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Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition)

Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mawer
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erahnen noch den Fremdkörper in ihrem Schoß.
    Dann ist sie auf Höhe des parkenden Wagens.
    Es wird nichts passieren. Sie ist nur verunsichert durch die unbekannte Umgebung, durch Paris mit seiner grimmigen Armut, seiner bangen Schweigsamkeit, seiner Apathie. Sie hat ganz ohne Grund Schiss bekommen. Die suchen nicht nach ihr, die sind gar nicht an ihr interessiert, die tun nur das, was sie immer tun: Angst und Unsicherheit verbreiten.
    Als sie an dem Wagen vorbeigeht, öffnet sich die Beifahrertür, und eine Frau steigt aus, eine kleine, fast zierliche Frau, die nicht den üblichen Regenmantel trägt, sondern eine Lederjacke mit Fellkragen.
    »Herkommen!«
    Alice bleibt stehen, dreht sich um. Eine Frau ist schlimmer als ein Mann. Eine Frau kennt die verschlungenen Windungen des weiblichen Verstandes und Körpers. Eine Frau weiß, wozu Frauen imstande sind.
    »Ich?«
    »Sie.«
    Bloß ein einzelnes Wort, herrisch. Gehorsam erwartend. Alice geht zu dem Wagen zurück und bleibt stehen wie ein Schulmädchen, das zur Direktorin zitiert wurde und mit einer Standpauke rechnet.
    »Papiere.«
    Ihre Papiere werden genau in Augenschein genommen. Aber Papiere bedeuten nichts: Sie lügen ebenso oft, wie sie die Wahrheit sagen. Das liegt in der Natur der Dinge. Das kleine, fast perfekte, fast hübsche Gesicht der Frau blickt zu Alice hoch. Es ist von goldenen Locken umrahmt, aber die Züge sind hart, wie Porzellan. »Lussac? Wo ist das?«
    »Im Südwesten.«
    »Und was machen Sie hier?« Das Französisch der Frau ist das einer Muttersprachlerin, aber mit elsässischem Akzent. Sie ist eine Mischform, genau wie Alice eine Mischform ist. Ein Amalgam. Deutsch und Französisch, Englisch und Französisch, es ist kein großer Unterschied. Ein Bastard.
    »Ich bin zu Besuch.«
    »Zu Besuch bei wem?«
    Verrat nie mehr, als du gefragt wirst. Gib niemals von dir aus Informationen preis. Erweck einen freundlichen und leicht begriffsstutzigen Eindruck.
    »Bei Freunden.«
    »Wieso haben Sie Freunde in Paris?«
    »Ich hab hier studiert.«
    Die Frau denkt darüber nach, blickt Alice in die Augen. »Wo sind Sie her?«
    »Aus dem Südwesten. Hab ich doch gerade gesagt.«
    »Wo sind Sie geboren? Wo sind Sie aufgewachsen?«
    »Ach so, Entschuldigung. Genf. Steht auch in meinem Ausweis. Genf. Aber meine Eltern waren Franzosen.« Und während Alice spricht, hebt die Frau den Kopf, fast so, als würde sie an den Worten schnuppern, die aus Alice’ Mund kommen, als suche sie nach dem Anflug eines Akzents, nach Assonanzen und Intonationen, die ihre Geschichte belegen oder widerlegen könnten.
    »Franzosen woher?«
    »Grenoble.«
    Ein Nicken. Offenbar ist sie überzeugt, dass Alice die Wahrheit sagt, dass in der Stimme ihres Opfers Anklänge der Schweiz und der französischen Alpen mitschwingen. »Ihr Koffer.«
    »Mein Koffer?«
    »Ja, Ihr Koffer. Aufmachen.«
    »Ach so. Klar.« Eine Naive, willig, verwirrt, zaghaft, leicht verängstigt, weil in diesen Zeiten niemand so ganz und gar legal ist. Sie sieht sich um, ob sie den Koffer irgendwo draufstellen kann, wo er sich bequemer aufmachen lässt, und da sie nichts entdeckt, öffnet sie ihn einfach auf dem Boden. Die Frau geht in die Hocke und fängt an, den Inhalt zu durchsuchen, stöbert zwischen Unterwäsche und Pullovern, Bindengürtel und Handtüchern, Rock und Jacke. Ihre schlanken Hände tasten in die Ecken, wie kleine Tiere, die im Unterholz nach Essbarem suchen, und fördern drei Päckchen in braunem Packpapier zutage. »Was ist das?«
    »Geschenke. Kaffee.«
    »Wo haben Sie den her?«
    »Toulouse.«
    »Schwarzmarkt?«
    »Nein.«
    Die Frau schnuppert daran, lächelt und behält ein Päckchen für sich, legt dann die zwei anderen zurück in den Koffer, fast so, als würde sie Alice ein Geschenk machen. Sie richtet sich auf.
    »Stellen Sie sich mit dem Gesicht zum Wagen. Hände aufs Dach. Beine auseinander.«
    »Was?«
    »Sie haben richtig gehört.«
    Und so stellt sich Alice mit dem Rücken zu der Frau breitbeinig hin, Arme gehoben, während die Hände der Frau über ihren Körper gleiten, unter die Jacke, wo sie den Achselschweiß spüren, dann nach vorn, um einen langen Augenblick ihre Brüste zu umfassen. Sie hört die Frau dicht hinter sich atmen. Die Hände bewegen sich sanft, streifen genüsslich die Brustwarzen, dann weiter, an den Seiten hinunter und über die Oberschenkel, dann plötzlich mit erschreckender Aufdringlichkeit unter ihrem Rock hoch, bis eine Hand, die rechte, ihr zwischen die

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