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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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Geld und Sex.
    »Also um die Grundbedürfnisse des Menschen«, merkte Sam an.
    Als Mari zurückkam, verstummten die Gespräche am Tisch. Timothy stand auf.
    »Das Thema des heutigen Abends ist: Alles, was du schon immer über Lia wissen wolltest. Und die erste Frage lautet … Wir wissen, dass sie gern reist. Was ist ihr Lieblingsort im Ausland?«
    Lia lächelte. Alle bei Level wussten, in welcher Stadt sie schon drei Mal gewesen war. Reisen gehörten zu den wenigen persönlichen Dingen, über die sie am Arbeitsplatz sprach. Aber Mari würde die Antwort auf keinen Fall erraten können.
    »Wirklich schwierig. Fast unmöglich. Es gibt so viele Alternativen«, sagte Mari. Alle rechneten damit, dass sie lange nachdenken würde, doch dann lieferte sie die Antwort im Nu. »Sagen wir, eine Kleinstadt in Frankreich. Irgendwo in der Provence.«
    Sechs Augenpaare starrten sie entgeistert an. Lia war noch verblüffter als ihre Kollegen.
    »Stimmt genau! Woher weißt du das?«, fragte sie Mari.
    »Da kommen viele Kleinigkeiten zusammen«, erklärte Mari.
    Höchstwahrscheinlich interessiere Lia sich für Europa, und mit dem Gehalt einer Grafikerin könne sie sich ohnehin keine Reisen in ferne Länder leisten. Sie habe vorhin ein paar Worte auf Französisch gesagt, mit südfranzösischem Akzent. Ihre helle Haut deute darauf hin, dass sie keinen Strandurlaub mache. Im Lauf des Abends habe sie über Wein, gutes Essen und Kulturgenuss gesprochen.
    »Und dazu kommen noch viele ähnliche Kleinigkeiten. Wie heißt die Stadt, Lia?«
    »Carpentras. In der Provence.«
    »Gut geraten«, sagte Timothy. »Eine beeindruckende Schlussfolgerung. Oder einfach Glück.«
    Das war nicht bloß Glück, dachte Lia.
    Timothy stellte die nächste Frage: »Die Antwort wissen auch wir nicht. Was ist Lias wertvollster Besitz?«
    »Das sollte leicht sein«, antwortete Mari. »Im Allgemeinen gibt es nicht viel wirklich Teures. Aber ich muss nachdenken.«
    Alle warteten schweigend.
    Absurd , dachte Lia. Das kann sie nicht erraten. Es würde mir selbst schwerfallen, zu sagen, was mein wertvollster Besitz ist .
    »Lia könnte natürlich etwas geerbt haben. Aber ich denke, das Wertvollste, was sie besitzt, ist ein Aktienpaket«, sagte Mari schließlich.
    Lia lächelte.
    »Das ist wahrscheinlich richtig. Achttausend Pfund in einem Aktienfonds bei Carnegie«, sagte sie.
    » Jesus «, entfuhr es Sam. »Woraus willst du so etwas schließen können?«
    »Mit letzter Sicherheit aus gar nichts«, antwortete Mari.
    Was waren in aller Regel die wertvollsten Besitztümer eines Menschen? Eine Wohnung, ein Auto, vielleicht Schmuck und eben Geldanlagen.
    »Was weiß ich über eine Pressegrafikerin in London, mit einem angemessenen Gehalt, vielleicht 35000 Pfund jährlich? Damit allein kann man sich in dieser Stadt keine Eigentumswohnung leisten. Ein Auto zu besitzen lohnt sich in London nicht. Außerdem hat Lia vorhin erwähnt, dass sie mit dem Bus zur Arbeit fährt. Schmuck – wenn du ein wirklich wertvolles Schmuckstück hättest, würdest du es doch sicher bei deiner Geburtstagsfeier tragen? Bleibt also die Geldanlage. Das ist die wahrscheinlichste Alternative.«
    »Bravo!«, rief Sam.
    »Oje«, seufzte Lia. »Ich fühle mich so durchschnittlich. Und langweilig.«
    »Brauchst du nicht«, sagte Mari. »Das ist nur der sichere, normale Teil deines Ichs. Tatsächlich bist du viel aufregender.«
    Die Männer pfiffen.
    »Ein Flirt unter Frauen! Eine der schönsten Formen von Sex!«
    »Mal sehen, ob du die nächste Frage auch so leicht lösen kannst«, meinte Timothy und brachte die anderen mit einer Handbewegung zum Schweigen.
    »Die Sexfrage«, stöhnte Lia und verdrehte die Augen.
    »Ja, die große Sexfrage!«, verkündete Timothy. »Uns ist klar, dass eine schöne Frau wie Lia massenweise Verehrer hat. Aber mit wie vielen Männern hat sie schon geschlafen?«
    »Das ist eine Frage, die Außenstehende unmöglich exakt beantworten können«, sagte Mari.
    »Es ist eine verdammt blöde, chauvinistische und widerliche Frage«, schnaubte Lia verärgert.
    »Kann sein«, gab Timothy zu. »Aber an sich handelt es sich doch um die natürlichste Sache der Welt. Allerdings hat Mari wohl recht, die exakte Ziffer zu raten wäre reiner Zufall.« Er formulierte seine Frage anders: »Liegt die Zahl am nächsten bei eins, fünf, zehn, fünfzig oder hundert?«
    Die Männer grinsten zustimmend, aber Lia schüttelte den Kopf. Sie ärgerte sich nicht nur über den albernen Voyeurismus, sondern

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