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Die Frau mit dem roten Tuch

Die Frau mit dem roten Tuch

Titel: Die Frau mit dem roten Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Garder
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und erst die leichten Atome und mit der Zeit Sterne, Planeten, Galaxien und Haufen von Galaxien entstanden. Unser eigenes Sonnensystem und unser Planet sind bekanntlich an die 4,6 Milliarden Jahre alt, also ungefähr ein Drittel so alt wie das ganze Universum, und über die Geschichte und Entwicklung der Erde haben wir inzwischen einen guten Überblick.
    Das allererste primitive Leben auf der Erde entstand bereits vor drei oder vier Milliarden Jahren, und ob es sich von Grund auf gebildet hat oder durch Kometeneinschläge oder Asteroiden von weither gekommen ist, spielt keine große Rolle. Interessant ist, dass am Anfang des Lebens ein Paradoxon steht: Die Bedingungen, die vonnöten sind, damit Leben stattfinden kann (eine sauerstoffhaltige Atmosphäre und eine beschützende Ozonschicht) mussten erst fehlen, damit Leben entstehen konnte. Die ersten lebenden Zellen haben sich deshalb vermutlich im Meer entwickelt, vielleicht in großer Tiefe. Freier Sauerstoff und eine Ozonschicht sind die Folge der Fotosynthese – also des Lebens selbst – und eine notwendige Voraussetzung dafür, dass höherstehende Organismen auf der Erde leben können. Aber es kann nicht noch einmal neues Leben entstehen. Alles Leben auf unserem Planeten ist vermutlich genau gleich alt.
    Lebende Zellen am Grund des Meeres waren vermutlich der Anfang, und von diesen ersten primitiven Lebewesen führt ein verschlungener Weg zu Weich-, Glieder- und Wirbeltieren und schließlich zu dir und mir, die wir, wie alle anderen Primaten, von spitzmausähnlichen Insektenfressern abstammen, die auf Abenteuer ausgingen, als vor 65 Jahrmillionen die Tyrannei der fleischfressenden Dinosaurier ein Ende genommen hatte. Weißt du noch, wie unheimlich es uns vorkam, dass die Schneehühner auf der Hardangervidda Nachkommen von Reptilien sein sollten? Und wie wir Witze darüber machten, dass wir späte Spitzmäuse seien? Noch über 60 Millionen Jahre sollte es dauern, bis unsere Urahnen auf der Bildfläche erschienen. So gesehen ist es vom Australopithecus zu uns nur ein Trippelschritt.
     
    Daran glaube ich, Solrun! Ich glaube an die Erkenntnisse der Kosmologie und Astrophysik, und ich glaube, dass die Biologie und Paläontologie uns die Entwicklung des Lebens auf der Erde erklären können. Ich glaube hundertprozentig an das naturwissenschaftliche Weltbild. Es wird fortlaufend aktualisiert, die Forschung geht zwei Schritte nach vorn und einen zur Seite oder auch einmal einen Schritt nach vorn und zwei zur Seite, aber ich glaube an die Gesetze der Natur, und das bedeutet im Grunde, an die Gesetze von Physik und Mathematik.
    Ich glaube an das, was ist . Ich glaube an Tatsachen. Uns sind noch nicht alle Phänomene des Universums und des Lebens bekannt, wir durchschauen noch längst nicht alles, und in unserem wissenschaftlichen Weltbild gibt es unzählige Leerstellen. Aber wir wissen und verstehen sehr viel mehr als unsere Vorfahren.
    Findest du es nicht beeindruckend, wie viel Wissen wir allein während der letzten hundert Jahre dazugewonnen haben? Mit Einsteins Spezieller Relativitätstheorie von 1905 fängt es an. Hinter der berühmten Gleichung E = mc2 verbirgt sich eine fast unvorstellbar tiefe Erkenntnis über die Natur des Universums. Energie kann in Masse umgeformt werden und Masse in Energie. Oder denk an Hubble, der herausfand, dass die Galaxien mit einer Geschwindigkeit proportional zur Entfernung auseinanderstreben. Seither wissen wir, dass das Universum expandiert und dass der Ursprung des Universums eben der Urknall ist. Wir schauen immer tiefer ins Weltall und wissen, dass wir dabei zugleich zurückblicken in seine Geschichte. Wir sind den Rätseln des Universums auf der Spur und entschlüsseln zur selben Zeit das menschliche Genom.
     
    Früher wurde gern behauptet, über die großen Fragen nach dem Ursprung der Welt oder dem innersten Wesen des Lebens zu sprechen, sei ebenso sinnlos wie eine Debatte über die Rückseite des Mondes, der Mond kehre uns schließlich immer dieselbe Seite zu. Heute kennen wir den Mond aus der Nähe, und wenn du etwas über seine Rückseite erfahren willst, gehst du in den nächsten Buchladen.
     
    Ich bin beeindruckt. Nein, nicht im Ernst.
    Du erinnerst mich an einen kleinen Jungen, der eine Frage nicht beantworten kann und sich damit behilft, dass er über etwas redet, was er weiß. Ich habe dich gefragt, was du heute über das eigentliche Wunder Welt denkst, was du glaubst , und nicht, was du meinst, dass du oder der Rest

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