg, wo das Boot vertäut lag. Und an die gemeinsamen Segeltörns. Sie hat alles wieder vor Augen – das Flattern der Segel im Wind, fliegende Gischt und Lachen, ein offenes, ebenbürtiges Lachen. Und sie erinnert sich an eine Empfindung irgendwo tief in ihr drin, ein organischer Drang, ganz neu und beunruhigend, etwas, das nur auf Clément gerichtet war, in Shorts und einem alten, zerrissenen Hemd, eine Hand am Ruder des kleinen Bootes, das mit dem Wind dahinjagt, während die Gischt aufspritzt und sie beide ausgelassen lachen.
    »Wohin soll

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