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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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und zwar Anfang Dezember, übernommen. Pensley war knapp einen Monat danach befördert worden, folglich liegt auf der Hand, dass er seinen Aufstieg Camerons Unterstützung verdankt.«
    Timothy schwieg verärgert.
    »C.Y.F.F.«, grinste Sam und erklärte Mari den Ausdruck.
    In ambitionierten Redaktionen legte man Wert auf drei Dinge: Sprachgefühl, eine gute Vernetzung, durch die man an exklusive Nachrichten kam, und genaue Recherche. Zu Letzterem gab es eine Abkürzung, mit der man per E-Mail Kollegen rügte, denen sachliche Fehler unterlaufen waren: C.Y.F.F., check your fucking facts .
    »Wir arbeiten übrigens bei Level «, fügte Sam stolz hinzu, und Lia las an Maris Gesichtsausdruck, dass er damit keinen Eindruck machte.
    »Das habe ich mir schon gedacht«, gab Mari zurück.
    Sie war zweifellos intelligent und fähig, zu debattieren, was sie für die Journalisten am Tisch sexyer machte als alles andere. Dennoch vergaßen sie nicht, wer die eigentliche Hauptperson des Abends war.
    Lia war in dem vorwiegend männlichen Team auch deshalb so beliebt, weil sie sich bei Debatten zu behaupten wusste und jede Frotzelei mit gleicher Münze heimzahlte. Alle bei Level waren gewitzt und schlagfertig. Die Zeitschrift war in den 60er-Jahren von idealistischen jungen Journalisten gegründet worden. Damals hatte sie sich ganz auf Politik konzentriert. Allmählich waren auch Kultur und Unterhaltung dazugekommen. Sie hatte den Anspruch, die Auffassungen aller Parteien ebenso kritisch zu kommentieren wie neue Pop-Alben. Und trotz der sinkenden Auflage übte Level noch immer einen gewissen Einfluss auf die öffentliche Meinung aus.
    Nach elf bat Mari die Kellnerin, eine Flasche Wasser zu bringen. Erst jetzt merkte Lia, dass sie ihre Strategie vergessen hatte. Ein Rausch musste gepflegt werden wie ein Lagerfeuer.
    »Ich dachte, finnische Mädchen könnten trinken«, zog Sam die beiden auf.
    »Trinken«, sagte Lia mit Nachdruck und hob ihr Wasserglas, »ist nur eins der vielen Dinge, die finnische Mädchen beherrschen.«
    Die Männer brachen in lautes Lachen aus. Mari lächelte nur.
    Mit zunehmender Trunkenheit wurde immer wieder auf denselben Themen herumgeritten. Auch Timothy konnte die Diskussion über Brian Pensley nicht vergessen.
    »Mari, dein politisches Wissen in allen Ehren, aber Pensleys Unbeliebtheit ist nicht nur auf sein langweiliges Aussehen zurückzuführen. Hast du ihn schon mal bei einem Auftritt erlebt?«
    »Aber ja«, antwortete Mari.
    »Und du glaubst wirklich, seine Probleme hätten nichts mit den politischen Auffassungen der Tories zu tun?«
    »Doch, die spielen natürlich auch eine Rolle. Aber bei Pensleys Auftritt habe ich ihm sofort angesehen, dass er mit seiner Rede niemanden überzeugen wird. Höchstens ein paar Bettlägerige in einem Altersheim in irgendeinem Tory-Stadtteil.«
    Alle warteten auf Timothy, doch bevor er Luft für einen Gegenschlag holen konnte, kam Mari ihm zuvor.
    »Timothy, ich behaupte, dass man über jeden, sei es Brian Pensley oder meinethalben einer von uns hier, allein aufgrund des Äußeren und der Sprechweise eine ganze Menge Schlüsse ziehen kann. Nehmen wir Lia – ich kenne sie nicht, ich bin ihr heute Abend zum ersten Mal begegnet. Aber wenn du etwas über sie wissen willst, frag mich ruhig. Ich glaube, ich werde dir antworten können.«
    Es wurde still am Tisch. Die Männer sahen einander an. Und Lia dachte: Ich mag diese Frau. Sie hat etwas Besonderes .
    »Na schön«, sagte Timothy. »Einen Moment, ich überlege mir eine Frage.«
    Mari stand auf.
    »Ich gehe mir die Nase pudern, in der Zwischenzeit könnt ihr euch drei Fragen ausdenken. Wenn ich sie nicht beantworten kann, geht die nächste Runde auf mich. Falls doch, haltet ihr mich für den Rest des Abends frei.«
    Es war den Männern am Gesicht abzulesen, dass ihre benebelten Gehirne fieberhaft rätselten, was es mit diesem seltsamen Spiel auf sich hatte.
    »Die Wette gilt«, sagte Timothy. »Hat dieses Spiel irgendwelche Regeln?«
    »Na, vielleicht einigen wir uns darauf, dass ihr nur Fragen stellt, die Lia auch selbst beantworten könnte«, schlug Mari vor.
    Lia lachte.
    Mari ist wirklich schräg! Cool und zugleich rücksichtsvoll: Sie stellt mich in den Mittelpunkt und will gleichzeitig Timothy eins auswischen.
    Nachdem Mari gegangen war, redeten die Männer lebhaft durcheinander.
    »Wo hast du die Frau bloß aufgetrieben, Lia?«
    Flüsternd einigten sie sich auf ihre Fragen und erklärten Lia, es gehe dabei um Reisen,

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