Die Frau, für die ich den Computer erfand
konnte … Mir musste kein Teufel begegnen, mir begegnete die Frau, eigentlich zwei Frauen, reife und kluge Frauen, erst die Schwester, dann sie … Sie wissen schon, wie ich das meine … Das ist natürlich nicht so dramatisch, ein Teufelspakt macht mehr Spektakel als eine mathematische Lady, aber so war es nun mal …
(Faust mit der Laubsäge)
Übrigens, da wir gerade wieder bei Faust sind. Der wollte ja immer alles im Hauruckverfahren erledigen. Der war eigentlich gar kein Erfindertyp, den hätt ich nicht mal als Angestellten brauchen können. Stellen Sie sich den Faust mal vor an der elektrischen Laubsäge! Oder beim Stanzen der Löcher in die Zelluloidbänder. Der hätte doch nach einem Tag, ach, was sag ich, der hätte nach einer Stunde das Weite gesucht … Oder selbst als Chef, als Inspirateur, in meiner Rolle, der wäre doch, mit Verlaub, arg überfordert gewesen.Tüfteln, grübeln, zeichnen, mit der höchsten Mathematik vertraut sein, Formeln fummeln, Fehler suchen, Fehler erkennen, Fehler beseitigen, und dann die Mitarbeiter motivieren, Geld beschaffen und Material beschaffen, immer wieder Fehler suchen, Fehler erkennen, Fehler beseitigen, den Vater mitbasteln lassen, die Mutter Erbsbrei für alle kochen lassen, und immer wieder Fehler suchen, Fehler erkennen, Fehler beseitigen, Fehler suchen und so weiter, das alles faustisch zu nennen, das kann nur einem Intellektuellen einfallen. Und dann, Sitzfleisch, als Erfinder brauchen Sie hundertfünfzig Prozent Sitzfleisch! … Und Faust im Team? Ohne meine Schwester, ohne die Eltern, ohne Ada, ohne die Freunde säße ich heute nicht hier, ohne die Kommilitonen, Soldaten aus der Nachrichtentruppe, die in ihrer Freizeit bei mir gearbeitet und Material beschafft haben, das kostbare Material, ohne die gäbe es keine Doktorhüte heute und nichts von mir in den Museen. Später, beim Bau der A 4, gegen Ende des Krieges, an die zwanzig Leute hatte ich da, Fremdarbeiter, Frauen, Russinnen, einen blinden Programmierer, ein tolles Team. Können Sie sich Faust mit Teamgeist vorstellen? … Beantworten Sie mir eine Frage bitte, junger Mann. Welches ist die wichtigste Erfindung Edisons? Es ist nicht das, was Sie als erstes denken, überlegen Sie einen Moment … Nein … Nein … Auch nicht … Na, ich werd Sie nicht weiter schmoren lassen, Sie sind eben kein Mann vom Fach.Glühbirne, Grammophon, Elektronenröhre, alles gut und schön, der Kinematograph und so weiter. Nein, die wichtigste Erfindung ist, dass er gewissermaßen das Erfinden erfunden hat, die Formel für Erfindungen. Kennen Sie die? … Macht nichts, ich werd es Ihnen sagen, die Formel lautet: Erfindung besteht aus ein Prozent Inspiration und neunundneunzig Prozent Transpiration … Gut, auch wenn Sie den Satz schon hundertmal gehört haben, was ich sagen will: An dieser Formel würde Faust schon scheitern. Oder können Sie sich den beim Schwitzen vorstellen, beim stundenlangen Suchen nach Fehlern? … Rechnen Sie mal mit, täglich zwölf Arbeitsstunden, mal 60 Minuten macht 720, ein Prozent davon 7,2. Also gut sieben Minuten Inspiration an einem langen, sehr langen Tag, nicht gerade viel für Leute, die sich einbilden, ein Genie zu sein …
(Ein Schritt rückwärts)
Röhren, sehen Sie, jedes Gespräch rundet sich, wenn man nur lang genug redet und frei genug und nicht im Dreiminutentakt. So kommen wir über den guten Edison, den Röhren-Edison, wieder zu mir, zu uns und zu meinem Freund Hartmut. Der hat die fertige A1 bestaunt und sich mit mir geärgert über die klemmenden Bleche und ganz trocken gesagt: Das musste mit Röhren machen … Da hatten wir nunjahrelang gesägt und gefeilt und geschliffen und Blechplättchen an Blechplättchen und Stahlstifte gefügt, und dann kommt dieser Spinner, dieser Casanova-Typ mit seinen Röhren … Eine Rechenmaschine ist doch kein Radio, hab ich zuerst gedacht. Ich bin im Grund ja immer ein Ingenieur gewesen, der sehen will, was er tut, der sehend begreifen will, wie die Dinge funktionieren … Kein Wunder, nebenbei, dass ich Maler geworden bin, ich habe eigentlich immer optisch gedacht. Und mich gescheut vor dem, was nicht durchschaubar ist, darum war mir die ganze Elektronik suspekt gewesen bis dahin. Aber es war klar, es war auch mir klar, mit der A1 konnte es so nicht weitergehen, obwohl die Idee völlig richtig war. Was nutzt das, wenn die Maschine ständig irgendwo bockt und
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